"European Inventor of the Year"  

erstellt am
07. 04. 06

Kandidaten aus 11 Staaten für den Preis nominiert
Brüssel (eu-int) - Erfinder aus 11 Nationen sind von einer internationalen Jury für die Auszeichnung zum "European Inventor of the Year" vorgeschlagen worden. Wie das vom ehemaligen niederländischen Premierminister Wim Kok geleitete Gremium mitteilte, befinden sich unter den Nominierten Vertreter aus neun europäischen Staaten, Australien und den USA. Die erstmalige Verleihung des gemeinsam von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Patentamt (EPA) ins Leben gerufenen Innovationspreises erfolgt am 3. Mai im Autoworld-Museum in Brüssel. Die feierliche Ehrung der Gewinner erfolgt durch Günter Verheugen, Vizepräsident der Europäischen Kommission und Kommissar für Industrie- und Unternehmenspolitik, und Alain Pompidou, Präsident des EPA.

Kommissionsvizepräsident Verheugen streicht den ausgeprägten europäischen Charakter der Nominierungen heraus: "Die Wahl der Juroren zeigt, dass es in Europa eine gute Basis für bahnbrechende Spitzentechnologie gibt. Mit der Partnerschaft für Wachstum und Beschäftigung wollen wir dieses Potential gezielt stärken und damit die Wettbewerbsfähigkeit Europas ausbauen."

"Die Auswahl der Jury belegt deutlich, dass wichtige Ergebnisse in Forschung und Entwicklung besonders im Bereich der marktrelevanten Hochtechnologien heute überwiegend aus Teamarbeit und Kooperationen resultieren. Die Absicherung dieser Forschung mit Patenten schafft eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Vermarktung der Produkte", so EPA-Präsident Alain Pompidou.

Hintergrund für die Auslobung des Preises ist das Bestreben der Europäischen Union und des EPA, Europas Position als dynamischen Standort für Wissenschaft und Innovation im Sinn der Lissabon-Agenda der EU zu stärken.

Die von der Jury vorgelegte Liste berücksichtigt Erfindungen aus allen Bereichen der Technik, die zwischen 1991 und 2000 vom EPA mit einem europäischen Patent geschützt wurden. In diesem Zeitraum hatte das EPA mehr als 380 000 Patente erteilt, weshalb die Juroren bei ihrer Auswahl das Fachwissen der 3 500 Patentprüfer des Amts in Anspruch nahmen. Die Preise werden in sechs Kategorien verliehen, wobei für jede Kategorie drei Kandidaten vorgeschlagen wurden.

Die meisten Nominierungen erfolgten für zukunftsweisende Beiträge und Innovationen auf den Gebieten der Informationstechnologie, der Telekommunikation und der Medizin. Für ihr Lebenswerk nominiert sind der Erfinder des MP3-Formats, Karlheinz Brandenburg (Deutschland), James Dyson (Grossbritannien), Entwickler des nach ihm benannten Staubsaugerprinzips sowie der sogenannte „Vater des Mikrochips“, Federico Faggin (Italien).

In der Mehrzahl der Fälle erging die Nominierung nicht an eine einzelne Person, sondern an Teams. Der "European Inventor of the Year"-Jury gehören Gilles Capart, Chairman, PROTON Europe (Belgien); Dimitri Dimitriou, CEO, DyoDelta Biosciences (Griechenland); Leif Edvinsson, Professor für Intellectual Capital (Schweden); Robert Peugeot, Executive Vice President PSA Peugeot-Citroën (Frankreich); Maive Rute, KMU-Beauftragte der Europäischen Kommission (Estland); Paul Rübig, Mitglied des Europäischen Parlaments (Österreich) sowie als Vorsitzender Wim Kok an.

Die Nominierungen für den "European Inventor of the Year" 2006

Eine ausführliche Dokumentation und Fotos zu den einzelnen Kandidaten und ihren Erfindungen können auf Wunsch angefordert werden.

Für ihr Lebenswerk sind nominiert
Karlheinz Brandenburg (Ilmenau/Deutschland)
erfand das MP3-Format und stellte damit die Welt der Musikliebhaber auf den Kopf: Das MP3-Format gilt heute als Standard für das Speichern von Musiktiteln. 200 Millionen Menschen haben entsprechende Software installiert, allein im vergangenen Jahr wurden 50 Millionen MP3-Player verkauft.

James Dyson (Malmesbury/Großbritannien)
hat insgesamt über 130 Erfindungen patentieren lassen. Eine der bekanntesten und wirtschaftlich erfolgreichsten ist der sog. Dyson-Staubsauger, ein Gerät, das ohne Schmutzbeutel arbeitet.

Federico Faggin (Italien; St.Clara/USA)
entwickelte den ersten Mikro-Computerchip und ermöglichte damit die Verarbeitung großer Datenmengen. Damit leitete Faggin eine Revolution in der Computer-Technologie ein.

