Tätigkeitsbericht 2005 des Bundesvergabeamtes  

erstellt am
14. 04. 06

Der Großteil der BVA-Bescheide hält vor den Höchstgerichten
Wien (pk) - Wirtschaftsminister Martin Bartenstein hat dem Nationalrat kürzlich den Vierten Tätigkeitsbericht des Bundesvergabeamtes ( III-214 d.B.) vorgelegt. Der Bericht enthält eine ausführliche Verfahrensstatistik und macht deutlich, dass ein Großteil der Bescheide des Bundesvergabeamtes vor den Höchstgerichten hält. Der Bericht ist im Volltext auf der Homepage des Bundesvergabeamtes http://www.bva.gv.at abrufbar.

Aus der Verfahrensstatistik des Bundesvergabeamtes 2005
Einleitend erinnern die Autoren des Berichts daran, dass mit dem Inkrafttreten des Bundesvergabegesetzes am 1. September 2002 der Rechtsschutz auf den Unterschwellenbereich ausgedehnt und das Bundesvergabeamt (BVA) als weisungsfreie und unabhängige Bundesbehörde neu organisiert worden ist. Damals hat das BVA 247 "Altfälle" übernommen und bis Ende 2005 insgesamt 1.092 Anträge erledigt, davon 723 mit Bescheid. Gegen diese Bescheide des BVA wurden 52 Beschwerden beim Verfassungsgerichts und 72 Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof erhoben. Der VfGH hat bisher 38 Fälle, der VwGH 30 Fälle entschieden - nur neun Bescheide des BVA wurden nicht vollinhaltlich bestätigt, vermerkt das BVA in seinem Bericht.

Nachprüfungsverfahren
Im Jahr 2005 wurden beim BVA 134 Nachprüfungsanträge eingebracht. 89 davon betrafen Verfahren im Oberschwellenbereich, 45 zählten zum Unterschwellenbereich. 11 Anträge wurden abgewiesen, 25 Anträgen wurde stattgegeben, 47 Anträge wurden zurückgewiesen, 25 Anträge zurückgezogen, 5 Fälle wurden abgetreten, 5 Verfahren eingestellt. In 16 Fällen steht eine Entscheidung noch aus.

Einstweilige Verfügungen
Im Berichtszeitraum wurden beim BVA 116 Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt. 76 davon zählten zum Oberschwellenbereich, 40 zum Unterschwellenbereich. 82 Anträgen wurde stattgegeben, 6 wurden ab- und 11 zurückgewiesen. Weitere 4 Anträge wurden abgetreten, 12 zurückgezogen.

Feststellungsverfahren
Im Berichtszeitraum wurden beim BVA 7 Feststellungsanträge eingebracht, die alle dem Oberschwellenbereich angehörten. 4 Anträge wurden abgewiesen, 1 Antrag zurückgezogen. In 2 Verfahren sind die Entscheidungen noch ausständig.

Beschwerden an Höchstgerichte
2005 wurden beim VfGH 18 Beschwerden anhängig gemacht. Einen BVA-Bescheid aus 2005 hat der VfGH teilweise aufgehoben, zwei Bescheidbeschwerden wurden abgewiesen, eine davon an den VwGH abgetreten. Beschwerden gegen Bescheide aus 2004 wurde in zwei Fällen abgelehnt und an den VwGH abgetreten. Ein Verfahren wurde eingestellt. Beschwerden gegen Bescheide aus 2003 wurden in einem Fall abgelehnt und an den VwGH abgetreten. Eine weitere Beschwerde wurde abgewiesen. Beschwerden aus 2002 wurden in zwei Fällen abgelehnt und an den VwGH abgetreten. Ein Bescheid wurde teilweise aufgehoben.

2005 wurden beim VwGH 30 Beschwerden anhängig gemacht. Gegen Bescheide aus 2005 wurde jeweils in einem Verfahren der Bescheid aufgehoben, der Beschwerde nicht stattgegeben oder dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand keine Folge geleistet und die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen. Bei Beschwerden gegen Bescheide im Jahr 2004 hat der VwGH in drei Verfahren Bescheide aufgehoben sowie in einem Verfahren den Beschluss gefasst, die Behandlung abzulehnen.

