SPÖ-Gesundheitsenquete / Gesundheit Österreich GmbH  

erstellt am
21. 04. 06

 Gusenbauer erteilt Selbstbehalte-Medizin der Regierung eine Absage
Wien (sk) - SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer hat am 20. 04. bei einer Gesundheits-Enquete in Wien das neue gesundheitspolitische Programm der SPÖ in seinen Grundzügen vorgestellt. Die SPÖ will damit weg von der "Selbstbehalte-Medizin", wie sie von der Regierung Schüssel in den letzten sechs Jahren etabliert wurde, wo Leistungen sinken und die Kosten und Belastungen für den einzelnen steigen. Die SPÖ will den Zugang für alle zu bester Versorgung sichern, die Finanzierung soll solidarisch erfolgen. Gusenbauer betonte, dass dabei auch wertschöpfungsbezogene Elemente enthalten sein sollen und es sollen Gerechtigkeitslücken geschlossen werden. Einer pauschalen Beitragserhöhung erteilte er eine Absage, weil die "soziale Symmetrie" müsse bei den Beiträgen gewahrt werden.

Den Hintergrund für die Arbeit des Kompetenzteams Gesundheit bildet die von der Regierung Schüssel verursachte "Selbstbehalte-Medizin", erklärte Gusenbauer. Leistungskürzungen, neue Selbstbehalte, steigende Kosten und sinkende Leistungen – damit beschrieb der SPÖ-Vorsitzende die Gesundheitspolitik der Regierung. "Für viele ist die Zwei-Klassen-Medizin bereits bittere Realität", so Gusenbauer. Eine Umfrage vom letzten Sommer zeige, dass zwei Drittel der Österreicher glauben, dass nur mehr Reiche die optimale gesundheitliche Versorgung bekommen.

"Das ist ein Alarmzeichen", sagte Gusenbauer. Er verwies darauf, dass er auf der Startklar-Tour jedes Mal von Betroffenen auf die prekäre Lage hingewiesen wurde. Vor allem ältere Menschen mit geringen Pensionen könnten sich die Rezeptgebühren oft nicht mehr leisten, wenn sie nicht unter die Gebührenbefreiung fallen. "Viele müssen überlegen, ob sie sich das vom Arzt verschriebenen Medikament überhaupt leisten können", so Gusenbauer.

Eine Folge davon sei, dass das traditionell sehr hohe Vertrauen der Menschen in das österreichische Gesundheitssystem zu sinken beginne. Dem will die SPÖ mit ihrem gesundheitspolitischen Programm entgegenwirken. Für die SPÖ "ist Gesundheitspolitik das Herz jeglicher Sozialpolitik", betonte Gusenbauer. "Gesundheit ist ein Grundrecht, kein Kaufgut". Die Zielvorstellung brachte Gusenbauer auf die Formel: "Länger gesünder leben für jeden". Im Mittelpunkt des SPÖ-Programms stehe der Mensch und der optimale Zugang für alle.

Unter diesen Vorzeichen laute die Prämisse für die Gesundheitspolitik, dass sich alle die beste Versorgung leisten können müssen, so Gusenbauer im Hinblick auf die Finanzierungsfragen. Die SPÖ lehne den neoliberalen Ansatz mit der Selbstbehalte-Medizin ab. "Die Selbstbehalte haben ein ungesundes Ausmaß erreicht", betonte Gusenbauer, Österreich liege hier bereits im Spitzenfeld innerhalb der EU.

Dem stelle die SPÖ den Grundsatz der solidarischen Finanzierung gegenüber. Dabei betonte Gusenbauer: "Das ist kein Freibrief für Beitragserhöhungen." Denn die SPÖ will sowohl wertschöpfungsbezogene Komponenten für die Finanzierung heranziehen als auch auf die "soziale Symmetrie der Beitragsleistungen" achten. Das bedeute: Keine allgemeine Erhöhung der Beiträge, sondern bestehende Gerechtigkeitslücken schließen.

Einsparungen durch Effizienzsteigerungen könnten nur mittelfristig nutzbar gemacht werden. Es sei eine Illusion, zu glauben, man könne von heute auf morgen eine halbe Milliarde Euro ohne Leistungseinschränkungen einsparen, betonte der SPÖ-Vorsitzende. Strukturelle Verbesserungen müssen angegangen werden, die finanziellen Auswirkungen würden sich dabei aber erst mittelfristig einstellen.

