Kärntner Ortstafeln  

erstellt am
12. 04. 06

Ortstafel-Volksbefragung: 15.000 Unterschriften gesammelt
LH Haider: Volksbefragung absolut rechtens - Meinung der Bevölkerung soll als Basis für Verhandlungen erhoben werden
Klagenfurt (lpd) - Die 15.000 notwendigen Unterschriften zur Durchführung einer Ortstafel-Volksbefragung sind gesammelt. Das teilte Landeshauptmann Jörg Haider am 11. 04. mit. Er verwies auf das gesetzliche Anhörungsrecht des Landes Kärnten in der Entscheidung des Bundes über die Aufstellung zusätzlicher zweisprachiger Ortstafeln. Daher sei auch die Durchführung einer Volksbefragung absolut rechtens, was auch der Verfassungsdienst des Landes per Gutachten bestätige. Haider erklärte, dass man die Meinung innerhalb der Bevölkerung erheben wolle und es sich daher nicht um eine Abstimmung der Mehrheit über die Minderheit handle. Das Ergebnis der Volksbefragung solle als Basis für die bevorstehenden politischen Verhandlungen dienen.

Bei der Volksbefragung werde es laut Haider drei Entscheidungsmöglichkeiten geben. So könnten zweisprachige topographische Bezeichnungen ab einer Volksgruppenstärke von 15 Prozent in der Gemeinde und 15 Prozent in der Ortschaft oder bei einem Anteil von 20 Prozent in der Gemeinde und 20 Prozent in der Ortschaft aufgestellt werden. Die 15 Prozent-Lösung würde zusätzliche Tafeln in 16 Ortschaften bedeuten, die 20 Prozent-Lösung in drei Ortschaften. Die dritte Entscheidungsmöglichkeit sei der Status Quo, also keine weiteren zweisprachigen Ortstafeln, erklärte Haider. Auch diese Fragestellung sei mit dem Verfassungsdienst abgeklärt worden.

Haider verwies darauf, dass eine Bandbreite von fünf bis 25 Prozent völkerrechtlich zulässig sei. Dies sei auch durch Aussagen von Höchstrichtern bestätigt worden. Die von Slowenenvertretern und Heimatverbänden im Konsenspapier festgehaltene 10 Prozent-Regelung werde nicht umgesetzt, weil sie sich an der Amtssprachenregelung orientiere. Laut der Ortstafelstudienkommission müssten jedoch für Amtssprache, Topographie, Schule und Gerichte jeweils eigene Prozentregelungen gelten, sagte der Landeshauptmann.

Haider forderte wiederholt eine endgültige und per Verfassungsbestimmung gesicherte Lösung in der Ortstafelfrage. Entscheidungen dürften jedenfalls nicht über die Köpfe der Kärntner Bevölkerung hinweg gefasst werden. Er zeigte sich bereit, die Volksbefragung noch vor dem 30. Juni durchzuführen, an dem die Frist des Verfassungsgerichtshofes zur Umsetzung seines Bleiburg-Erkenntnisses abläuft. Vor-aussetzung dafür sei ein politischer Konsens in diesem Sinne. Ansons-ten solle die Volksbefragung im Herbst stattfinden.

Zum Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis für Bleiburg und den Ortsteil Ebersdorf sagte Haider, dass sich dieses auf eine rechtlich nicht mehr existierende Verordnung beziehe. Man habe mit dem Verrücken der Ortstafeln eine neue rechtskräftige Verordnung erteilt. Daher sei das Erkenntnis nicht exekutierbar.

 

Jarolim: Das Vorgehen von Schüssels Koalitionspartner ist rechtsstaatlich äußerst problematisch
Wien (sk) - Strikt ablehnend äußerte sich der SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim gegen den Versuch des Kärntner Landeshauptmanns, eine Volksbefragung über die Ortstafelfrage in Kärnten durchzuführen. "Das ist rechtsstaatlich äußerst problematisch, worauf ja auch eine erkleckliche Anzahl an namhaften Verfassungsrechts-Experten nicht müde wird hinzuweisen – aber Haider stellt sich bedauerlicher Weise taub. Für ihn zählt nur der Versuch, ein Grundmandat zu erringen – selbst wenn das auf Kosten der demokratischen und verfassungsrechtlichen Fundamente Österreichs geschieht", so Jarolim am 11. 04. gegenüber dem SPÖ-Pressdienst. Für den SPÖ-Justizsprecher ist Kanzler Schüssel gefordert, einzuschreiten. "Der ÖVP-Chef sollte dem Spuk seines Koalitionspartners endlich ein Ende setzen und dafür Sorge tragen, dass der Rechtsstaatlichkeit in dieser leidigen Causa Rechnung getragen wird."

Erstens, so Jarolim, habe das Land Kärnten gar keine Kompetenz, eine Volksbefragung über die Ortstafelfrage durchzuführen, zweitens ist es verfassungsrechtlich ausdrücklich untersagt, die Bevölkerung über ein Erkenntnis des VfGH abstimmen zu lassen. "Und drittens kommt in dem zur Befragung aufgelegten Text der Spruch des VfGH als eine der drei angeführten Möglichkeiten gar nicht vor", führte Jarolim aus und meinte: "Diese Befragung ist eine Verhöhnung der rechtsstaatlichen Instanzen und der demokratischen Werte. Denn es ist politisch völlig absurd, dass eine Mehrheit über die verfassungsmäßig gewährten Rechte einer Minderheit abstimmt." Allerdings regte Jarolim eine andere Volksabstimmung an. "Interessant wäre es, wenn Haider die Kärntnerinnen und Kärntner fragen würde, inwieweit sie mit seiner Wirtschaftspolitik und seiner aufwändigen Event-Gebarung zufrieden sind", so Jarolim abschließend.

 

Van der Bellen: Schüssel-Regierungspartner Haider will Rechtsstaat aushebeln
Grüner Bundessprecher zur Ortstafel-Frage: Wie lange, Herr Schüssel, schauen Sie dem Treiben Haiders noch zu?
Wien (grüne) - "Schüssels Regierungspartner Jörg Haider will offenbar den Rechtsstaat aushebeln", kritisiert der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, die BZÖ-Volksbefragungspläne zur Ortstafel-Frage in Kärnten. "Haider ist offenkundig der Auffassung, dass eine Volksbefragung die Umsetzung eines Urteils des Verfassungsgerichtshofes ersetzen kann. Bundeskanzler Schüssel kann nicht so tun, als ginge ihn Haider nichts an. Schüssel hat Haider anlässlich des erneuten Platzens der Regierung im April vorigen Jahres - Stichwort BZÖ-Abspaltung von der FPÖ - als ´konstruktive Persönlichkeit` gewürdigt. Schüssel ist mit Haider - nach 2000 und nach Knittelfeld im Jahr 2002 - zum dritten Mal eine Koalition eingegangen. Ich kann dem Bundeskanzler daher die Frage nicht ersparen: Wie lange schauen Sie dem Treiben ihres Koalitionspartners noch zu?", so Van der Bellen.
 

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