Einen Bescheid aus 2003 hat der VwGH abgewiesen und in je einem Verfahren den Beschluss gefasst, die Beschwerde zurückzuweisen und die Behandlung abzulehnen. In Verfahren gegen Bescheide aus 2002 hat der VwGH eine Beschwerde zurückgewiesen bzw. das Verfahren eingestellt.

2005 hat das BVA kein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet. In drei Fällen ergingen 2005 auf Anregung des EuGH Auslegungsurteile

Große Einzelfälle: Stadion Klagenfurt und Polizeiautos
Zu den Entscheidungen des Bundesvergabeamtes, die 2005 öffentliches Interesse hervorgerufen haben, zählt das Vergabeverfahren "Stadionneubau Klagenfurt Waidmannsdorf für EURO 2008". In der ersten Bekanntmachung dieses zweistufigen Ausschreibungsverfahrens war der Bund als Auftraggeber genannt worden. Auf der zweiten Stufe der Ausschreibung für die präqualifizierten Bieter schien als Auftraggeber die Landeshauptstadt Klagenfurt gemeinsam mit der in Gründung befindlichen Errichtungs- und Betriebsgesellschaft auf. Die nicht zum Zuge gekommenen Bietergemeinschaften brachten gegen den Zuschlag der Stadt Klagenfurt vom 8. März 2005 Nachprüfungs- bzw. Teilnahmeanträge beim Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten und beim Bundesvergabeamt ein. Die zunächst in Frage stehende Zuständigkeit des UVS für Kärnten stellte letztlich der VfGH mit seinem Erkenntnis vom 13.10.2005 fest. Mit einem weiteren Erkenntnis vom selben Tag wurde die Beschwerde einer Bietergemeinschaft gegen den Bescheid des BVA abgewiesen.

Mit diesen Erkenntnissen hat sich der VfGH der Auffassung des BVA angeschlossen: Es kommt darauf an, wer zivilrechtlicher Vertragspartner des zukünftigen Auftragnehmers wird oder werden soll. Dieser Fall verdeutlicht laut BVA, dass zur Vermeidung negativer Kompetenzkonflikte der vergabespezifische Rechtsschutz österreichweit von einer einzigen Bundesbehörde wahrgenommen werden sollte.

Anfang 2005 entschied das BVA über einen Nachprüfungsantrag zur Beschaffung von 12.000 Kfz für die Polizei mit einem geschätzten Auftragswert von 140 Mill. €. Das BVA gab dem Nachprüfungsbegehren statt und hob Teile der Ausschreibung wegen nicht erklärbarer Spezifikationen (geforderte Längen- und Volumenangaben, Mindestgeschwindigkeiten, Verbot von Alternativangeboten) auf. Der Bescheid des BVA wurde nicht angefochten, die ausschreibende Stelle hat ein neuerliches Ausschreibungsverfahren mit deutlich reduziertem Volumen (900 Kfz) gestartet und bereits zu Ende geführt.

Ressortentwurf für ein Bundesvergabegesetz 2006
Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts hat einen Entwurf für eine Neuerlassung des Bundesvergabegesetzes ausgearbeitet. Es geht um die Umsetzung von EU-Richtlinien unter Berücksichtigung der Judikatur von EuGH, VfGH und VwGH. Neuerungen sind unter anderem bei der In-House-Vergabe, beim Ausnahmenkatalog und für neue Vergabearten geplant. Dazu kommt die Einführung von Nebenangeboten, die Anfechtbarkeit von Widerrufsentscheidungen, die Parteifähigkeit von Arbeits- und Bietergemeinschaften und die Vereinfachung der Präklusionsfristen. Gebühren, Teilnahmeanträge und Bundes-Vergabekontrollkommission sollen entfallen.


Die Homepage des Bundesvergabeamtes
Das BVA hat seine Homepage im Berichtszeitraum weiter verbessert und bietet seine Informationen nun teilweise auch in englischer Sprache an. Die Zahl der Homepagebesucher stieg 2005 auf monatlich 2.776 (2004: 2.162), wobei 1.125 Interessierte die Homepage regelmäßig besuchten (2004: 593). Der Zuwachs der Abfragen aus dem Ausland beschleunigte sich weiter.
     
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