Besonderes Augenmerk habe das Kompetenzteam auch auf geschlechtsspezifische Fragen im Gesundheitswesen gelegt. Die Analyse habe gezeigt, dass das derzeitige System männlich dominiert sei, so Gusenbauer. Spezielle Bedürfnisse von Frauen werden derzeit nicht angemessen berücksichtigt. Daher hat die heutige Enquete auch die Gender-Medizin als einen ihrer Schwerpunkte.

Für die nächsten Monate kündigte Gusenbauer an, dass für alle Teilbereiche des Gesundheitsprogramms die Detailergebnisse der Arbeit des Kompetenzteams vorgestellt werden. Das SPÖ-Gesundheitsprogramm, so wie es vom Kompetenzteam erarbeitet wurde, "ist ein Riesenschritt vorwärts in der österreichischen Gesundheitspolitik", betonte Gusenbauer. Vor drei Jahren habe die SPÖ beschlossen, bis zur Nationalratswahl 2006 in allen Bereichen "regierungsfit" zu sein. Dazu wurden die Kompetenzteams ins Leben gerufen.

Das Kompetenzteam Gesundheit, das von Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller geleitet wird, gibt nun die "Antworten auf die brennenden Fragen in der Gesundheitspolitik", so Gusenbauer abschließend.

 

Rasinger: Undurchdacht und undurchführbar
Alle bestehenden Selbstbehalte wurden von SPÖ-Ministern eingeführt
Wien (övp-pk) - Als "undurchdacht und undurchführbar" bezeichnete ÖVP-Gesundheitssprecher Abg.z.NR Dr. Erwin Rasinger das bereits Anfang Jänner und heute erneut präsentierte "alte" gesundheitspolitische Programm der SPÖ. Das Gesundheitsprogramm der SPÖ würde dem Gesundheitswesen ohne Gegenfinanzierung ca. eine Milliarde Euro entziehen, so Rasinger. Dadurch würde es zu massiven Leistungskürzungen kommen, die niemand wolle. Außerdem würde das von der SPÖ geforderte wertschöpfungsorientierte Finanzierungssystem sowie die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage eine "Entsolidarisierung" der medizinischen Versorgung in Österreich bedeuten und damit genau jenen Mittelstand massiv belastet, den die SPÖ in den letzten Monaten als neues Klientel entdeckt haben will.

Gusenbauer sei auch darauf hingewiesen, dass alle heute bestehenden Selbstbehalte von SPÖ-Ministern eingeführt wurden. Nun von einer "Selbstbehalte-Medizin" zu sprechen und diese zu kritisieren, könne wohl nur an die eigene Adresse gerichtet sein. Mit der Einführung der E-Card-Jahresgebühr von zehn Euro sei die alte Krankenscheingebühr von 3,63 pro Arzt und Quartal für Gebietskrankenkassenpatienten bei chronisch Kranken und älteren Menschen somit von 29 auf zehn Euro gesenkt worden, erklärte Rasinger.

"Österreich kann beim Gesundheitssystem auf ein sehr hohes Niveau verweisen. Es gibt in Österreich keine Zwei-Klassen-Medizin, der internationale Spitzenrang wurde gehalten bzw. ausgebaut", sagte Rasinger. Im Gegensatz dazu würde im Wiener AKH ein "Luxusprivatspital für Superreiche, Bonzen und Scheichs" geplant, das man nur mehr kopfschüttelnd als Projekt für eine "Dreiklassen- Medizin" bezeichnen könnte. Die Wiener SPÖ habe sich bis dato von diesem mehr als "fragwürdigen Projekt" kaum distanziert, sodass man sich fragt, warum die SPÖ die Patienten im AKH in Normalbürger und bevorzugte Reiche trennen will. "Die ÖVP bleibt bei ihrem Leitsatz: Hohe Versorgung unabhängig von Alter und Einkommen", so Rasinger. Auch wenn die SPÖ es nicht hören will, unabhängige Expertengremien beurteilen das österreichische Gesundheitswesen als exzellent. Laut dem World Competitivness Report liegt Österreich bei der Gesundheitsinfrastruktur weltweit auf Platz 1.


