Subsidiaritätskonferenz in St. Pölten will Diskussion in Gang setzen  

erstellt am
19. 04. 06

St. Pölten (bmaa) - "Europa fängt zu Hause an" - unter diesem Motto steht eine zweitägige, hochrangig besetzte EU-Konferenz in St. Pölten zum Thema Subsidiarität, die am 18. 04. vom Niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll eröffnet wurde. ParlamentarierInnen und RegierungsvertreterInnen aus allen 25 EU-Ländern und den Beitrittsländern Bulgarien und Rumänien diskutieren gemeinsam mit Experten sowie Vertretern der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments über eine bessere Aufgabenverteilung zwischen der Europäischen Union auf der einen und der nationalen bzw. regionalen Ebene auf der anderen Seite.

Auf der Tagesordnung stehen Diskussionsrunden über die Rolle der nationalen Parlamente in der Europäischen Union, den möglichen Beitrag der Regionen und Kommunen und die Wechselbeziehung zwischen Subsidiarität und "Better Regulation", einer Initiative der EU, die eine bessere Rechtsetzung und einen Abbau bürokratischer Hemmnisse zum Ziel hat. Zu den Referenten gehören u.a. der Präsident des Europäischen Parlaments Josep Borrell-Fontelles, der Vizepräsident der Europäischen Kommission Günter Verheugen, der Präsident des Europäischen Gerichtshofs Vassilios Skouris und der slowenische Außenminister Dimitrij Rupel.

Die Konferenz, die auf eine gemeinsame Initiative des österreichischen Parlaments, des Bundeskanzleramts und der Niederösterreichischen Landesregierung zurückgeht, will dabei an eine im November in Den Haag abgehaltene Konferenz mit dem Titel "Sharing Power in Europe: Striking the right balance between EU and Member State action" anschließen. Ziel ist es, Empfehlungen für den Europäischen Rat im Juni 2006 abzugeben.

Unter anderem zur Diskussion steht ein von Nationalratspräsident Andreas Khol eingebrachter Vorschlag, jene Teile des EU-Verfassungsvertrags, die stärkere Mitwirkungsbefugnisse der nationalen Parlamente im Gesetzgebungsprozess der EU zum Inhalt haben, auf Basis bereits bestehender Möglichkeiten vorab mit Leben zu erfüllen. Dabei geht es, wie Khol zum Auftakt der Subsidiaritätskonferenz betonte, nicht darum, "Rosinen" aus dem Verfassungsvertrag herauszupicken und vor dessen Beschlussfassung in Geltung zu setzen, sondern das Subsidiaritätsprinzip auf der Grundlage des Amsterdamer Vertrags besser umzusetzen. Der Grundsatz der "sachgerechten Aufgabenverteilung" sei nämlich, so Khol, bereits mit dem Amsterdamer Vertrag in die europäische Grundordnung eingebaut worden, es gebe aber Klagen, dass sich die EU weniger mit "den großen Fragen" beschäftige und sich stattdessen viel mehr um lokale Fragen kümmere. "Wir sind mit der Praxis nicht zufrieden."

Von der Konferenz erwartet sich Khol einen politischen Dialog darüber, was auf der einen Seite sachgerecht die EU bewältigen soll und was auf der anderen Seite die nationalen bzw. regionalen Parlamente wahrnehmen sollen, wobei er die nationalen Parlamente als "Hüter der Subsidiarität" sieht. Unter anderem strebt Khol eine "Vorbegutachtung" von EU-Gesetzentwürfen durch die nationalen Parlamente an, um vorab prüfen zu können, ob diese unnötige zentralistische Regelungen beinhalten. Er kann sich für diesen Zweck etwa die Entwicklung eines konkreten Prüfrasters vorstellen.

Auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und der Niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll wiesen bei der Auftakt-Pressekonferenz auf die Notwendigkeit hin, die Sorge der Bevölkerung vor einer "schleichenden Zentralisierung" der EU ernst zu nehmen. Es brauche ein Gegengewicht mit einer Stärkung der Regionen, betonte Schüssel, "wir ringen um eine neue Balance und ein neues Miteinander". Pröll betonte, man müsse europaweit eine "subsidiäre Gesinnung" entwickeln, um ein "abwechslungsreiches, buntes Europa" beizubehalten. Dazu müssten die Zentralstellen auch "loslassen können".
     
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