Bundesrat: S und G für einheitliches Verpflegungsgeld für Zivildiener  

erstellt am
10. 02. 06

Wien (pk) - Als letzten Punkt der Tagesordnung nahm der Bundesrat am Donnerstag (09. 02.) einen Entschließungsantrag der SPÖ in Verhandlung. Darin wird Innenministerin Liese Prokop aufgefordert, umgehend Maßnahmen einzuleiten, um nach Absprache mit sämtlichen Trägerorganisationen, den politischen Parteien sowie der Plattform für Zivildiener ein Kostenteilungsmodell einzuführen, das jedem Zivildiener ein einheitliches Verpflegsgeld von 13,60 € pro Tag garantiert und für die Zivildiensteinrichtungen keinen unzumutbaren Mehraufwand bedeutet. Zudem urgiert die SPÖ eine rasche Refundierung vorenthaltener Verpflegsgelder.

Bundesrat Mag. BAIER (V) sprach sich gegen den Entschließungsantrag aus. Er lehne diesen nicht so sehr aus inhaltlichen Gründen ab, meinte er, der Entschließungsantrag sei aus Sicht der ÖVP durch die Einigung zwischen der Innenministerin und den Trägerorganisationen vom 2. Februar jedoch obsolet. Baier rechnet damit, dass bereits bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses des Nationalrats am 22. Februar eine entsprechende Gesetzesvorlage diskutiert werden kann. Zwischenrufe der SPÖ, wonach diese Einigung nicht von allen Trägerorganisationen mitgetragen werde, quittierte er mit der Bemerkung, man könne nicht ernsthaft die Zustimmung aller erwarten, das würde Jahre dauern.

Bundesrat WIESENEGG (S) betonte, es liege eine klare Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs in Bezug auf das Verpflegsgeld für Zivildiener vor. Zivildiener erfüllten eine wichtige gesellschaftspolitische Aufgabe, skizzierte er, sie verdienten daher Respekt und Hilfestellung. Der vorliegende Entschließungsantrag solle diese Anerkennung unterstreichen. Zudem verwies Wiesenegg darauf, dass mit vielen Trägerorganisationen noch keine Einigung erzielt worden sei. Generell hielt er fest, die Trägerorganisationen leisteten bereits einen wesentlichen Beitrag zu den Aufwendungen für Zivildiener.

Bundesrätin KONRAD (G) kündigte die Zustimmung der Grünen zum vorliegenden Entschließungsantrag an. Es sei eine Sache des Hausverstandes, dass 6 € am Tag nicht ausreichten, um satt zu werden, sagte sie. Trotzdem habe es des VfGH gebraucht, um dies festzustellen. Nach Auffassung Konrads ist der Zivildienst derzeit eine Art "idealistischer Luxus", den man sich leisten können müsse. Zur von Baier angesprochenen Einigung meinte Konrad, es sehe so aus, als würde die Sache wieder verschleppt und in die Länge gezogen.

Bundesrat Ing. Reinhold EINWALLNER (S) betonte, der Entschließungsantrag sei nach wie vor aktuell und "absolut berechtigt". Seiner Meinung nach liegt noch kein konkretes Ergebnis vor. Würde es eine Einigung geben, wäre Innenministerin Prokop hier und würde diese dem Bundesrat präsentieren, zeigte er sich überzeugt. Für Einwallner sind die Regierungsparteien dafür verantwortlich, dass es in Bezug auf das Verpflegsgeld für Zivildiener "ein grausames Schauspiel" gibt.

In einer zweiten Wortmeldung unterstrich Bundesrat Mag. BAIER (V), dass es auch der ÖVP um eine rasche Lösung gehe. Die zwischen Innenministerium und Trägerorganisationen erzielte Einigung sieht ihm zufolge vor, dass Zivildiener künftig voll verpflegt werden. Sollte dies nicht möglich sein, werde an die Betroffenen ein Verpflegsgeld in jener Höhe ausgezahlt, die der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis genannt habe. Zu einer Bemerkung von Bundesrätin Konrad, wonach Zivildiener gegenüber Grundwehrdienern benachteiligt würden, merkte Baier an, es seien vor allem die Trägerorganisationen gewesen, die sich gegen eine weitere Kürzung des Zivildienstes ausgesprochen hätten.

