Wissenschaftsausschuss beschließt Quotenregelung für Unizugang  

erstellt am
15. 02. 06

Opposition: Quotenregelung nur für Medizin
Wien (pk) - Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung beschloss am Dienstag (14. 02.) mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien mehrheitlich eine Neuregelung des Universitätszugangs, vor allem im Bereich Medizin, die nach dem Urteil des EuGH notwendig geworden war.

Grundlage dafür bildete ein Antrag der Abgeordneten Gertrude Brinek (V) und Magda Bleckmann (F) zur Änderung des Universitätsgesetzes, der zunächst eine terminologische Anpassung vorsieht. Künftig soll es keine Bakkalaureats- und Magisterstudien mehr geben, sondern Bachelor- und Masterstudien, die jeweils mit dem Titel "Bachelor" bzw. "Master" abgeschlossen werden. (752/A)

Der von Abgeordneter Gertrude Brinek eingebrachte Abänderungsantrag erweitert die vorgesehenen Änderungen um einen neuen Abs. 5 des § 124b Universitätsgesetz 2002. Darin wird festgelegt, dass die Bundesministerin berechtigt ist, durch Verordnung jene Studien festzulegen, bei denen ein erhöhter Zustrom von InhaberInnen nicht in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse gegeben ist. Damit soll einer schwerwiegenden Störung der Homogenität des Bildungssystems begegnet werden, der dann vorliegt, wenn der erhöhte Zustrom das Recht auf Bildung und den Zugang zur Hochschulbildung der InhaberInnen in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse stark beschränkt. In den Studien Human- und Zahnmedizin ist dies besonders der Fall, wenn die öffentliche Gesundheit einschließlich der Wahrung einer ausgewogenen, allen zugänglichen und auf hohem Niveau stehenden ärztlichen Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigt ist.

Unbeschadet der Aufnahmeverfahren sind zum Schutz der Homogenität des Bildungssystems in den betreffenden Studien 95 % der jeweiligen Gesamtstudienplätze für StudienanfängerInnen den EU-BürgerInnen und ihnen in Hinblick auf Studienzugang gleichgestellten Personen vorbehalten. 75 % der jeweiligen Gesamtstudienplätze für StudienanfängerInnen stehen den InhaberInnen in Österreich ausgestellter Reifezeugnisse zur Verfügung.

Wie die Begründung des Antrags ausführt ist die vorgeschlagene Regelung als eine "Safeguardklausel" ausgestaltet. Die Regelung soll zunächst für zwei Jahre gelten und in diesem Zeitraum einer Evaluation unterzogen werden.

Da in Hinkunft die einmalige Ausfertigung einer Dissertation nicht mehr für zwei oder mehr Doktoratsstudien verwendet werden kann, stimmten die Abgeordneten mehrheitlich (V, F, G) einer Ausschussfeststellung zu, wonach man davon ausgehe, dass die Einreichung von Dissertationen im Rahmen von Double- und Joint-Degree-Programmen weiterhin möglich ist.

Schließlich nahmen die Abgeordneten einstimmig eine Ausschussfeststellung an, wonach bei den von den Medizinischen Universitäten angewendeten Zulassungsverfahren neben der Studierfähigkeit auch die soziale Kompetenz mit in die Bewertung einfließt. Abgeordneter Broukal (S) merkte dazu an, dass die verwendeten Tests weniger die soziale Kompetenz und menschlichen Qualitäten bewerte, sondern lediglich den besten Lerner finde.

Die Abgeordneten Josef Broukal (S) und Kurt Grünewald (G) hielten die Quotenregelung für Medizin zwar grundsätzlich für in Ordnung, sie stießen sich aber an der Tatsache, dass die Zugangsbeschränkungen in anderen, nicht medizinischen Studienrichtungen weiter bestehen bleiben sollen und der Ministerin ein diesbezügliches Verordnungsrecht eingeräumt wird. So meinte etwa Abgeordneter Broukal, in diesen Studienrichtungen, in denen ein Studienplatz weit weniger als an den Medizin-Universitäten kostet, müsste es eine bessere Lösung geben, als das Hinausprüfen nach einem Jahr. Es sei davon auszugehen, dass für diese Anzahl zusätzlicher Studierender, rund 350 bis 400, ausreichend Geld zur Verfügung stehe, meinte Broukal, denn die erforderlichen finanziellen Mittel würden nur einen äußerst geringen Teil des gesamten Universitätsbudgets ausmachen. Er ließ Kritik an den Rektoren insofern laut werden, als diese die Mindestzahlen an Studienplätzen als Höchstzahlen ausgewiesen hätten. Es sei daher notwendig, so Broukal, diese Grenze zu dynamisieren, und deshalb sollte die Ministerin auf die Rektoren Einfluss nehmen.

Broukal bedauerte angesichts der in der Öffentlichkeit geäußerten Zweifel, ob diese Regelung EU-konform ist, dass es nicht gelungen sei, eine informelle Stellungnahme des zuständigen EU-Kommissars zu bekommen. Er zeigte sich jedoch zufrieden darüber, dass die deutsche Ministerin keinen Einwand dagegen erhebt.

