Vorhang auf für Wissenschaft  

erstellt am
15. 05. 06

Philosophy On Stage: neue Zugänge für Bildung & Philosophie im Tanzquartier
Wien (fwf) - Internationale KünstlerInnen bringen im Tanzquartier Wien frischen Schwung in die aktuelle Bildungsdebatte. Unter dem Titel "Education acts. Kunst macht Bildung" werden in eigens errichteten Forschungslaboratorien Wert bzw. Unwert von Bildung in Lectures und künstlerischen Performances thematisiert. Mit der Unterstützung des Wissenschaftsfonds FWF knüpft das Projekt damit an das erfolgreiche Konzept "Philosophy On Stage" an, das im Herbst 2005 im Museumsquartier stattgefunden hat. Wie dieses soll das aktuelle Projekt nun wieder viele interessierte Zuseher anziehen.

In der gesellschaftspolitischen Bildungsdebatte fordert die Kunst nicht nur ihren Platz im Bildungssystem, sondern bereichert diese nun auch durch künstlerische Positionen. Unter dem Schlagwort "Education acts" entwickeln international renommierte KünstlerInnen in fünf verschiedenen Forschungslaboratorien am Tanzquartier Performances, in denen die Methoden des künstlerischen Lern- und Arbeitsprozesses analysiert werden. Ziel ist es, anhand dieser den "Un-/Wert" von Bildung zu hinterfragen und gleichzeitig aufzuzeigen, wie künstlerische Performances selbst neues oder andersartiges Wissen produzieren.

Begleitet wird die künstlerische Arbeit durch eine bereits Mitte Mai startende, öffentlich zugängliche Ringvorlesung, die den Grenzen der Macht und Machbarkeit von Bildung auf den Grund geht. Das Projekt "Education acts", das insgesamt auf zwei Jahre angelegt ist, stellt eine Forschungskooperation des FWF-Projektes "Materialität und Zeitlichkeit performativer Sprechakte" mit der Universität Wien und dem Tanzquartier Wien dar.

Wahrheit geschieht "Education acts" ist Teil eines größeren 3-jährigen FWF-Forschungsprojekts zum Thema "Materialität und Zeitlichkeit performativer Sprechakte", das von Dr. Arno Böhler, Dozent am Institut für Philosophie der Universität Wien und Prof. Susanne Granzer, Professorin am Max Reinhardt Seminar in Wien (Schauspielabteilung) geleitet wird. Dr. Böhler: "In unserem Forschungsprojekt unter dem Titel Philosophy On Stage geht es darum, den Aufführungscharakter von Wissen philosophisch zu thematisieren und in Lecture-Performances künstlerisch zu erproben. Dies geschieht, indem wir wissenschaftliche Texte on stage aufführen. Dabei wird ganz von selbst offensichtlich, dass Wissen durch die Darstellung auf der Bühne einen ganz neuen, anderen Charakter erhält und somit auf eine sinnlich-körperliche Umsetzung angewiesen ist. Zentral ist für uns dabei der Forschungsansatz, dass Performances das aufgeführte Wissen beeinflussen und wie sie den Wahrheitsanspruch des aufgeführten Wissens in und durch die Performances selbst transformieren."

Dieser, als "performative turn" bezeichnete Vorgang, findet seine Wurzeln sowohl in der Philosophiegeschichte als auch in den Kultur- und Sprachwissenschaften. Im Zentrum dieser "Wende" steht die Ansicht, dass Wissen nicht unabhängig vom Akt seiner Aufführung besteht, da der Vollzug von Wissen selbst ein elementarer Bestandteil des vor-gestellten und aufgeführten Wissens ist.

Experimente auf der Bühne Bereits im Vorjahr wurden im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung "Philosophy on Stage" im Museumsquartier Wien wissenschaftlich-philosophische Texte erfolgreich auf die Bühne gebracht. Dr. Böhler: "Der Erfolg dieser Veranstaltung lag nicht nur daran, dass im Zuge der künstlerischen Verarbeitung wissenschaftlicher Texte immer wieder Wendungen aufgetaucht sind, die den Sinn der Textgrundlage überraschend verändert haben. Auch das große Interesse der Besucher - alle drei Abende waren ausverkauft - zeugt von der Nachfrage, die im öffentlichen Raum an solchen Forschungsprojekten besteht. Daher haben wir uns soeben auch entschlossen, die Lecture-Performances Philosophy On Stage in einer überarbeiteten Form im Juni 2007 im Schauspielhaus Wien noch einmal der Öffentlichkeit zu präsentieren."

Einen ähnlichen Erfolg erhofft sich Böhler nun auch für das soeben anlaufende Experiment "Education acts", das - ebenso wie das Projekt "Philosophy On Stage" - vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützt wird. Damit bietet der FWF nicht nur eine finanzielle Grundlage für dieses Projekt an der Schnittstelle von Philosophie und Kunst, sondern trägt ganz nebenbei auch noch dazu bei, dass frischer Wind in die Bildungsdebatte kommt.
     
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