 

Rauch-Kallat: Starkes Forschungs- und Planungsinstitut für das Gesundheitswesen
Wien (BGF) - Am 20. 04. beschloß der Ministerrat die Zusammenlegung des Fonds "Gesundes Österreich" (FGÖ) und des "Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheitswesen" (ÖBIG) zum nationalen Forschungs- und Planungsinstitut "Gesundheit Österreich". Weiters wird ein "Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen" (BIQG) eingerichtet und in die "Gesundheit Österreich GmbH" integriert.

"Durch den Zusammenschluss von ÖBIG, FGÖ und dem neuen BIQG entsteht ein nationales, unabhängiges Forschungs- und Planungsinstitut für das gesamte österreichische Gesundheitswesen", sagte Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat am Rande des heutigen Ministerrates. "Ziel ist es, die international anerkannte Kernkompetenz des ÖBIG um den Bereich Qualitätssicherung zu erweitern und die Erfolge der Gesundheitsförderung des FGÖ in einem starken Kompetenzzentrum neu zu bündeln und zu stärken."

Künftig werde die "Gesundheit Österreich GmbH" den Entscheidungsträger/innen auf Bundes- und Landesebene sowie der Krankenversicherung sowohl wissenschaftliche Entscheidungsgrundlagen für die Strukturplanung der Gesundheitsvorsorge als auch für die Leitlinien zur Qualitätssicherung und der Gesundheitsförderung zur Verfügung stellen.

"Das Institut kann aber lediglich die Entscheidungsgrundlagen entwickeln, die Entscheidungen über Struktur und Qualität in der Gesundheitsversorgung werden wie bisher die politisch legitimierten Ebenen treffen", so Rauch-Kallat. "Durch die partnerschaftliche Einbindung der Länder als Träger der Krankenanstalten und der für die ambulante Versorgung zuständigen sozialen Krankenversicherung ist sichergestellt, dass die bisher getrennten extra- und intramuralen Versorgungsstrukturen künftig bereits bei der wissenschaftlichen Planungsarbeit noch enger zusammenwachsen - ein wichtiges Ziel der Gesundheitsstrukturreform 2005."

Die neu geschaffene Gesellschaft sei somit in der Lage, alle wesentlichen Daten zum Gesundheitswesen zu sammeln und wissenschaftlich auszuwerten. In weiterer Folge könnten durch die Geschäftsbereiche BIQG und FGÖ auch rasch auf eventuell sichtbar werdende Disparitäten reagiert und die erforderlichen Maßnahmen der Qualitätssicherung und Gesundheitsförderung gesetzt werden.

 

Grünewald: ÖVP schafft neue Machtkonzentration
Gesundheitsförderungsgesetz muss in derzeitiger Form erhalten bleiben
Wien (grüne) - Der im heutigen Ministerrat erfolgten Beschlussfassung über eine 'Gesundheit Österreich GmbH' stößt beim Gesundheitssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, auf Ablehnung, auch wenn er prinzipielle die Errichtung eines Bundesinstitutes für Qualität im Gesundheitswesen als sinnvoll und notwendig erachte. Die Umstrukturierung der beiden bisher eigenständigen Fonds ÖBIG (Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheit) und FGÖ (Fonds Gesundes Österreich) in eine gemeinsame Gesellschaft mit einem Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG) habe zu viele negative Folgen.

"Die aufwändige Neugründung bedingt einen enormen administrativen Mehraufwand und provoziert durch die Zuständigkeit des Handelsrechtes geradezu Überschuldungen. Am problematischsten ist jedoch der Verlust der bisherigen Unabhängigkeit der Fonds zugunsten einer ministeriellen Weisungsbindung", erklärt Grünewald, und weiter: "Hier besteht die große Gefahr einer direkten politischen Einflussnahme auf Gutachten."

Ein weiter Kritikpunkt sei die Einbeziehung des Fonds Gesundes Österreich sei die neue GmbH. Die Aufgabengebiete des FGÖ unterschieden sich sowohl thematisch wie auch inhaltlich wesentlich von den Aufgaben des ÖBIG oder des geplanten BIQG. Während ÖBIG und BIQG als primäre Ziele die Evaluierung der Betreuungs-, Behandlungs- und Versorgungslage hätten, sei der FGÖ aktiv planend und fördernd tätig. "Die Erarbeitung von Grundsätzen und ausführende Handlungen sollten jedoch in einer GmbH nicht vermischt werden", so Grünewald. Durch die geplante Abschaffung der Eigenständigkeit der Gesundheitsförderung würde Österreich außerdem seine Vorreiterrolle verlieren, die 1998 durch die Schaffung des Gesundheitsförderungsgesetzes und die Gründung des Fonds Gesundes Österreich erreicht wurde.