In der Kategorie "Industrie" entschied sich die Jury für folgende Kandidaten
Zbigniew Janowicz und Cornelius Hollenberg (Rhein Biotech, Düsseldorf/Deutschland)
entwickelten ein Verfahren zur Herstellung von Fremdproteinen in Hansenula-Hefestämmen, das bei der Produktion von Hepatitis-B Impfstoffen eine Schlüsselrolle spielt. Die neue Technologie gilt heute als Standard und ermöglicht weltweit die Eindämmung von Hepatitis-B - einer Krankheit, mit der nach Schätzung der WHO rund ein Drittel der Weltbevölkerung infiziert ist. Über 450 Millionen Einheiten des Impfstoffs wurden mittlerweile in 90 Staaten verkauft.

Claude Berrou und Alain Glavieux (verst.) (France Telecom, Brest/Frankreich)
wurden für die Entwicklung sog. Turbo-Codes für Mobiltelefone nominiert. Mit diesen Codes können gesendete Datenpakete beim Empfänger auf Übertragungsfehler geprüft und korrigiert werden. Dadurch kann die Übertragungskapazität und damit die Leistungsfähigkeit eines Mobilfunknetzes deutlich erhöht werden. Diese Kodierungstechnologie wird heute in rund 500 Millionen Mobiltelefonen genutzt. Die "Turbo-Codes" gelangen auch in der Weltraumforschung zum Einsatz.
   

Joan Eleanor Tarbox, Paul Laurence Scrivener und Giorgio Grasso (Pirelli Laboratories, Mailand/Italien)
wurden nominiert, weil sie mit ihrer Erfindung die Kommunikation im Alltag maßgeblich vereinfacht und den Weg für das Internet bereitet haben: Mit den von ihnen entwickelten optischen Verstärkern können optische Impulse via Glasfaserkabel viele Hundert Kilometer weit geschickt werden. Dank dieser Entwicklung können Aufwand und Kosten bei der Übermittlung von Signalen über weite Strecken bedeutend gesenkt werden, beispielsweise bei Kommunikation über den Atlantik.

Kategorie "Kleine und mittelständische Unternehmen"
Stephen P.A. Fodor, Michael C. Pirrung, J. Leighton Read and Lubert Stryer (Affymax Research Institute, Palo Alto/USA)
haben für die niederländische Firma Affymax die Biotechnologie mit der Erfindung des sog. DNA-Chips revolutioniert: Es gelang ihnen, große Mengen biologischer Daten auf einem kleinen Glaschip zu speichern (Polymer-Synthese). Damit kann heute eine große Zahl von Experimenten gleichzeitig durchgeführt werden. Die Erfindung wird überwiegend zum Aufspüren genetisch bedingter Erkrankungen eingesetzt.

Magnus Malmqvist, Robert Karlsson und Inger Rönnberg
(Biacore, Uppsala/Schweden) sorgten für einen Durchbruch in der Arzneimittel-forschung: Mit der "Oberflächen-Plasmonen-Resonanz"(SPR) vereinfachten sie eine der grundlegendsten Aufgaben in der medizinischen Diagnostik, den Nachweis pathogener Keime und ihrer Bestandteile mittels einer Konzentrationsbestimmung relevanter Biomoleküle. Das Verfahren gelangt mittlerweile in verschiedenen Bereichen wie Medizin, Pharmazie, Umwelt- und Lebensmittelanalytik zum Einsatz.

François Geronimi (Gemplus, Marseille/Frankreich)
hat die Sicherheit von Smartcards wesentlich vorangetrieben: Er entwickelte eine Methode, bei der ein integrierter Mikroprozessor darauf gespeicherte Anwendungen immer wieder automatisch aktualisiert. Gemplus hat mehr als 5,5 Milliarden Smartcards mit dieser Technologie für Mobiltelefone, Bankkarten, Reisetickets und Ausweise verkauft und stieg 2005 damit zum Branchenführer auf.

Kategorie "Universitäten und Forschungseinrichtungen"
Richard Friend, Jeremy Burroughes und Donald Bradley (Cambridge Display Technology, Großbritannien)
wurden nominiert, weil sie Kunststoffe mit dem Grundprinzip der Polymer Organic Light Emitting Diodes (P-OLEDs) zum Leuchten brachten. Dieses Lumineszenz-Verfahren machte sich die Industrie für farbige Displays in Autos, bei Mobiltelefonen und der Entwicklung ultra-flacher Bildschirme zunutze.

Michel Bruel (Commissariat Energie Atomique-Leti/Grenoble, Frankreich)
wurde für sein Smart Cut Projekt nominiert: Bruel hat ein vereinfachtes Verfahren zur Herstellung von Halbleitern in hauchdünnen Silizium-Schichten entwickelt. Die darauf angebrachten Mikroprozessoren wurden wesentlich schneller und sparten dabei noch Energie. Heute wird das Verfahren bei Elektronik-Produkten und auch in der Nano-Forschung angewendet.

