Wien: Internationales Symposion über das Verhältnis USA - Europa  

erstellt am
25. 04. 06

Initiative Kardinal Schönborns - Unter den Referenten sind der jüdische Rechtsphilosoph Joseph Weiler und der Theologe und Papstbiograf George Weigel
Wien (stephanscom.at) - Die wachsende Kluft zwischen Europa und den USA, aber auch die gemeinsamen christlichen Wurzeln stehen im Mittelpunkt eines hochkarätigen internationalen Symposions, das auf Initiative von Kardinal Christoph Schönborn von 26. bis 29. April in Wien stattfindet. Der Erzbischof von Wien möchte mit diesem Symposion (offizieller Titel: "A Growing Gap. Living and Forgotten Christian Roots in Europe and the United States") einen besonderen Akzent in der Zeit der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft setzen. Unter den Referenten aus den Vereinigten Staaten sind der jüdische Rechtsphilosoph Joseph Weiler und der katholische Theologe, Publizist und Papstbiograf George Weigel. Beide werden im Verlauf des Symposions auch mit öffentlichen Vorträgen in Erscheinung treten.

Zu den Teilnehmern des Symposions zählen u.a. der französische Philosoph und Historiker Remy Brague, der italienische Senatspräsident Marcello Pera, die frühere polnische Botschafterin in Wien, Irena Lipowicz, der New Yorker Priester und Publizist ("First Things") Richard Neuhaus, der niederländische Rechtswissenschaftler Frans Alting von Geusau, der in Rom lehrende Ethiker Martin Rhonheimer und der britische Rechtswissenschaftler Lord Daniel Brennan.

Am 27. April spricht Prof. Weiler um 19 Uhr in einem öffentlichen Vortrag in der Albertina zum Thema "Europe's Struggle With Itself - Perspectives from A Wandering Jew". Die Begrüßungsworte werden Kardinal Schönborn und Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sprechen. Zuvor findet um 18 Uhr (ebenfalls in der Albertina) ein Pressegespräch mit Kardinal Schönborn und Prof. Weiler statt (Einladungen und Information: Martin Kugler, Tel. 01/274.98.98 oder 0699/101.02.208, E-Mail: martin.kugler@kairos-pr.com). Am 28. April hält Prof. Weigel um 19 Uhr im Festsaal des Erzbischöflichen Palais ein Grundsatzreferat über "God and Politics".

Joseph Weiler wurde 1951 in Johannesburg geboren. Er ist Professor für Internationales Recht und Europarecht an der New York University Law School und am Europakolleg Brügge. Seine bekanntesten Veröffentlichungen sind "The Constitution of Europe - Do the New Clothes have an Emperor?" (1999) und "Ein christliches Europa" (2004). Beide Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und international diskutiert. Prof. Weiler hat sich klar für einen Gottesbezug in der europäischen Verfassung ausgesprochen: "Ein Gottesbezug ist sowohl verfassungsmäßig zulässig als auch politisch erforderlich".

In der Präambel einer europäischen Verfassung müssen die unterschiedlichen europäischen Traditionen zum Ausdruck kommen, forderte der Verfassungsrechtler, "das europäische Bekenntnis zum vornehmen Erbe der Französischen Revolution" ebenso wie die Symbolik jener Verfassungen, in denen eine "Invocatio Dei" (Anrufung Gottes) enthalten ist. Die Weigerung, einen Gottesbezug in die Verfassung aufzunehmen, beruht laut Weiler darauf, Säkularismus mit Neutralität oder Unparteilichkeit zu verwechseln. In der Diskussion rund um einen Gottesbezug in der EU-Verfassungs-Präambel gehe es um eine "Entweder-Oder-Entscheidung: Ja zu Gott, nein zu Gott". Weiler: "Warum soll der Ausschluss eines Gottesbezuges neutraler sein als seine Aufnahme? Damit wird eine Weltanschauung, nämlich der Säkularismus, einer anderen, der religiösen, vorgezogen und das unter dem Deckmantel der Neutralität".

George Weigel ist einer der meist gelesenen katholischen Autoren der USA. Sein bekanntestes Buch ist "Witness to Hope - The Biography of John Paul II". Große Beachtung hat sein Buch "Without Roots: The West, Relativism, Christianity, Islam" gefunden. In dem Buch verweist Weigel darauf, dass im islamistischen Denken des 21. Jahrhunderts die militärischen Niederlagen bei Poitiers 732, Lepanto 1571 und Wien 1683 bloß als temporäre Rückschläge gesehen werden. Wenn Europa zu "Eurabia" - einem bloßen Zusatz der arabisch-islamischen Welt - werde, dann entbehre dies nicht der Ironie. Denn das Drama des atheistischen Humanismus, der Europa seiner Seele entleeren wolle, würde dann im Triumph einer Religion enden, die einen unhumanistischen Theismus vertritt.

International ist Weigel im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg als entschiedener Verfechter der "Theorie des gerechten Krieges" (Just War Doctrine) hervorgetreten. In diesem Sinn unterzeichnete er auch das Manifest "What we are fighting for" (zusammen u.a. mit Samuel Huntington, Francis Fukuyama, Michael Novak und Mary Ann Glendon). Im Februar 2003 wurde er vom damaligen amerikanischen Botschafter beim Heiligen Stuhl, Jim Nicholson, als Hauptreferent zu einer Veranstaltung nach Rom eingeladen. Ziel des Seminars in Rom war es damals, einflussreiche Persönlichkeiten der Kurie, der Weltkirche und der katholischen Publizistik zu überzeugen, dass es sich bei einem Schlag gegen den Irak um einen "gerechten Krieg" handeln werde. Die Präsenz Weigels bei dem Wiener Symposion ist besonders wichtig, weil sich gerade im Zusammenhang mit dem Irak-Krieg der Graben zwischen Europa und den USA vertieft hat.
     
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