Black, Brown, White – Fotografie aus Südafrika  

erstellt am
20. 02. 06

24. Februar 2006 - 18. Juni 2006 in der Kunsthalle Wien
Wien (kunsthalle wien) - Mehr als zehn Jahre nach dem Ende der Apartheid ist Südafrika, die vorgebliche "Rainbow Nation", immer noch ein zerrissenes Land. Kritiker behaupten, dass der demokratische Prozess nur zu einer Umfärbung der Eliten geführt habe, nicht aber zu einer gerechteren Verteilung des Wohlstandes. Gewalt und Kriminalität sind unverändert hoch und die Wahrheitskommission (=TRC) hat bestenfalls eine oberflächliche Versöhnung der feindlichen Lager zustandegebracht.

Vor diesem Hintergrund versucht die Ausstellung Black, Brown, White eine Spurensuche in ca. 160 Fotoarbeiten und zwei Videoinstallationen. Herausragende südafrikanische Fotokünstler verschiedener Generationen, die sich nicht als politische Dokumentaristen verstehen, sondern als Alltagsbeobachter, zeigen kohärente Serien, in denen jeweils unterschiedliche Facetten des Landes zwischen Apartheid und Neuaufbruch dargestellt werden.

Die indischstämmige Kuratorin und Filmprofessorin Jyoti Mistry aus Johannesburg/SA hat die Auswahl der Werke entscheidend mitgestaltet und wertvolle Hilfe beim Kontextualisieren der Arbeiten in der komplizierten südafrikanischen Wirklichkeit geleistet.

In der südafrikanischen Photographie dominierte lange eine journalistische Tendenz, die die Kamera als Waffe im Kampf gegen die Apartheid nutzte. Doch daneben entwickelte sich, ausgehend von David Goldblatt (Jg. 1930) eine Richtung, die auf das Spektakuläre der politischen Großereignisse, der Massenaufstände und der Massaker verzichtete und in genauer Beobachtung des Alltags und spezifischer sozialer Milieus die Tiefendimensionen der komplexen südafrikanischen Psyche auszuloten versuchte.

In diesen dokumentarischen Arbeiten wird, so Goldblatt, die Kamera nicht als Maschinengewehr, sondern als Navigationsinstrument in einem politischen und rassischen Irrgarten eingesetzt. Man finde in den Fotos eine ambivalente Haltung, schreibt der Theoretiker Okwui Enwezor: "Sie haben etwas Flüchtiges, eine elliptische Qualität. Wenn man aber ihren verketteten Motiven und Erzählsträngen folgt, dann liefern sie eine außergewöhnlich profunde politische Analyse."

Das Religiöse, das Rituelle und der Tod dominieren in der Werkauswahl von Andrew Tshabangu und Pieter Hugo. Klaustrophobie und existentielle Grenzerfahrung nisten sich in Thando Mamas beklemmender Videoinstallation "We are afraid" und in den Fotoserien der Fotografin Jo Ractliffe ein. Das Zwangsverhältnis von Erinnerung und Vergessen, die ständige Veränderung öffentlicher und privater Räume und die Neubestimmung von Identitäten schließlich sind zentrale Themen der Expeditionen ins Unspektakuläre, die David Goldblatt, Zwelethu Mthethwa, Omar Badsha und Berni Searle unternehmen.

Mit Black Brown White setzt die Kunsthalle ihre Ausstellungsreihe von Präsentationen zeitgenössischer Szenen abseits des etablierten Kunstbetriebs - wie z.B. bei Flash Afrique, Kapital & Karma (Indien) - fort.

Als Ergänzung von Black, Brown, White und in Kooperation mit Literatur im März wird von 9. - 12. März 2006 in Halle 1 zusätzlich noch die Schau Drum. Fotojournalismus aus Südafrika gezeigt, die sich mit der legendären 1951 gegründeten Zeitschrift "Drum" und deren kämpferischen Photojournalisten beschäftigt. Das Magazin adaptierte die Ästhetik von weißen Mittelklassepublikationen wie "Life", "Look" oder "Picture Post" für ein Publikum in den schwarzen Townships und wurde schnell zu einem bedeutenden Forum im Anti-Apartheidskampf. Die drei "Drum"-Photographen Jürgen Schadeberg, Bob Gosani und Ranjith Kally sind mit einer Auswahl von Arbeiten vertreten, die vom Nachtleben im später geschleiften Bohemebezirk Sophiatown bis zu Aufnahmen indischer Gangster in der Küstenstadt Durban reichen.


Teilnehmende KünstlerInnen: Omar Badsha, David Goldblatt, Pieter Hugo, Thando Mama, Zwelethu Mthethwa, Jo Ractliffe, Bernie Searle, Andrew Tshabangu
KuratorInnen: Gerald Matt, Thomas Mießgang, Jyoti Mistry
Katalog: Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit einem Essay von Gerald Matt, Thomas Mießgang und Jyoti Mistry sowie Texten von Mafika Pascal Gwala, Kgafela oa Magogodi, Lebogang Mashile, Oswald Mtshali, Khulile Nxumalo, Jenny Robson/Nomathandazu Zondo, Mongane Wally Serote und Ivan Vladislavic. Hg.: Kunsthalle Wien. Verlag für moderne Kunst Nürnberg. Deutsch/Englisch, 240 Seiten, ca. 120 Farb- und S/W-Abbildungen.
ISBN 3-938821-33-7, € 24.-

Informationen: http://www.kunsthallewien.at
     
zurück