EU-Parlamentarier befassen sich mit dem Thema Atomtests  

erstellt am
29. 03. 06

Tibor Toth wirbt um Ratifizierung des Atomteststopp-Vertrags
Wien (pk) - Im zweiten Teil der Konferenz der Vorsitzenden der Auswärtigen Ausschüsse der Nationalen Parlamente der EU-Mitgliedsstaaten und des Europäischen Parlaments unter dem Vorsitz von Ausschussobmann Peter Schieder stand das Thema "Verbot von Nuklearversuchen" auf der Tagesordnung. Das einleitende Referat hielt der Exekutivsekretär der in Wien arbeitenden Vorbereitenden Kommission für die Organisation des Vertrages über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO), Botschafter Tibor Toth.

Als Ziel seiner 1997 gegründeten internationalen Organisation, die über 170 Mitarbeiter und ein Budget von 104 Mill. US-Dollar sowie über 132 Ratifikationen verfügt, nannte Toth die Unterbindung aller Atomtests. Denn diese stellen das Kriterium zur Unterscheidung zwischen friedlicher und militärischer Nutzung der Atomenergie dar. Nukleare Tests haben ausschließlich militärische Zwecke. Um dafür zu sorgen, dass keine Tests stattfinden, habe seine Organisation ein Monitoringsystem zu Lande, zur See und zur Luft aufgebaut, das mit seismischen und hydroakustischen Technologien sowie mit Infraschall und Radioerhebung arbeitet. Weltweit wurden für diese Zwecke bislang 337 Stationen und Labors in 89 Ländern eingerichtet, oft in sehr entlegenen Regionen, zuletzt etwa in der Antarktis. 65 % des geplanten Netzes sei installiert, am weitesten sei man beim Einsatz der Hydroakustik. "Wir verdrahten die gesamte Welt und lauschen sehr genau, ob irgendwo ein Test stattfindet". Darüber hinaus werden alle Geräusche wahrgenommen, egal ob sie von Atomtests, Tsunamis, Erdbeben, Meteoriteneinschlägen oder Raketenstarts stammen.

Alle Signale aus den Stationen werden in einem Datenzentrum gesammelt, analysiert und die Ergebnisse den Mitgliedern zur Verfügung gestellt. Zudem habe seine Organisation die Möglichkeit, Inspektoren an potentielle Gefahrenherde zu entsenden, erfuhren die Mitglieder der Konferenz.

Anhand von Beispielen aus Indien und Pakistan zeigte Exekutivsekretär Toth, dass das Monitoring-System seiner Organisation empfindlich genug sei, um auch Kalibrierungstests zu erkennen. Mehr noch: Die Geräte seien sogar imstande, kleine Unfälle in U-Booten zu registrieren. Der Umfang der an 300 Einrichtungen in 90 Staaten weitergegebenen Daten habe sich in den letzten Jahren verdreifacht.

Um ihren Auftrag, dem große politische Bedeutung zukomme, erfüllen zu können, habe die CTBTO seit 1997 ein global unvergleichbares System aufgebaut und erfasse Daten, deren Bedeutung weit über den Zweck der Verhinderung von Atomtests hinausreichen. Sie können beispielsweise für die Erdbebenvorsorge, die Frühwarnung bei Tsunamis oder zur Erforschung der globalen Erwärmung sowie auf vielen weiteren Gebieten angewendet werden. Alle Teilnehmer an dem System erhalten einzigartige Daten für wissenschaftlich begründete Entscheidungen auf vielen Gebieten.

Die Bedeutung des Atomsperrvertrags wachse mit der Zahl der Länder, die potenziell über Atomwaffen verfügen, erinnerte Tibor Toth und machte zudem darauf aufmerksam, dass es sowohl darum gehe, die Verbreitung der Atomwaffen zu verhindern als auch deren Verbesserung. In jedem Fall seien die Atomtests die letzte Barriere bei der Entwicklung dieser Waffen, die nicht überschritten werden dürfe.

44 Ratifizierungen fehlen noch für das Inkrafttreten des Vertrags. Zu den zehn noch ausständigen Ländern gehören Indien, Pakistan, China, USA, Iran, Ägypten und Nordkorea. Es werde schwierig sein, diesen Vertrag in Kraft zu setzen, sagte Tibor Toth und wies auf die drei Ratifizierungen hin, die in Europa noch fehlen. Sein Appell an die Konferenz lautete daher, seitens der Parlamente aktiv zu werden, um die Ratifizierung des Vertrages voranzutreiben. Jedes Land, das den Vertrag ratifiziert, trage dazu bei, dass die Norm "Atomteststopp" universell wird.

In seinen Antworten auf Detailfragen von Lord Peter Bowness (Großbritannien), Hendrik Daems (Belgien) und Mike Gapes (Großbritannien) unterstrich Exekutivsekretär Tibor Toth die Entschlossenheit seiner Organisation, für das Inkrafttreten des Vertrages zu kämpfen und verwies auf diesbezügliche Fortschritte, die noch Anfang der neunziger Jahre niemand für möglich gehalten hätte. Veränderungen brauchten ihre Zeit, wobei in manchen Perioden schrittweise Fortschritte, in anderen plötzliche Entwicklungen möglich seien. Die geschilderten Investitionen seiner Organisation seien nicht nur auf kurzfristige, sondern auch auf mittel- und langfristige Ziele gerichtet. Die Verwendung der erhobenen Daten sei nicht beschränkt, sie dienten nicht nur der Verifizierung von Atomtests, sondern stehe für alle Forschungsgebiete zur Verfügung sowie für die Erdbeben-Vorsorge und die Tsunami-Vorwarnung.

Beim Thema "Iran" machte CTBTO-Exekutivsekretär Tibor Toth schließlich darauf aufmerksam, dass seine Organisation auch in diesem Land eine Station unterhalte und in der Lage sei, alle Ereignisse zu verzeichnen; das gelte auch für Indien, wobei Toth noch einmal die große Sensibilität seiner Monitoring-Einrichtungen unterstrich. In Asien sei aber noch viel zu tun, schloss Tibor Toth und erneuerte seinen Appell an die Parlamentarier, die CTBTO tatkräftig zu unterstützen.
     
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