Besuch einer britischen Parlamentarierdelegation  

erstellt am
20. 01. 06

Briten sehen keine Chance für EU-Verfassung
Wien (pk) - Eine Delegation von Abgeordneten des Außenpolitischen Ausschusses des britischen Parlaments unter Leitung von Sir John Stanley wurde am Donnerstag (19. 01.) vom Obmann des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrats Peter Schieder (S) im Parlament zu einem Meinungsaustausch über Themen der Europäischen Union empfangen. Im Mittelpunkt der Gespräche mit österreichischen Mandataren standen vor allem aktuelle Fragen wie die Zukunft der EU-Verfassung und die kommende Erweiterungsrunde.

Was die Verfassung betrifft, sahen die britischen Gäste keine Chance, das vorliegende Papier nach dem Nein der Franzosen und Niederländer noch umzusetzen. John Stanley, der der Konservativen Partei angehört, meinte ebenso wie seine Abgeordnetenkollegen von der Labour Party, es gelte nun, mit den bestehenden Strukturen so gut wie möglich zu arbeiten. Für Großbritannien käme die Annahme einer EU-Verfassung ohne Referendum jedenfalls nicht in Frage, über einen negativen Ausgang eines solchen Referendums könne aber derzeit kein Zweifel bestehen, gab er überdies zu bedenken.

In der Erweiterungsfrage sprachen sich die britischen Abgeordneten übereinstimmend für die Aufnahme von Bulgarien und Rumänien nach Erfüllung aller EU-Vorgaben aus und beurteilten zudem auch einen Beitritt der Türkei überwiegend positiv. Während auf österreichischer Seite die Abgeordnete Helene Partik-Pable (F) die ablehnende Haltung ihrer Fraktion in Sachen Türkei-Beitritt unterstrich, führten die Abgeordneten Peter Schieder und Caspar Einem (beide S) sowie Bundesrat Karl Bader (V) ins Treffen, mit der bestehenden Verfassungsstruktur sei eine Erweiterung nicht mehr zu bewältigen. Ihrer Meinung nach sollte die Union zuerst vertieft, und erst dann erweitert werden. Schieder betonte überdies, aus österreichischer Sicht habe der Westbalkan Vorrang vor einem Türkei-Beitritt.

Interessiert zeigten sich die britischen Mandatare ferner an den außenpolitischen Prioritäten des österreichischen EU-Vorsitzes. Schieder stufte den Kosovo als wichtigste Herausforderung für die Wiener Präsidentschaft ein, nannte aber auch die Verbesserung der Integration Serbiens in Europa, die Verfassungsdiskussion in Albanien, die Reaktion der EU auf das bevorstehende Unabhängigkeitsreferendum in Montenegro und die Zukunft Bosnien-Herzegowinas als weitere Schwerpunkte.
     
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