Wien als führende Verkehrsplattform  

erstellt am
03. 05. 06

VOR-Dialog zeigt neue organisatorische und technische Konzeptionen auf
Wien (rk) - Fragen des öffentlichen Personennah- und regionalverkehrs (ÖPNRV) mit besonderer Berücksichtigung des Wiener Raumes bilden einen Hauptansatzpunkt der VOR-Dialoge, bei denen anerkannte Verkehrsfachleute referieren und die in Verbindung mit eingehenden Diskussionen stehen. Der kürzlich abgehaltene 5. VOR-Dialog befasste sich mit dem Themenkomplex "Transport-Systeme und Kooperationen mit öffentlichen Verkehrsträgern". Seitens der Geschäftsführung des Verkehrs- verbundes Ost-Region (VOR) betont einleitend Direktor Manfred Novy die führende und vorbildliche internationale Position Wiens bei Beförderungszahlen, Liniennetz und Modal split, aber auch bei der Fahrplangestaltung und den Fahrzeugtypen auf Schiene und Straße. Der seit drei Jahrzehnten im VOR leitend Tätige wünscht sich "noch mehr Integration, vor allem beim Schienenverkehr". Es gebe zwar unterschiedliche Anlagen - Straßenbahn, U-Bahn mit zwei verschiedenen Betriebssystemen, S-Bahn und Wiener Lokalbahnen mit Eisenbahngleiskörpern - aber auf dem Sektor der Anbindungen und Umsteigemöglichkeiten könne man immer wieder Verbesserungsmöglichkeiten nützen, man denke etwa an den Umbau beim Praterstern.

Auf die angesprochene Vorbildstellung Wien geht DI Günter Steinbauer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wiener Linien, im Detail ein: Wien zählt bei Nahverkehrs-Benchmark- Untersuchungen in allen Kategorien (Pünktlichkeit, Sauberkeit, Modal split) zu den drei führenden Städten in Europa. Was die Frequenz betrifft, wird eine Steigerung von derzeit jährlich rund 740 Millionen Fahrgäste auf 800 Millionen angestrebt, beim Modal split von 34 auf 37 Prozent. Die Verkehrsdienstleistungen der Wiener Linien werden derzeit (alle Zahlen gerundet) von 500 Bussen, 550 Straßenbahngarnituren und 300 U-Bahnzügen erbracht, 7800 Mitarbeiter sind tätig, angestrebt wird eine Mitarbeiterzahl von 7500. Bezüglich der Umweltsituation hält Steinbauer fest: " Die Flüssiggasbusse fahren mit dem derzeit saubersten Motor auf dem Weltmarkt". Zum Betriebsprogramm selbst: derzeit besteht ein Drittel des Waggonbestands der Straßenbahn aus ULF-Garnituren, bis Ende 2007 soll der ULF auf allen Linien eingesetzt werden, selbst außerhalb der Spitzenzeiten ("Schwachlast") wird jeder 2. Zug eine Niederflurgarnitur sein - mit ihren 19 Zentimetern Einstiegshöhe übrigens die Niederste im internationalen Vergleich. Das erfordert auch beachtliche finanzielle Mittel, immerhin kostet beim ULF ein (kurzer) Zug 2 Millionen Euro.

Was den Schienenfahrzeugbereich generell betrifft, spielt Österreich in Europa eine herausragende Rolle, es werden etwa 15.000 Personen beschäftigt, das Exportvolumen liegt bei 5 Milliarden Euro. Der neugegründete "Verband der Bahnindustrie Österreichs" soll die Interessen dieses Wirtschaftszweigs in Zukunft intensiver wahrnehmen. Auch hier ist Wien ein Zentrum, wie von der Bereichsleitung Siemens Transportation Systems, DI Gottfried Schuster darlegt. Die Konzernzentrale für Metro und Straßenbahn befindet sich in Wien, auch die überwiegende ULF- Erzeugung ist am Wiener Standort situiert, für Lieferungen nach Budapest und Lissabon wird ebenfalls hier produziert. Der Experte sieht "einen klaren Trend zur Ausweitung des Nahverkehrs", die Zukunft gehört, nicht zuletzt aus Gründen der Energieersparnis, dem Leichtbau; beim Fahrzeugantrieb bei Personenfahrzeugen sind das leichte Drehgestelle mit Direktantrieb. Für den Fernverkehr stehen als Spitzenmodelle bei den Loks die Taurus und die Herkules auf der Schiene, die Tendenz zu Doppelstockwagen im Regionalverkehr nimmt zu, auch aus Platzgründen, 2x2 Doppelstockwagen kommen mit 100 Meter Bahnsteiglänge aus. Für die Verbindung Wien - Bratislava kann sich Schuster eine Magnetschwebebahn vorstellen, diese würde etwa die Distanz zwischen den Flughäfen Wien und Bratislava in 10 Minuten zurücklegen.

Aufhorchen lässt mit neuen Konzepten für Organisation und Finanzierung VOR-Geschäftsführer Mag. Wolfgang Schroll in Hinblick darauf, dass sich auf der einen Seite die Verkehrsverantwortung immer mehr in die Regionen, und damit zu den Gebietskörperschaften, verschiebe und andererseits sich damit Geldfragen auftäten: "Fragen der Finanzierung werden oftmals schwierig für die Gebietskörperschaften, welche Möglichkeiten bestehen, um keine verlorenen Investitionen zu schaffen. Hier treffen sich Interessen der Industrie und der Verkehrsträger". Er denkt an die Schaffung eines Fahrzeugparks, der "sich in einem Pool befindet und auf dem Leasing-Weg benützt werden kann". Für die Schienenfahrzeug-Industrie brächte das eine Vereinfachung bei den Markterfordernissen bzw. in den Produktionssegmenten, weil etwa beim städtischen Verkehr "ähnliche Erfordernisse" bestünden. Auch würde das Fragen der Finanzierung - vor allem für kleinere Verkehrsträger - erleichtern, denn so Schroll und Schuster unisono, "es gibt Kunden, die auch mit zehn Jahre alten Fahrzeugen noch etwas anfangen können". Bei Loks aus dem Pool heraus wäre durchaus ein flexiblerer Einsatz, einmal Personen- einmal Güterverkehr, denkbar.
     
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