Peter Grünberg (Forschungsanlage Jülich/Deutschland)
entdeckte den Riesenmagnetowiderstand (GMR). Dieser ermöglicht es, die nutzbare Speicherdichte von Festplatten um das Fünfzigfache zu steigern. Der Forschungserfolg aus dem Bereich Informationstechnologie findet sich heute in fast allen handelsüblichen PCs, Digitalkameras und MP3-Playern.

Kategorie "Neue EU-Mitgliedsländer"
Wojciech Stec (Polnische Akademie der Wissenschaften, Lódz')
vom Institut für molekulare und makromolekulare Studien entwickelte ein Verfahren zur Herstellung von modifizierten P-chiralen Nukleotid-Analoga, mit dem es möglich ist, optimierte Oligonukleotide für die Krankheitstherapie herzustellen. Bedeutender noch ist, dass sich diese Verbindungen individuell kombinieren lassen. Davon erhofft sich das Team um Stec ein wirksames Werkzeug, das in verschiedenen Bereichen der Medizin einzusetzen wäre: Der Diagnostik, der Therapie, der Forensik und der Kriminalistik.

Danijel Kikelj (Universität Ljubljana/Slowenien),
leitete ein Team von Wissenschaftlern seiner Universität und dem Unternehmen LEK, als er herausfand, was Muramyl-Dipeptide bewirken können: Ursprünglich isoliert als kleinste, auf das Immunsystem wirkende Fragmente der bakteriellen Zellwand, zeigen sie eine zusätzliche Wirkung als immunstimulierende Substanz. Diese kleinsten Elemente im antibakteriellen Schutzwall unseres Körpers sind hochempfindlich und werden selbst bei kleinsten Infektionen aktiv. Sie reagieren auch - und das ist der Dreh- und Angelpunkt von Kikeljs Erfindung - hilfreich bei lebensbedrohlichen Erkrankungen. Kikeljs Forschungsergebnisse führten zur Entwicklung einer Reihe von Medikamenten, die HIV/AIDS- und Krebspatienten helfen sollen.

John Edward Starrett, John Martin, David Tortulari, Joanne Bronson und Mutzamil Mansurin (Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik, Prag)
ist es am Institut für organische Chemie und Biochemie gelungen, neuartige Wirkstoffvorläufer von sog. Phosphonaten herzustellen. Diese entfalten ihre volle Wirkung erst nach Umwandlung im menschlichen Körper. Sie sollen wirksam gegen Virus-Infektionen und in der Tumortherapie eingesetzt werden.

Kategorie "Nicht-europäische Staaten"
Charles E. Perkins (IBM T. J. Watson Research Centre, Hawthorn/USA)
machte Computer mobil und dabei sicher. Durch sein Verfahren zur Datenverschlüsselung ist es möglich geworden, sich beispielsweise mit einem Laptop fernab des Büros in das firmeneigene Netz einzuloggen und auch andere Informationsquellen via Internet zu nutzen, ohne zugleich eigene wichtige Daten preiszugeben. Zugleich wurde die Kommunikation zwischen verschiedenen Netzwerken sicherer. Der Vater der mobilen IP-Technologie ist heute im Nokia-Forschungszentrum in Kalifornien beschäftigt.

Martin Andrew Green und Stuart Ross Wenham (University of New South Wales, Sydney/Australien)
haben es geschafft, Sonnenkraft direkt in elektrische Energie umzuwandeln. Die auf Siliziumtechnik gegründeten Solarmodule sind besonders leistungsfähig und auch weitaus günstiger als ihre Vorläufer. Das olympische Dorf der Spiele in Sydney 2000 wurde durch sie mit Strom versorgt, und in Europa sind die nach Green-Prinzip konstruierten Photovoltaik-Zellen mittlerweile die meistproduzierten. Professor Martin Green wurde in Stockholm bereits mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet.

Larry Gold und Craig Tuerk (NeXstar Pharmaceuticals, Boulder/USA),
entwickelten mit der sog. SELEX-Technologie ein in der Biochemie bedeutendes Screening-Verfahren zum Auffinden von einzigartigen Oligonukleotiden, welche die Fähigkeit haben, spezifische krankheitsauslösende Proteine zu binden. Aufgrund dieser bahnbrechenden Entdeckung wurde mit dem Aptamer Macugen ein Medikament entwickelt: Es soll sich in der Augenheilkunde bewähren und wird in diesen Wochen in Europa zugelassen. Man hofft, dass die SELEX-Technologie auch zur Entwicklung von Medikamenten für die Krebstherapie führt und sich auch im Kampf gegen AIDS bewährt.
     
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