"Wählen heißt erwachsen werden!"  

erstellt am
15. 02. 06

Wien (sora) - Wählen steht bei Wiener Jugendlichen für "erwachsen werden". Das ist eines der Ergebnisse einer Analyse des Wahlverhaltens 16- bis 18-jähriger Jugendlicher bei den Wiener Landtagswahlen 2005. Die Studie wurde gemeinsam von SORA, dem Österreichischen Institut für Jugendforschung und dem Wissenschaftszentrum Wien durchgeführt.

Wahlbeteiligung
Die Wiener Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren haben von ihrem Wahlrecht gleich häufig wie alle anderen Wahlberechtigten Gebrauch gemacht. 59% der Jugendlichen haben am 23. Oktober 2005 ihre Stimme abgegeben. Jugendliche Frauen beteiligten sich mit 61% im Vergleich zu den gleichaltrigen Männern (57%) etwas stärker an der Landtagswahl.

Rot-Grün dominiert bei Jugendlichen
Die SPÖ ist bei den 16- bis 18-Jährigen ähnlich stark wie bei der Gesamtwählerschaft in Wien und auch bei den jüngsten WählerInnen eindeutig die stärkste Partei. Die Grünen bekamen bei den Jugendlichen ein Viertel aller Stimmen, sie schnitten signifikant besser ab als im Rest der Wiener Wahlbevölkerung. ÖVP und FPÖ liegen in dieser Altersschicht etwas hinter ihrem Gesamtergebnis. Fast drei Viertel (72%) aller Jugendlichen haben entweder rot oder grün gewählt.

Soziale Schichtzugehörigkeit bestimmt die Wahlentscheidung
Es zeigte sich, dass sowohl die Einschätzung des eigenen Lebensstandards, die (Aus-)Bildung der Jugendlichen aber insbesondere die Bildung der Mutter großen Einfluss auf die Wahlentscheidung hatten. Die Ergebnisse bestätigen auch den Zusammenhang zwischen Bildungsgrad und sozialer Schichtzugehörigkeit einerseits und höherer Wahlbeteiligung andererseits.

Wahlaltersenkung steigert Interesse an Politik
Die Möglichkeit zur Mitbestimmung und das Wahlrecht für Jugendliche standen an erster Stelle der Motive für die Wahlteilnahme. Die Jugendlichen hatten das Gefühl zum ersten Mal von der Politik ernst genommen zu werden. Viele der jugendlichen Wahlberechtigten haben sich aktiv ins Geschehen rund um den Wiener Wahlkampf eingebracht, wurden zu informellen Opinion-Leadern und haben selbst jemanden zur Wahlteilnahme aufgefordert.

Integrationspolitik häufigstes Motiv für die Wahlentscheidung
Bei den Wahlthemen nannten die Jugendlichen die Integrationspolitik am häufigsten als ihre Antriebsfeder. Das Thema Integrationspolitik hat die Wahlbeteiligung gesteigert, wobei es vor allem zu Stimmengewinnen der SPÖ gekommen ist. Das Thema zeigt keinen signifikanten Zusammenhang mit der Stimmabgabe für die FPÖ. Es war bei vielen Jugendlichen Hauptbeweggrund ihre Stimme gegen die FPÖ abzugeben.

Jugendliche nehmen Demokratie ernst
Neben den Wahlmotiven zeigen auch die qualitativen Interviews, dass sich die Jugendlichen einhellig zu den Grundwerten der Demokratie bekennen und diese fest in ihrem persönlichen Wertesystem verankert sind.

Zur Studie
Die Studie zum Wahlverhalten der Wiener Jugendlichen bei der Gemeinderatswahl 2005 wurde von SORA, dem Österreichischen Institut für Jugendforschung und dem Wissenschaftszentrum Wien gemeinsam durchgeführt. Sie ist eine post-election study und umfasst zwei quantitative und einen qualitativen Teil.

In einer telefonischen Befragung wurden 700 wahlberechtigte Jugendliche im Alter zwischen 16 und 18 Jahren interviewt (repräsentative Zufallsauswahl). Der Fragebogen dazu baut auf einen international vergleichbaren Modell-Fragenkatalog auf, der im Rahmen des EU-Forschungsprojektes EUYOUPART entwickelt wurde.

Die Frage nach der Wahlbeteiligung in der Umfrage birgt das Problem sozial erwünschter Antworten. Daher hat SORA zur Erhebung der tatsächlichen Wahlbeteiligung eine Stichprobe aus Wiener Wahlsprengeln ausgewertet.

In einem dritten, qualitativen Teil führte Dr. Ulrike Kozeluh (Wissenschaftszentrum Wien) elf qualitative Face-to-face Interviews mit Jugendlichen durch.
     
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