Europäisches Wirtschaftsprogramm der SPÖ  

erstellt am
13. 01. 06

 Einem präsentiert Europäisches Wirtschaftsprogramm der SPÖ
Wien (sk) - Den Entwurf für ein Europäisches Wirtschaftsprogramm präsentierte SPÖ-Europasprecher Caspar Einem am Donnerstag (12. 01.) im Rahmen der SPÖ-Neujahrskonferenz. Aus Sicht der SPÖ muss es zu einem Kurswechsel in Europa kommen, es müsse eine Wirtschaftspolitik für die Menschen gemacht werden, betonte Einem. Zentrales Anliegen der SPÖ sei die Weiterentwicklung des europäischen Wohlfahrtsmodells entlang dem skandinavischen Vorbild, das durch hohes Beschäftigungsniveau, insbesondere auch hoher Erwerbsbeteiligung der Frauen, starkem sozialen Zusammenhalt, hohen Qualitäts- und Leistungsstandards der sozialen Systeme sowie staatlicher Verantwortung, etwa auch für die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, gekennzeichnet sei. Dazu sei es nötig, Vollbeschäftigung anzustreben und sowohl auf nationaler, wie auf europäischer Ebene die Rahmenbedingungen richtig zu setzen.

Auch wenn die SPÖ Kritik am derzeitigen Zustand der EU übe, sage sie "JA zur EU", legte Einem ein klares Bekenntnis ab. "Denn wir wissen, dass wir dieses Instrument brauchen, um den entfesselten Kapitalismus in einer globalisierten Wirtschaft - wenigstens in Europa - im Interesse der Menschen zu zügeln", der SPÖ-Europasprecher. "Wir brauchen dieses Instrument, wir wollen es verbessern und ausbauen und wir wollen es im Interesse des Ziels eines besseren Lebens für alle nutzen." Für diesen Zweck habe die SPÖ den Entwurf für ein Europäisches Wirtschaftsprogramm erarbeitet, der demnächst im Parteivorstand diskutiert werden soll.

Einem nannte in der Folge die wichtigsten Punkte aus dem Wirtschaftsprogramm der SPÖ. Im Bereich der Geldpolitik solle in einem ersten Schritt die Europäische Zentralbank ihre etwas ideologisch geprägte und starre Sicht von Preisstabilität ein wenig lockern, um etwa Volkswirtschaften mit niedriger Inflation aber geringem Wachstum (Deutschland) nicht dauerhaft zu schädigen. In einem zweiten Schritt sollte das EZB-Statut nach dem Vorbild der US-amerikanischen Federal Reserve ergänzt werden, sodass die Ziele der EZB dann Preisstabilität, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung lauteten. Die einseitige Fixierung auf Preisstabilität begünstigt zwar den Kapitalbesitz, jedoch zu Lasten der Schuldner und des Wirtschaftswachstums, so der SPÖ-Europasprecher.

Im Rahmen des Wachstums- und Stabilitätspakts müsse den Regierungen der Eurostaaten erlaubt werden, koordiniert antizyklisch aktiv werden zu dürfen, forderte der SPÖ-Europasprecher. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik habe eine Stabilisierungsfunktion für wirtschaftliche Entwicklung, und diese Funktion müsse im Interesse der Menschen in der EU auch wahrgenommen werden.

Die SPÖ tritt für die (neuerliche) Schaffung einer eigenständigen Finanzierungsbasis der EU, für die Einrichtung eines Finanzausgleichssystems zwischen EU und den Mitgliedstaaten und für ein vollwertiges parlamentarisches Verfahren zur Budgeterstellung auf europäischer Ebene ein, so der SPÖ-Europasprecher weiters.

Nach der vertanen Chance der Finanzvorschau 2007-13 sollte sofort begonnen werden, die Grundlagen für eine weitestgehend geänderte Ausgabenstruktur ab 2014 und für die neue Finanzierungsbasis zu erarbeiten, verlangte Einem. Bei den Ausgaben muss eine klare Akzentverschiebung zugunsten von Zukunftsinvestitionen (Infrastruktur, Forschung, Bildung) und zugunsten des Aufholprozesses der ärmeren EU-Länder zu Lasten der Förderung des Großgrundbesitzes und der Agrarindustrie und der reicheren Regionen vorgesehen werden.

In der Frage von Europäische Steuern und Europäischer Finanzausgleich brauche es konkrete Vorschläge. "Es reicht nicht, darüber schön zu reden, wie das Bundeskanzler Schüssel tut", machte Einem klar. In einem ersten Schritt sollen daher die Steuerbemessungsgrundlagen im Bereich der Kapital- bzw. Gewinnbesteuerung vereinheitlicht werden. Diesbezügliche Initiativen würden von der SPÖ unterstützt.

Schließlich tritt die SPÖ für die Schaffung einer unionsweiten Körperschaftssteuer auf einheitlicher Bemessungsgrundlage nach US-amerikanischem Vorbild und für die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, zu dieser EU-KöSt nationale Zuschläge erheben zu können, ein. Gleichzeitig soll die jeweils nationale Körperschaftssteuer abgeschafft werden. Die eingenommenen Mittel dienen der Finanzierung der Aufgaben der EU, Überschüsse sind im Wege eines Finanzausgleichs an die Mitgliedstaaten zu verteilen.

