Pröll: Über Grenzen hinweg Maßnahmen für Koexistenz schaffen  

erstellt am
06. 04. 06

Erste europäische Gentechnik-Konferenz von 4. bis 6. April in Wien
Wien (bmlfuw) - Die Koexistenz - das geregelte Nebeneinander von biologischen, konventionellen und gentechnisch veränderten Kulturen - steht derzeit im Mittelpunkt einer von Landwirtschaftsminister Josef Pröll initiierten Konferenz der EU-Kommission in Wien. "Es geht dabei nicht um ein Ja oder um ein Nein, sondern es geht um das Wie", stellten Österreichs Landwirtschaftsminister und EU-Agrarratsvorsitzender Josef Pröll und EU-Agrarkommissarin Mariann Fischer Boel bei einer ersten Pressekonferenz am Mittwoch übereinstimmend fest. Die Konferenz sei eine Idee Österreichs gewesen, welche die Kommission erfreut aufgegriffen habe. Man wolle mit einer breiten Palette von Interessengruppen und Verantwortlichen diskutieren, wie es gelingen könne, die Wahlfreiheit für die Konsumenten und die Landwirte gleichermaßen sicherzustellen, so Fischer Boel.

Fischer Boel verwies bei dem Gespräch in erster Linie auf den am 09.03. veröffentlichten EU-Kommissionsbericht. Dieser besagt, dass es derzeit - angesichts der begrenzten Erfahrungen mit dem Anbau gentechnisch veränderter Kulturen und der noch nicht abgeschlossenen Einführung entsprechender Maßnahmen in den einzelnen Mitgliedsstaaten - nicht gerechtfertigt sei, EU-weite Rechtsvorschriften über die Koexistenz aufzustellen. Zudem seien die klimatischen, ökologischen und landschaftlichen Gegebenheiten in den einzelnen EU-Staaten sehr unterschiedlich. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas sagte, dass die Kommission mit den Koexistenzleitlinien aus dem Jahr 2003 bereits einen guten Rahmen für nationale Maßnahmen geschaffen habe und in Folge dessen aufzeigen könne, welche Regelungen erlaubt seien und welche nicht.

Pröll: Nationale Maßnahmen nicht immer ausreichend
Minister Pröll wies jedoch auch vehement darauf hin, dass - angesichts der räumlichen Nähe von Feldern benachbarter Länder - nationale Maßnahmen für die Koexistenz nicht immer ausreichen. "Wir müssen auch über die Grenzen hinweg Antworten für die Koexistenz finden", betonte der Umwelt- und Landwirtschaftsminister.

Wahlfreiheit für Konsumenten und Landwirte sicherstellen
"62% der EU-Bevölkerung haben Vorbehalte gegenüber gentechnisch veränderten Lebensmitteln. Mit der Kennzeichnungspflicht wurde für die Konsumenten eine Wahlfreiheit geschaffen. Gentechnisch veränderte Produkte sind als solche erkennbar. Nun müssen wir uns auch der zweiten wichtigen Frage widmen, nämlich der, wie es gelingen kann, diese Wahlfreiheit auch für die Landwirte zu gewährleisten", so Pröll. Die Konferenz sei dabei nicht als Schlusspunkt, sondern vielmehr als Startpunkt der Koexistenz-Debatte zu verstehen. Die Sicherheit für die Konsumenten und die österreichischen Bäuerinnen und Bauern werde dabei immer im Mittelpunkt stehen. Zulassungsverfahren von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) müssten zudem ausreichend transparent und nachvollziehbar sein - sowohl in ökologischer als auch in ökonomischer Hinsicht.

Dimas: Langzeitfolgen noch nicht ausreichend abgeschätzt
Dimas wies zudem noch auf einige offene Fragen im Zusammenhang mit der Gentechnik hin, die es in Zukunft abzuklären gelte. Beispielsweise gebe es noch keine ausreichende wissenschaftliche Abschätzung der Langzeitfolgen. Man wisse unter anderem noch nicht, welche Auswirkungen der GVO-Anbau auf die Biodiversität habe. Die EFSA, die europäische Behörde für die Lebensmittelsicherheit, arbeite daran, die Risikoevaluierung zu verbessern, so Dimas. Nur so könne es gelingen, die durchaus verständliche Skepsis der europäischen Verbraucher zu vermindern, sagte der EU-Umweltkommissar.
     
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