 

Klein: AK lehnt "Gesundheit Österreich GmbH" ab
Gesundheitsparnterschaft gefordert
Wien (ak) - "Die heute im Ministerrat beschlossene Gesetzesvorlage für eine Gesundheit Österreich GmbH missachtet den Gedanken der Gesundheitspartnerschaft, der eigentlich Grundlage der Reform des österreichischen Gesundheitswesens sein sollte", kritisiert Christoph Klein, Bereichsleiter für Soziales in der AK Wien. Zwar ist - so Klein - eine Einrichtung, in der zentrale Forschungs-, Planungs- und Qualitätssicherungsaufgaben zusammengeführt werden, sinnvoll. Um das hohe Niveau des österreichischen Gesundheitssystems so effizient und kostengünstig wie möglich aufrecht zu halten, ist aber eine sorgfältige Planung der Kapazitäten im Bereich der Krankenanstalten, der Arztpraxen mit Kassenverträgen, der mobilen Pflegeangebote usw erforderlich. "Gesundheitspolitik braucht auch bei den Entscheidungen mehrere Mitspieler. Gesundheitsplanung, Qualitätssicherung im Gesundheitswesen an der Sozialversicherung und den Ländern vorbei wird schief gehen", sagt Klein. Neu zu schaffende Spielregeln der Qualitätssicherung sollen den Patientinnen und Patienten ein einheitliches, optimales Behandlungsniveau - auch hier unter Vermeidung unnötiger Aufwände und Doppelgleisigkeiten - garantieren. Und: Sowohl für die Planung als auch die Qualitätssicherung muss wissenschaftliche Forschung die solide Grundlage sein, das muss garantiert sein. Die AK verlangt eine "Gesundheitspartnerschaft" zwischen den Hauptakteuren Bund, Sozialversicherung und Länder, in der die drei genannten Akteure gleichberechtigte Träger der neuen Planungs- und Forschungseinrichtung sind.

Dass nun eine neu geschaffene Einrichtung, die diese Trias von Gesundheitsplanung, Qualitätssicherung und Forschung vereint, als GmbH im hundertprozentigen Eigentum des Bundes konstruiert wird, geht völlig an der Realität des österreichischen Gesundheitswesens vorbei, in dem neben dem Bund die Sozialversicherungsträger als Hauptfinanziers und Vertragspartner der niedergelassenen Ärzte und die Länder als wichtigste Spitalsträger die entscheidenden Rollen spielen.

Zwei konkrete Beispiele Beispiel 1: Planung von Spitalskapazitäten, etwa in der Grenzregion zwischen zwei Bundesländern. Ziel: Optimale Versorgung der Region - Beseitigung von Versorgungsmängeln, aber auch von Überversorgung durch überschneidende Angebote. Letzteres spart Kosten, verbessert aber auch die Behandlungsqualität. Zu wenig ausgelastete medizinische Abteilungen bergen die Gefahr, dass die dort tätigen Ärztinnen und Ärzte zu wenig Praxis etwa bei bestimmten Operationstechniken erwarten können. Mit einem zu 100 Prozent im Eigentum des Bundes stehender GmbH als Planungsinstitutio, wird den Bundesländern als Spitalsträger verwehrt, gleichberechtigt an dieser für die Bevölkerung in den Ländern wichtigen Angelgenheit mit zu reden. Beispiel 2: Die fachärztliche Versorgung einer Region (Gynäkologie, Augen, Psychiatrien usw) bedarf sorgfältiger Planung in mehrfacher Hinsicht: Was ist in Hinblick auf Bevölkerungsdichte, Krankheitsbilder und Distanzen in der Region erforderlich? Welche Vertragsbedingungen kann die zuständige Gebietskrankenkasse anbieten? Wie kann das Angebot an Spitalsambulanzen optimal einbezogen werden? Solche Planungsaufgaben einer reinen Bundesinstutition ohne gleichberechtigte Einbeziehung der Krankenkassen und Bundesländer lösen zu wollen, ist absurd.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

     
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