"Europäisches Wohlfahrtsmodell sichern und weiterentwickeln"
"Die Menschen in der EU – und da unterscheiden sie sich nicht von Unternehmen - müssen sich darauf verlassen können, dass wesentliche Eckpunkte des europäischen Wohlfahrtsmodells nicht infrage gestellt, sondern gesichert werden", betonte Einem. Das sei Voraussetzung für die Bereitschaft der Menschen zu all der Flexibilität, die heute von ihnen verlangt wird, der Bereitschaft, gezielt Risiko im wirtschaftlichen Leben auf sich nehmen zu können. Das sei aber auch die Voraussetzung für verantwortungsvolles Investieren. "Und dieses europäische Wohlfahrtsmodell kann gesichert werden und wir bekennen uns dazu, es zu sichern und weiter zu entwickeln", unterstrich Einem.

"Die Menschen in Europa sind mit bloßen Worten nicht mehr für die EU zu gewinnen. Es braucht Taten, vertrauensbildende Maßnahmen, eine Vertrauensgrundlage für aktives Engagement in einer globalisierten Welt", unterstrich der SPÖ-Europasprecher. Das bedeute in vielen Fällen, dass es auch neues politisches Personal geben müsse. Denn, so Einem, "den Schüssel’s oder Barrosso’s dieser Welt nimmt niemand mehr ab, dass sie Arbeit schaffen wollen und auch werden". Auch in diesem Sinne gelte: "Es ist Zeit für einen Kurswechsel – hin zu vertrauenswürdigen Alternativen", machte der SPÖ-Europasprecher abschließend deutlich.

 

 Karas: Alte SPÖ-Hüte statt zukunftsgerichteter Europavision
Außer mehr Steuern keine neuen Ideen für Europa
Brüssel (övp-pd) - "Die Konzeptlosigkeit der SPÖ in der Europapolitik setzt sich nahtlos fort. Statt verantwortungsvoller und zukunftsgerichteter Diskussionsbeiträge zur Zukunft der EU packt die SPÖ lieber alte Hüte aus", kritisierte der Vizepräsident der EVP-ED Fraktion, ÖVP- Europaparlamentarier Mag. Othmar Karas, am Donnerstag (12. 01.) Aussagen im Rahmen des SPÖ- Neujahrstreffens. "Wenn die SPÖ eine neue Verantwortungskultur für Europa einfordert, sollte sie damit bei sich selbst beginnen. Der Umgang der SPÖ mit der österreichischen Ratspräsidentschaft und der großen Herausforderung, die wir in diesen sechs Monaten für Europa übernommen haben, lässt wenig von dieser geforderten Verantwortung erkennen", so Karas weiter.

Einig sei sich Karas mit Einem zwar darüber, dass die Europäische Union eine eigenständige, transparente und stabile Finanzierungsbasis brauche. "Der SPÖ fällt dazu aber offensichtlich nichts Besseres ein als lückenlos neue Steuern einzuführen und damit die Belastung der Bürger zu erhöhen", sagte Karas. "Eine Körperschaftssteuer auf EU-Ebene, dazu mögliche nationale Steuerzuschläge, darüber hinaus die Tobin-Tax: Das ist ein phantasieloses Konzept und ein Zeichen für den eindeutigen Linkskurs der SPÖ."

Scharfe Kritik kommt von Karas als Wirtschaftssprecher der ÖVP- Delegation im Europäischen Parlament an der von Einem propagierten Abkehr vom Stabilitäts- und Wachstumspakt. "Das erneute Rütteln an der Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank bedeutet eine Schwächung des Euro als unserer gemeinsamen Währung. Einem will offenbar in guter sozialistischer Manier den Einfluss der Politik auf die Währungspolitik wieder erhöhen. Er vergisst dabei, dass eben diese strikte und unabhängige Politik der EZB zur niedrigsten Inflationsrate seit langem geführt hat. Ihre Ideen, nicht die der EZB, sind von einer starren Ideologie geprägt und daher abzulehnen, Herr Einem", unterstrich Karas.

"Die österreichische Bundesregierung hat ein klares Konzept von Europa und den Herausforderungen der österreichischen Ratspräsidentschaft. Damit die SPÖ selbst aber die von ihrem Parteivorsitzenden Gusenbauer gelegten Messlatten für eine erfolgreiche Europapolitik überhaupt erreichen kann, brauchen die Genossen noch ein ziemlich großes Stockerl", sagte Karas abschließend.

 

Sburny: Kurzsichtig wie Regierung
Ökologische Steuerreform ist Antwort auf brennende Energie- und Arbeitsmarktprobleme SPÖ vergisst auf Mikrobetriebe, EU, F&E, Frauen u. strukturschwache Regionen
Wien (grüne) - "Wie die Bundesregierung lässt leider auch die SPÖ jegliche Weitsicht vermissen. Eine deutliche Antwort angesichts der Energieprobleme und der hohen Arbeitslosigkeit ist eine ökologische Steuerreform. Sie senkt Arbeitskosten, ist aufkommensneutral und bedeutet ein echtes Umsteuern", kritisiert die Wirtschaftssprecherin der Grünen, Michaela Sburny. Einzelne SPÖ-Punkte seien zwar durchaus diskussionswürdig, wie beispielsweise Positivmaßnahmen für Klein- und Mittelbetriebe. "Aber auf Mikrobetriebe vergisst die SPÖ genau so wie die Bundesregierung. Rund die Hälfte der österreichischen Unternehmen fällt in diese Kategorie", so Sburny.

Insgesamt sei auffallend, dass die SPÖ die europäische Dimension in der Wirtschaftspolitik völlig ignoriere, Forschung und Entwicklung keinerlei Stellenwert beimesse, die Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt vergesse und regionalen Problemen wie z.B. strukturschwachen Gebieten keine Silbe widme.

Außerdem sei die Finanzierung der SPÖ-Pläne nach wie vor ungeklärt. "Hier muss SPÖ-Chef Gusenbauer noch einiges hinsichtlich der Glaubwürdigkeit tun. Großartige Versprechungen werden hier nicht reichen", so Sburny abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

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