Salzburg altert – Trends, Ursachen, Konsequenzen  

erstellt am
05. 05. 06

Burgstaller: Bericht des Landesstatistischen Dienstes soll das Problembewusstsein schärfen
Salzburg (lk) - Salzburg wird älter – so, wie das restliche Österreich, Europa und de facto alle entwickelten Länder – als Folge sinkender Geburtenzahlen und der steigenden Lebenserwartung. Über die Trends, die Ursachen und die Konsequenzen der Alterung im Allgemeinen und konkret für die Kinderbetreuung und für das Gesundheitswesen gibt der Bericht des Landesstatistischen Dienstes über die demographische Entwicklung Auskunft. "Der vorliegende Bericht soll für die Alterungsthematik sensibilisieren und das Problembewusstsein schärfen", sagte Gesundheits- referentin Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller am 04. 05.

Als Szenario für die kommenden 30 Jahre kann davon ausgegangen werden, dass bis dahin

  • sich die Zahl der über 65-Jährigen verdoppeln wird,
  • nur mehr zwei Erwerbsfähige einem über 65-Jährigen gegenüberstehen werden (derzeit sind es vier),
  • nur mehr drei Salzburger/innen (derzeit sind es sieben) im Alter von 45 bis 65 Jahren für eine(n) über 80-Jährige(n) da sein werden, um sich gegebenenfalls um den alten Menschen zu kümmern, wenn er der Hilfe und Pflege bedarf,
  • mehr als 40 Prozent der Erwerbstätigen älter als 45 Jahre sein werden (derzeit sind es 30 Prozent).


Das mache deutlich, welche Aufgaben auf uns zukommen werden. Es gilt daher, rechtzeitig gegenzusteuern.

In den kommenden rund 15 Jahren wird Salzburgs Bevölkerung noch um zirka fünf Prozent wachsen, in den darauf folgenden 20 Jahren dann nur mehr um zirka zwei Prozent, sodass in rund 35 Jahren, also im Jahr 2040, der Einwohnerstand Salzburgs rund 565.000 betragen wird, das sind um sieben Prozent mehr als heute. Ab dann wird Salzburgs Einwohnerzahl voraussichtlich schrumpfen. Dabei wird die Zahl der Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie der Personen im Haupterwerbsalter von Jahr zu Jahr kleiner werden, während die Zahl der alten und sehr alten Menschen gewaltig zunehmen wird. Bei den unter 20-Jährigen ist in den kommenden 25 Jahren von einem Rückgang um zwölf Prozent und bis zum Jahr 2055 um 17 Prozent auszugehen; bei den 20- bis unter 65-Jährigen ist – nach einem leichten Anstieg um drei Prozent bis zum Jahr 2018 – bis zum Jahr 2031, somit in 25 Jahren, ein Rückgang um drei Prozent und bis 2055 um zehn Prozent zu erwarten. Die Zahl der über 65-Jährigen wird sich in den kommenden rund 30 Jahren jedoch verdoppeln und wird bis zum Jahr 2055, somit in rund 50 Jahren, auf zirka 161.000 (+ 106 Prozent gegenüber 2006) anwachsen.

Noch dramatischer wird die Entwicklung bei den sehr alten Menschen, bei den über 85-Jährigen, verlaufen. Deren Zahl wird sich bereits in den kommenden 20 Jahren verdoppeln, in den kommenden 30 bis 35 Jahren verdreifachen und bis zum Jahr 2055 fast verfünffachen.

Damit verschiebt sich das zahlenmäßige Verhältnis der Generationen zueinander erheblich. Während derzeit vier Erwerbsfähige (20- bis unter 65-Jährige) auf einen über 65-Jährigen entfallen, werden in 30 Jahren nur mehr zwei Menschen im Haupterwerbsalter einem über 65-Jährigen gegenüberstehen. Auch das Verhältnis der 45- bis unter 65-Jährigen zu den über 80-Jährigen – diese Relation ist wichtig für das familiäre Pflege- und Betreuungspotenzial – wird sich von derzeit 7:1 auf 3:1 in 30 Jahren und 2:1 bis zum Jahr 2055 verschlechtern.

Ab 2017 weniger Arbeitskräfte
Erhebliche Auswirkungen sind auch für den Arbeitsmarkt und damit für die Salzburger Wirtschaft zu erwarten. Die Zahl der Erwerbstätigen wird nur mehr gut zehn Jahre zunehmen – danach ist von sinkenden Erwerbstätigenzahlen auszugehen, d.h. es wird dann, etwa ab dem Jahr 2017, von Jahr zu Jahr immer weniger Arbeitskräfte geben. Dazu kommt, dass die Erwerbstätigen der Zukunft älter sein werden als die Erwerbstätigen von heute. Der Anteil der Erwerbstätigen, die bereits das 45. Lebensjahr erreicht haben, wird in den kommenden 30 Jahren von derzeit rund 30 Prozent auf über 40 Prozent ansteigen.

Das alles sind keine Horrormärchen, unrealistische Sandkastenspiele von Zahlenjongleuren, sondern das sind konkret zu erwartende Entwicklungen, denn die potenziellen Mütter der nächsten Generation leben bereits: Die Kinder von heute sind die Mütter von morgen. Die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau beträgt derzeit 1,4 und wird vermutlich auf 1,5 ansteigen. Das ist allerdings zu wenig, um den Schrumpfungs- und Alterungsprozess aufzuhalten, denn es wären 2,1 Kinder erforderlich, um eine Müttergeneration durch eine Töchtergeneration zu ersetzen. Und die Lebenserwartung wird weiter steigen, um fünf Prozent (Frauen) bzw. sechs Prozent (Männer) in den kommenden 25 Jahren und um insgesamt acht Prozent (Frauen) bzw. neun Prozent (Männer) in den kommenden 50 Jahren.