Ähnlich argumentierte sein Klubkollege Erwin Niederwieser, der auf die Feststellung des Abgeordneten Roderich Regler (V), in allen Studienrichtungen gebe es einen Flaschenhals und vielfach Knock-Out-Prüfungen, meinte, derartige Prüfungen verstießen gegen das Gesetz. Niederwieser kritisierte vor allem die Möglichkeit, dass der Abs. 1 des § 124b aufrecht bleibt, der den Rektoren die Möglichkeit einräumt, Beschränkungen zu erlassen, ohne dass eine Verordnung der Ministerin vorliegt.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) zeigte ebenfalls Verständnis für diese "Notwehraktion", sprach sich aber wie seine Vorredner vehement dagegen aus, auch in anderen als in medizinischen Studienrichtungen Zugangsbeschränkungen erlassen zu können. Dabei handle es sich um rund 350 Studierende, die die Universitäten verkraften könnten, meinte auch er. Die Rektoren müssten konkret sagen und begründen, wie viele Studierende sie an den Universitäten ausbilden können und was besser würde, wenn sie den Zugang beschränken. Diese Daten lägen aber nicht vor. Er appellierte daher an die Ministerin zu überlegen, ob die Ermächtigungsverordnung für die Rektoren mit Ausnahme der Medizin nicht aufgehoben werden könnte. Außerdem meinte er, dass diese komplizierte Materie zu rasch beschlossen werde und man bis zum Plenum noch Gespräche führen sollte.

Abgeordnete Gertrude Brinek (V) verteidigte die Regelung und wies auf die Autonomie der Universitäten hin. Die Praxis, durch Prüfungen festzustellen, ob jemand für ein Studium geeignet ist, hielt sie für legitim. Abgeordnete Magda Bleckmann (F) versuchte die Bedenken der Opposition mit dem Hinweis auf die Evaluierungsphase von zwei Jahren auszuräumen. Auch sie hielt die vorgeschlagene Regelung für richtig, nachdem nachgewiesen wurde, dass die Homogenität gestört ist.

Bundesministerin Elisabeth Gehrer bewertete eine Eingangsphase als richtig und verantwortungsvoll, da damit jungen Menschen eine Orientierung gegeben werden könne. Die Verordnungsermächtigung sei deshalb notwendig, weil sich die Ströme der Studierenden unterschiedlich entwickeln. Man könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhersehen, wie sich das EuGH-Urteil auf andere Studienfächer auswirkt. Derzeit würden die Universitäten noch über ausreichend Ressourcen und Flexibilität verfügen, um die Schwankungen aufzufangen. Auch sie wies auf den zweijährigen Beobachtungszeitraum hin. Gehrer betonte, dass die vorgeschlagene Regelung in einer internationalen Arbeitsgruppe ausgearbeitet und von EU-Juristen geprüft worden sei. Eine hundertprozentige Sicherheit könne es nicht geben, und sie übernehme daher die volle Verantwortung, bekräftigte die Ressortchefin.

Abgeordneter Melitta Trunk (S) sagte Gehrer zu, sich jene Fälle genau anzusehen, wo Studierende auf grund mangelnder Studienplätze unschuldig Familien- und Studienförderung verloren haben.

Hinsichtlich der terminologischen Änderungen bei den Bakkalaureats-Studien kamen die Mitglieder des Ausschusses überein bis zum Plenum eine gemeinsame Lösung zu finden. Die Abgeordneten Kurt Grünewald (G), Erwin Niederwieser und Petra Bayr (beide S) hatten sich gegen den Zusatz "(FH)" ausgesprochen. Die Vorsitzende des Ausschusses Magda Bleckmann (F) sowie Abgeordnete Gertrude Brinek (V) sagten zu, sich um ein Gespräch mit Abgeordneten und Betroffenen zu bemühen.

Ebenfalls e iner "terminologischen Anpassung" im Fachhochschul-Studiengesetz, im MTD-Gesetz und im Hebammengesetz dient der zweite Initiativantrag der Abgeordneten Gertrude Brinek (V) und Magda Bleckmann (F). Auch dort soll es künftig "Bachelor" und "Master" statt "Bakkalaureat" und "Magister" geben. (756/A) Die Abgeordneten von ÖVP und Fgaben auch diesem Antragihre Zustimmung, womit dieser mehrheitlich angenommen wurde.

Entschließungsantrag der Grünen vertagt
Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Kurt Grünewald (G) betreffend gesetzliche Verankerung von Auskunftspflichten ausgegliederter Universitäten an das Parlament, wurde mit den Stimmen von ÖVP und F mehrheitlich vertagt. (734/A[E])

Abgeordnete Gertrude Brinek (V) wies auf die Verpflichtung zu mehr Transparenz und auf die Leistungsvereinbarungen hin und mutmaßte daher, dass der Antrag von starkem Misstrauen geprägt ist. Dem gegenüber sagte Abgeordneter Kurt Grünewald (G), es sei oft außerordentlich schwierig, Auskunft zu erhalten. Er halte es daher für geboten, die Auskunftspflicht stärker zu verankern, indem Universitätsvorsitzende und RektorInnen bzw. VizerektorInnen verpflichtet werden, im Anlassfall Sonderbericht über Misswirtschaft, allfällige schwere Rechtsverstöße von Universitätsorganen sowie die Gefahr eines schweren wirtschaftlichen Schadens vorzulegen. Die Sonderberichte hätte die Bundesministerin dann umgehend dem Nationalrat vorzulegen. Abgeordnete Carina Felzmann (V) hinterfragte in diesem Zusammenhang kritisch, wer diese Gefahr in Verzug feststellen solle.

Abgeordneter Josef Broukal (S) unterstützte den Antrag, zumal das Fragerecht eines Parlaments hohe Priorität genieße. Es könne nicht sein, so Broukal, dass man bei Rektoren um Auskunft betteln müsse und vom Ministerium keine Antwort unter Hinweis auf die Autonomie bekomme. So sei es ihm beispielsweise auch nicht möglich gewesen, die Argumentation des österreichischen Vertreters zu den Zugangsbeschränkungen vor dem EuGH zu erhalten. Daraufhin erwiderte Bundesministerin Gehrer, dass sie den Verfassungsdienst mit dieser Anfrage befasst habe und dieser befunden habe, der gesamte Schriftverkehr mit dem EuGH sei vertraulich zu behandeln.
     
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