Kritik an EU-Ratspräsidentschaft  

erstellt am
13. 03. 06

 Voggenhuber kritisiert "Desorientierung"
Wien (grüne) - Eine kritische Bilanz der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft zogen am Freitag (10. 03.) Europasprecher Johannes Voggenhuber und Europa-Abgeordnete Eva Lichtenberger. In einer Pressekonferenz über die von den Grünen veranstaltete zweitägige Großveranstaltung, "Green Summit" sprach Voggenhuber am Freitag in diesem Zusammenhang von einer "ratlosen Ratspräsidentschaft", die durch ihre "Desorientierung" an einer "politischen Peinlichkeit vorbeischramme".

Voggenhuber bezeichnete die Veranstaltung als eine "interparlamentarische Interparteiendiskussion" in einer durch eine "Vertrauenskrise" schwierigen Phase der Europäischen Union. Daher sei das Ziel nicht nur ein Gespräch unter Grünen, sondern die Miteinbeziehung anderer Parteien und Betroffener gewesen. So sei es wichtig, das Verfassungsprojekt nicht abzubrechen, so Voggenhuber. Hier sei die österreichische Ratspräsidentschaft gefordert, ein "Krisenmanagement oder wenigstens die Rolle des Moderators" zu übernehmen. Die europäische Verfassung sei nicht Sache der Regierungen, vielmehr müsse eine "Parlamentarisierung" des Prozesses erreicht werden. Voggenhuber richtete auch einen "Appell an Parteien, Gewerkschaften und Regionen, sich an einer europäischen Interessensformung zu beteiligen".

Lichtenberger kritisierte auch das von der österreichischen Ratspräsidentschaft proklamierte "Europäische Lebensmodell". Vielmehr sein nun eine gemeinsame Debatte der Mitgliedstaaten gefordert, welche Gemeinsamkeiten das europäische Sozialmodell aufweise und auf welche Weise eine gemeinsame Sozialpolitik stattfinden könne.

Auch sei man bei den Gesprächen des "Green Summit" in der Auffassung bestärkt worden, dass die Frage der Erweiterung eine zentrale Rolle für die Zukunft der EU spiele, so Lichtenberger und Voggenhuber. Der Balkan gehört laut dem Europasprecher fraglos zu Europa. Jedoch brauche die Umwandlung eines chronischen Konfliktherdes in eine Friedenszone eine andere Politik, die Regierungen müssten die EU dafür mit deutlich mehr finanziellen Mitteln und Kompetenzen ausstatten.

Ein weiteres wichtiges Thema des "Green Summit" war laut Lichtenberger die Globalisierung und welche Antworten die Europäische Union hinsichtlich der daraus resultierenden sozialen und Umwelt-Problematik darauf geben könne. Die Antwort auf die Globalisierungsproblematik käme heute von der Weltbank und großen Finanzinstitutionen und vermisse daher jegliche ethische Dimension.

 

Cap: Schüssel hat alle Erwartungen enttäuscht
Wien (sk) - "Selbst die niedrigen Erwartungen in Schüssels Ratspräsidentschaft werden enttäuscht: Die Regierung hinterlässt inhaltlich in der EU-Politik keine Spuren und versagt auch dort, wo es um österreichische Interessen geht", so die kritische Bilanz vom gf. SPÖ-Klubobmann Josef Cap zur Halbzeit der österreichischen EU-Präsidentschaft. "Die Arbeitslosen in Österreich und in Europa warten auf einen politischen Kurswechsel in der EU. Schüssel hat aber bisher jede Chance vertan, mit Initiativen für Jobs und sozialen Schutz die Probleme anzugehen und der wachsenden EU-Skepsis in Österreich und der EU zu begegnen", so Cap am Sonntag gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.

Der derzeitige neoliberale Mainstream in der EU, in den sich Schüssel nahtlos einfügt, sei die zentrale Ursache für die Krise der Union und die Skepsis ihrer Bürger. Die Antwort von Schüssel und Co. sei, dass man Europa besser "erklären" müsse. "Die Menschen haben genug von diesem abgehobenen Zugang. Europa hat kein Kommunikationsproblem, sondern ein Politikproblem", so Cap. Dabei gebe es aber Antworten auf die Krise. Cap verwies auf die von Europas Sozialdemokraten vor wenigen Tagen in Wien präsentierte Wachstums- und Beschäftigungsstrategie.

Und auch für Österreich nütze Schüssel den derzeitigen EU-Vorsitz nicht, kritisierte Cap und verwies auf einige Beispiele: Im Verkehrsministerrat letzte Woche redet Minister Gorbach über Tempolimits. Was Österreich aber braucht, ist eine Begrenzung des LKW-Verkehrs - dazu keine Initiative der österreichischen Regierung. Stichwort Beschäftigungs- und Sozialunion: Auch hier keine österreichische Initiative sondern nur ein "Fahrplan" für den nächsten Vorsitz. Stichwort Uni-Zugang: Statt eine faire europäische Lösung für die Studierendenströme zu erarbeiten, gibt es nur eine nationale Lösung, die vom EuGH wieder gekippt werden könnte. Inaktivität herrscht auch bei den Themen Kostenwahrheit zwischen Schiene und Verkehr, EU-Sozialfonds (hier droht, dass Österreich Geld verliert) und Arbeitszeitrichtlinie. "Schüssels Ratspräsidentschaft beschränkt sich aufs Moderieren und imageträchtige Events; weder für die Politik der Union noch für österreichische Interessen gibt es irgendwelche greifbaren Ergebnisse", so Cap abschließend.

 

Spindelegger: Realitätsferner Kritikerchor ohne Ideen
Österreich setzt im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft wichtige Schwerpunkte - Vorwurf der Untätigkeit absolut unhaltbar
Wien (övp-pk) - Während sich Außenministerin Plassnik mit ihren Amtskollegen beim informellen Außenminister-Rat in Salzburg zentralen Fragen der Zukunft Europas widme und mit dem Schwerpunkt Westbalkan eine wichtige Initiative für die Stabilität Europas setze, "stimmt Voggenhuber in den grünen Chor der realitätsfernen Kritiker ein", so der außenpolitische Sprecher der ÖVP Dr. Michael Spindelegger am Freitag (10. 03.) zu den Aussagen des Grünen Europasprechers Voggenhuber sowie der beiden Grünen Claudia Roth und Daniel Cohn-Bendit. "Der Erfolg der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft wird bestimmt nicht daran gemessen, wie oft sie in einer Diskussionsrunde der Grünen wörtlich genannt wird", sagte Spindelegger.

"Kritisieren um des Kritisierens Willen ist auch für einen grünen Europapolitiker zu wenig. Angesichts der Initiativen der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft und der Bewältigung zahlreicher Herausforderungen, wie zum Beispiel dem Gaskonflikt, ist der Vorwurf der Untätigkeit und des fehlenden Engagements absolut unhaltbar. Hier handelt es sich offensichtlich um ideenlosen Populismus", so Spindelegger weiter. Statt durch konstruktive Mitarbeit selbst einen Beitrag für eine erfolgreiche Ratspräsidentschaft zu leisten, beschränken sich die Grünen darauf, die eigene Ideenlosigkeit anderen zu unterstellen. "Wenn Voggenhuber von einer erschreckenden Zwischenbilanz spricht, kann er damit nur das eigene (Nicht)Agieren gemeint haben", so Spindelegger abschließend.  
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

     
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