Diese Entwicklung hat tief greifende Auswirkungen auf unser Wirtschafts- und Sozialgefüge. Denn weniger Kinder bedeuten z.B. weniger Schüler/innen und in weiterer Folge einen geringeren Lehrkräftebedarf, einen geringeren Zustrom am Arbeitsmarkt und damit eine Überalterung und Schrumpfung des Erwerbsfähigenpotenzials und der Erwerbstätigen – und damit ein gebremstes Wirtschaftswachstum und ein geringeres Beitrags- und Steueraufkommen – bei gleichzeitig kräftig steigenden Kosten für unser Gesundheits- und Sozialsystem. "Es gilt daher, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu erleichtern", folgerte Burgstaller.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Es kann gezeigt werden, dass in Ländern, in denen mehr für die Kinderbetreuung getan wird und auch mehr Frauen berufstätig sind, sich die Geburtenrate besser entwickelt als in anderen Ländern. Mehr erwerbstätige Frauen bedeuten ein höheres Familieneinkommen und damit höhere Konsumausgaben, eine höhere Wirtschaftsleistung und in weiterer Folge ein höheres Steueraufkommen.

Derzeit fehlen rund 100 Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren, zirka 500 für Kinder im Alter von drei bis unter sechs Jahren und zirka 2.700 Betreuungsplätze für Kinder im schulpflichtigen Alter. Gemäß Barcelona-Ziel, einer Betreuungsquote von 33 Prozent für die unter Dreijährigen und von 90 Prozent für die drei- bis unter sechsjährigen Kinder, fehlen rund 900 Betreuungsplätze für die Drei- bis unter Sechsjährigen und – eingeschränkt auf die Zwei- bis unter Dreijährigen – 500 Betreuungsplätze für dieses Alterssegment.

56 Prozent der Betreuungseinrichtungen mit insgesamt zirka 7.900 Betreuungsplätzen entsprechen nicht den Idealvorstellungen hinsichtlich Öffnungszeiten bzw. bieten kein Mittagessen für die Kinder an. Dazu die gute Nachricht: Bei einem entsprechenden Ranking der Bundesländer hinsichtlich der Situation in Kindergärten kam Salzburg auf den zweiten Platz.

Mehr alte Menschen bedeuten leider auch
- mehr kranke Menschen
und damit
- mehr Arztbesuche
- einen größeren Medikamentenverbrauch
- mehr Spitalspatient/innen usw.
und in der Folge
- höhere Gesundheitsausgaben.

Bevölkerungsentwicklung und Gesundheitswesen
Die Zahl der Arztbesuche bei Allgemeinmediziner/innen, d.h. bei praktischen Ärzt/innen, wird von 2005 auf 2015, somit in zehn Jahren, um neun Prozent und in den kommenden 20 Jahren voraussichtlich um 17 Prozent zunehmen. Bei der Zahl der Krankenhauspatient/innen ist für die kommenden zehn Jahre ein Plus von 14 Prozent und für die kommenden 20 Jahre ein Anstieg von 23 Prozent auf mehr als 200.000 zu erwarten; bei den Tagen, die die Patient/innen im Krankenhaus verbringen und damit die medizinische Infrastruktur in Anspruch nehmen, ist von einer Zunahme um neun Prozent in zehn und 21 Prozent in 20 Jahren auf fast 1,240.000 auszugehen; dazu kommen noch die Patient/innen aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland.

Die öffentlichen Ausgaben für die Akutversorgung in Österreich werden von 2005 auf 2025 voraussichtlich um 20 Prozent, die öffentlichen Ausgaben für die stationäre Akutversorgung um 21 Prozent ansteigen.

Umgelegt auf das Land Salzburg ist – auf Grund der Veränderung von Zahl und Altersstruktur der Bevölkerung – eine Zunahme der öffentlichen Ausgaben für die Akutversorgung und für die stationäre Akutversorgung um jeweils rund 25 Prozent zu erwarten.

Prognostizieren lassen sich weiters – auf Grund entsprechender Informationen des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger – die Ausgaben der Krankenversicherungen für ärztliche und vergleichbare Leistungen (2,3 Milliarden Euro im Jahr 2004), für Medikamente (2 Milliarden Euro im Jahr 2004) sowie für Zahnbehandlung und Zahnersatz (0,7 Milliarden Euro im Jahr 2004).

Bei den Ausgaben der Krankenversicherungen für ärztliche und vergleichbare Leistungen ist – bezogen auf das Land Salzburg – auf Grund der demographischen Veränderungen bis zum Jahr 2025 ein Plus von 20 Prozent, bei Medikamenten von 31 Prozent und bei Zahnbehandlung und Zahnersatz von elf Prozent zu erwarten.

Diese Zahlen machen deutlich, dass es unabdingbar ist, bestehende Optimierungspotenziale zu nutzen und damit dazu beizutragen, die Finanzierbarkeit unseres Gesundheitswesens zu sichern.

Konsequenzen für die Politik
Mag. Gabi Burgstaller: "Diese Ergebnisse machen deutlich wie wichtig und notwendig die Anstrengungen zur weiteren Verbesserung des Angebots an Kinderbetreuungseinrichtungen sind und wie dringend notwendig die eingeleitete Reform des Gesundheitswesens im Land Salzburg ist." Es gelte, das Nebeneinander von Beruf und Familie zu erleichtern. Das verbessere die Lebenssituation der Frauen und Familien und soll letztendlich mehr Salzburger/innen die Gründung einer Familie erleichtern.
Die Salzburger Landesregierung entspreche diesen Notwendigkeiten mit dem Regierungsschwerpunkt für die Verbesserung der Kinderbetreuung.

     
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