operklosterneuburg: Hoffmans Erzählungen  

erstellt am
01. 03. 06

Julian Pölslers Opernregie-Debüt mit Offenbachs "Hoffmann" – Prominenter Filmemacher ("Polt") inszeniert erstmals Oper: "Auf das Wesentliche reduzieren"
Klosterneuburg (dsinernational) - "Selbstbestimmung oder Fremdbestimmung? Das ist eine entscheidende Frage für jeden Menschen, besonders aber für einen Künstler. Welche dunklen Mächte haben Macht über uns? Alkohol, Drogen - oder jene Allmächtigen, die versuchen, uns zu dirigieren? Und für einen Mann stellt sich die Frage, ob das nicht die Frauen sind. Zu dunklen Mächten werden Frauen nur dann, wenn es nicht gelingt, sich mit ihnen auf eine Stufe zu stellen, sie zu lieben und von ihnen wiedergeliebt zu werden - aber ihretwegen nicht die eigene Unabhängigkeit zu verlieren. Auch Hoffmann ringt um diese Unabhängigkeit. Er jagt ja einem Idealbild hinterher, das es wahrscheinlich nur in seiner Vorstellung, in seinem Werk, gibt. Er muss erliegen, um letztlich zu erkennen, dass es an ihm liegt, sein Leben zu gestalten. Und zu diesem Konflikt hat Offenbach eine wunderbare Musik geschrieben", erklärt Julian Pölsler, erfolgreicher Filmemacher und Opernliebhaber, der heuer bei der operklosterneuburg sein Debüt als Opernregisseur mit Jacques Offenbachs "Hoffmanns Erzählungen" gibt. Premiere hat der Welterfolg des deutsch-französischen Komponisten am 9. Juli 2006 im Kaiserhof des Stifts Klosterneuburg um 20.00 Uhr.

"Ich gehe von der Musik aus und will das Werk möglichst klar in Szene setzen. Ich versuche mit Reduktion zu arbeiten, denn ich bin ein Bewunderer von Regisseur Willy Decker. Die Basis dafür ist in Klosterneuburg schon dadurch gegeben, weil man im Freien spielt, es also keine klassische Guckkasten-Bühne gibt. Mir hat bei den Inszenierungen, die ich hier gesehen habe, immer sehr gefallen, dass nicht auf Pseudo-Entertainment gesetzt wurde, sondern man das Mögliche umsetzt - und alles aus der Musik kommt. Nun ist 'Hoffmanns Erzählungen' keine einfache Oper, aber letztendlich sind es vier Frauen, vier Ebenen, zwei Männer - und so will ich es inszenieren", gibt Pölsler Einblick in sein Regiekonzept.

Mit dem Engagement des gefragten Filmregisseurs ist Intendant Michael Garschall wieder ein Coup für das Festival geglückt, der eine außergewöhnliche Interpretation der Offenbach-Oper erwarten lässt.

Mit dieser Werkwahl setzt die operklosterneuburg im Mozart-Jahr einen gezielten Kontrapunkt und will das Musikgenie mit einer exemplarischen "Hoffmann"-Interpretation ehren. In der Großproduktion, die der erfolgreiche neue Klosterneuburger Musikchef Andres Orozco-Estrada leitet, werden wieder zahlreiche Publikumslieblinge zu hören sein.

Zu Offenbachs Oper hat der vielbeschäftigte Filmemacher überdies einen persönlichen Bezug: "Es gibt mehrere Stationen in meinem Leben, wo ich dem 'Hoffmann' begegnet bin.

Was ihn an der Oper so fasziniert? "Ich liebe die Oper, weil es hier immer um große Gefühle geht, die von großartigen Künstlern in wunderbare Musik gefasst wurden. Für mich ist die Oper die größte Kunstgattung, da sie alle anderen beinhaltet, beschreibt Julian Pölsler, der mit großer Demut an der neuen Aufgabe arbeitet, seinen Zugang zu dieser Kunstgattung.

Eckdaten zu Julian Pölsler
Neuberg-Preis für "Fernsehsaga"
Julian Pölsler, geboren auf dem Kreuzberg im steirischen Paltental, studierte an der Wiener Filmakademie und war Regieassistent bei Axel Corti. Selbst Regie führte er dann erstmals bei einer ORF Verfilmung der Maupassant-Novelle "Sehnsüchte oder Alles ist unheimlich leicht". Danach ging er für mehr als zehn Jahre nach Deutschland und führte u. a. für den Bayerischen Rundfunk (BR) bei der TV-Serie "Die Hausmeisterin" (1991/92) sowie bei der BR-Produktion "Tschau Tscharlie" (1992), bei der ORF-Produktion "Die Fernsehsage - eine steirische Fernsehgeschichte" (1995), für die er mit dem Erich-Neuberg-Preis ausgezeichnet wurde, bei "München ruft" (1997) sowie bei "Zärtliche Sterne" (1999) Regie.

Bayerischer TV-Preis für "Schandfleck"
Mit seiner Verfilmung des Anzengruber-Romans "Der Schandfleck" (1998) mit Bernadette Heerwagen und Hans-Michael Rehberg in den Hauptrollen begeisterte Pölsler Publikum und Kritiker und erhielt für diese Arbeit im Jahr 2000 den Bayerischen Fernsehpreis.

"Polt"-Filme und "Daniel Käfer"
Seit dem Jahr 2000 verfilmte Julian Pölsler Alfred Komareks "Polt"-Tetralogie über den schrulligen Inspektor Simon Polt aus dem Weinviertel und schrieb dazu auch die Drehbücher. Gemeinsam mit Komarek wurde ihm dafür die "Romy 2002" für das beste Drehbuch verliehen. Im März 2003 schloss Pölsler die "Polt"-Reihe ab. Seit 2004 arbeitet er wieder zusammen mit dem Autor an der Verfilmung des Daniel Käfer aus dessen "Salzkammergut-Tetralogie" mit Peter Simonischek in der Hauptrolle. Erst kürzlich hat er "Daniel Käfer und die Schattenuhr" fertig gestellt, der voraussichtlich im Herbst im ORF gezeigt wird. Und es soll, wie Julian Pölsler berichtet, ein dritter Teil folgen.

Kino-Projekt "Die Wand"
Ein weiteres Projekt, das ihm sehr wichtig ist, bereitet der Regisseur ebenfalls vor - die Verfilmung von Marlen Haushofers Roman "Die Wand". Und machte dabei eine interessante Entdeckung: "Jüngst habe ich bei meinem Gespräch im Ö1 Klassik-Treffpunkt erfahren, dass es auch eine Oper nach diesem Roman gibt. Da dachte ich mir: Hoffentlich führt man das Werk bald wieder einmal auf - und ich kann es inszenieren", so Julian Pölsler über seine aktuellen Vorhaben.

operklosterneuburg 2006:
"Hoffmanns Erzählungen – Les contes d´Hoffmann", Jacques Offenbach
Aufführungen in französischer Sprache mit deutschen Texteinblendungen

Kaiserhof des Stiftes Klosterneuburg
Premiere: 9. Juli
Vorstellungen:
12., 14., 15., 19., 22., 26., 28., 29. Juli; 2., 4. August jeweils 20.00 Uhr;
Oper für Kinder: 23. Juli, 18.00 Uhr;

http://www.operklosterneuburg.at
     
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