Plattform Wissensmanagement  

erstellt am
02. 03. 06

Wissensmanagement-Vergleich bewirkt Umdenken in Unternehmen
Wien (science) - Beim 3. Wissensgespräch der Plattform Wissensmanagement (PWM) am 27. Februar präsentierten Michael Adam, AVL List GmbH, Bernd Humpl, VTU-Engineering GmbH, Angelika Mittelmann, voestalpine Stahl GmbH und Kurt Wöls, Magna Steyr Fahrzeugtechnik, ein Branchen-übergreifendes Vergleichsmodell für Wissensmanagement (WM) vor.

Industrievertreter aus ganz Österreich haben über die PWM als Wissensrunde zusammen gefunden, um das Wissensmanagement in ihren Unternehmen vergleichbar und messbar zu machen. Das gemeinsam entwickelte WM-Vergleichsinstrument, das zur Standardisierung von WM beitragen soll, erprobten die beteiligten Organisationen 2005 für ein Wissensmanagement- Benchmarking in der Praxis. Die Podiumsgäste gewährten beim Wissensgespräch Einblick auf Entwicklungsschwierigkeiten, Erfolgskriterien und Lerneffekte für ihre Firmen.

Entwicklungsphase: Lohnender Aufwand
Humpl, Leiter der Stabsstelle WM in der VTU-Engineering, einem Spin off der Technischen Universität Graz, schilderte beim Wissensgespräch die Modell-Entwicklungsphase und seine persönliche Motivation Zeit zu investieren: Aus der Überlegung nach dem richtigen Weg für sein Unternehmen resultierte der Wunsch nach Überprüfung der geplanten WM-Maßnahmen.

Schwierig gestaltete sich schon vor der Branchen übergreifenden Suche nach Messkriterien, die Strukturierung des Themas, erzählt Humpl: „Viele unterschiedliche Unternehmen mussten sich erst auf eine gemeinsame WM-Sichtweise einigen.“ Auch die Ungewissheit des wirtschaftlichen Aufwands der Wissensrunde gab es zu bedenken: „Hätten wir den Nutzen und die erzielten Lernergebnisse bereits am Beginn so klar wie nach der Durchführung des Benchmarks erkannt, wäre die Scheu vor dem zu erwartenden Aufwand sicherlich nur halb so groß gewesen.“

Als gemeinsame Ziele definierten die Industrievertreter die allgemeine Gültigigkeit des Vergleichsmodells, die Steigerung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen durch WM, die Feststellung der betriebseigenen Stärken und Schwächen und das Kennenlernen anderer WM-Strategien.

WM-Modell: Ernte und Nährboden
Mittelmann, WM-Verantwortliche der voestalpine Stahl GmbH, beschreibt die Kriterien und Bewertungsweise des Modells, das den aktuellen WM-Entwicklungsstand einer Organisation im Vergleich zu einem ideal umgesetzten WM-Szenario prozentuell bestimmt.
Kriterien wie Wissens- und Lernkultur, Strategisches WM, oder IT, bezeichnet sie als Nährboden, der sich auf die Ernte bzw. die Ergebnisse auswirkt. Letztere seien an der Integration von WM in Geschäftsprozesse, an der Kommunikation, Information und Vernetzung und dem individuellen Wissen bzw. der Qualifikation der Mitarbeiter ablesbar.

Mittelmann legt den Übergang von Nährboden zur Ernte fest: „Erst wenn WM in der Unternehmensstrategie verankert ist, kann es sich auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken.“ Erste sichtbare Ergebnisse gäbe es wiederum bei der Integration von WM in Geschäftsprozesse und wenn tragfähige Beziehungen zwischen Einzelnen geknüpft seien.

Vergleichsphase: Vertrauen statt Show
Auch für Michael Adam, IT Manager beim Technologielieferant AVL List, ist die Vertrauensfrage essenziell: Für den Workshop der Vergleichsphase musste anhand von Informationen des eigenen Betriebes ein gemeinsam konzipiertes Bewertungsbuch ausgefüllt werden. „Um Unternehmensvisualisierungen, Leitbilder und andere wesentliche Firmendaten sammeln zu können, führte ich viele interne Gespräche, die Vertrauen erzeugten.“ Neben diesem Vorteil für die Unternehmenskultur sei auch in der Wissensrunde selbst das Vertrauen in die anderen Mitglieder grundlegend gewesen. Mittelmann ergänzt: „Hätten wir nicht ganz offen unsere Aktivitäten vergleichen können, wäre unsere Arbeit nur ein Showeffekt geworden.“

Sehr Zeit aufwendig, aber hochwertig, war für Adam die Diskussion und qualitative Bewertung der Modellkriterien während des Workshops. Als Konsequenz daraus konnte er die gewonnenen Erkenntnisse direkt in einen Aktionsplan umsetzen.

Umsetzungsphase: Aufmerksamkeit auf Lerneffekte
In der derzeitigen Umsetzungsphase beobachten die Industrievertreter, wie die Prozessergebnisse in den einzelnen Organisationen verwertet werden. Kurt Wöls, WM- und Innovationsmanager der Magna Steyr Fahrzeugtechnik, fasst diese Phase und seinen persönlichen Lernerfolg zusammen: „Weiße Flecken der Organisation wurden herausgearbeitet, wir kennen die internen Prozesse nun besser und das Thema WM wurde an die zuständigen Ansprechpersonen heran getragen.“ Aus der Kenntnis anderer WM-Strategien könne man dem eigenen Betrieb Vorschläge unterbreiten und passende WM-Aktivitäten entwickeln. Gelernt habe er auch von der Begegnung mit den Magna Steyr-Mitarbeitern bei der Informationsaufarbeitung für das Bewertungsbuch: „Für die Arbeitsfähigkeit war das gegenseitige Vertrauen sehr wichtig. Es kam zu zum Umdenken: Die Konfrontation mit den WM Fragestellungen hat interne Diskussionen ausgelöst und Erwartungshaltung geweckt.“ Nun werde beobachtet, wie die Systeme auf die Umdenkprozesse reagieren.

Die Datensammlung für das Bewertungsbuch war für alle Podiumsgäste wegen der gewonnenen Einblicke in andere Unternehmensressorts ein wertvoller Prozess. Außerdem sind eine Argumentationsgrundlage für die Rechtfertigung von Investitionen in das Thema WM und ein detaillierter Maßnahmenkatalog Ergebnisse des WM-Vergleichs.

Erstmals wurden zu einem PWM-Wissensgespräch nicht externe Experten aus der Wirtschaft eingeladen: Im Mittelpunkt stand das Ergebnis der Zusammenarbeit interessierter Community-Mitglieder. Über die PWM haben andere Betriebe die Möglichkeit vom WM-Modell zu profitieren.

Die PWM
Die Plattform Wissensmanagement ist eine offene Community, die seit fünf Jahren Interessierte und Fachleute rund um Wissensmanagement interdisziplinär und nicht kommerziell vernetzt. Neben dem virtuellen Portal www.pwm.at finden Treffen und Arbeitsrunden statt, bei denen Wissensmanagement von annähernd 1000 Mitgliedern mit unzähligen individuellen Zugängen sowohl praktisch als auch theoretisch weiter entwickelt wird. Angesiedelt ist die PWM beim Wissenschaftszentrum Wien (WZW).
     
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