Bundesrat SCHENNACH (G)unterstrich einmal mehr die gesellschaftspolitisch wichtigen Leistungen der Zivildiener und der Trägerorganisationen, die die Zivildiener brauchen, um die sozialen Aufgaben erfüllen zu können, die der Staat an sie ausgelagert hat. Mit diesen Organisationen sollte man in Kontakt treten und sie ernst nehmen, wenn sie - wie übrigens auch die Vertreter der Zivildiener - sagen, es sei nicht wahr, wenn die Innenministerin verkünde, es gäbe eine Einigung. Der Volkspartei hielt der Redner vor, man habe den Verfassungsgerichtshof bemühen müssen, um auszurechnen, dass ein Zivildiener, der von 6 Uhr morgens an schwere Arbeit leisten müsse, nicht von 6 € täglich leben könne. Jetzt habe die ÖVP endlich begriffen, dass man dafür 13,6 € brauche, man könne aber dennoch nicht zur Tagesordnung übergehen, solange 40.000 Fälle ungeregelt bleiben und das Ressort sage: "Wir haben 100.000 € eingespart". - "Auf wessen Kosten?" fragte Schennach und sagte: "Auf dem Rücken hart arbeitender Zivildiener!" - Außerdem fühle sich das Ressort für die Altfälle nicht zuständig, kritisierte Schennach weiter und nannte es "unanständig", eine knappe Frist vorzusehen, die viele Zivildiener verpassen und daher ihre Ansprüche verlieren werden. Der vorliegende Antrag sei nicht überholt. "Wir wollen eine umfassende, faire Lösung!" schloss Bundesrat Schennach.

Auch Bundesrat Reisenberger (S) warf der ÖVP vor, etwas schön reden zu wollen, was nicht schön zu machen sei. Wenn man etwas für die Zivildiener tun wolle, könne man die Organisationen nicht unberücksichtigt lassen, die für die Allgemeinheit tätig sind. Man müsse mit allen Organisationen reden, hielt Reisenberger fest und sah technisch kein Problem darin, Kontakt auch mit einer Vielzahl von Organisationen aufzunehmen. Noch sei nichts geregelt. Wenn man für die Zivildiener "Nägel mit Köpfen machen wolle", müsse man den vorliegenden Antrag unterstützen, sagte Bundesrat Reisenberger.

Bundesrat Konecny (S) erinnerte an die Empörung von Innenminister Strasser, als ihm Bundesrätin Trunk anlässlich einer Debatte über die Zivildienerverpflegung auf einem Tablett servierte, was man für 6 € im günstigsten Fall zum Essen kaufen könne. Niemand könne sich mit dem bisherigen Zivildiener-Taggeld verpflegen, sagte Konecny und hielt fest, dass es ohne den Zwang durch den VfGH keine Erhöhung dieses Taggeldes gegeben hätte, obwohl die Regierung lange genug Zeit dafür hatte. Jetzt gibt es eine generelle Linie, eine Gesprächsgrundlage zwischen dem Ministerium und einigen wichtigen Trägerorganisationen, aber immer noch keine Einigung, hielt Konecny fest. Das Gespräch mit allen Organisationen sei wichtig, weil die Verhältnisse bei der Verpflegung der Zivildiener im Einzelnen sehr unterschiedlich seien und nicht über einen Kamm geschoren werden können. Der Entschließungsantrag sei daher nicht überholt, es gelte festzuhalten, dass es eine Lösung im Interesse der Zivildiener geben müsse, wenigstens als Bekräftigung für die Innenministerin.

Bundesrat Wiesenegg (S) zitierte aus einem Schreiben der Bundesregierung an die Zivildienstträgerorganisationen und an die Gemeinden mit der lapidaren Mitteilung über die Erhöhung der Pauschalvergütung, der Sozialversicherungsbeiträge der Zivildiener und des Zivildienstgeldes. "Das haben die Kommunen und die Trägerorganisationen zu zahlen! Das ist eine unerträgliche Situation", klagte Bundesrat Wiesenegg.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag 147/A(E)-BR/2005 betreffend einheitliches Verpflegungsgeld der Zivildiener mit S-G-Mehrheit verabschiedet.

Parlamentarische Enquete des Bundesrates zur EU-Dienstleistungsrichtlinie
Einstimmig beschloss der Bundesrat sodann auf Antrag der Bundesräte Schimböck (S), Bieringer (V) und Schennach (G) die Abhaltung einer parlamentarischen Enquete zum Thema "Die EU-Dienstleistungsrichtlinie und deren Konsequenzen für Österreich". Diese Enquete ist für den 20. April 2006 in der Zeit von 9 Uhr bis 13.30 Uhr anberaumt. Die Liste der Referenten umfasst Experten der Wirtschafts- und Sozialpartner.
     
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