Eurofighter  

erstellt am
12. 05. 06

Gusenbauer: Alle Details des "Entrechtungsvertrag" sofort auf den Tisch
Wien (sk) - Als einen "Entrechtungsvertrag", den es im "gesamten Wirtschaftsleben" sonst nicht gibt, bezeichnete SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer den Kaufvertrag für die Eurofighter, "falls es stimmt, was in News veröffentlicht wurde". Für Gusenbauer ist es ein "echter Skandal in mehrfacher Hinsicht", auch weil der Vertragstext zu Teilen in "News" erschienen ist, während er dem österreichischen Parlament und der Bevölkerung über Monate von der Regierung vorenthalten wurde. "Unabhängig, ob es stimmt, was in News veröffentlicht wurde; jetzt müssen alle Karten auf den Tisch, um endlich zu erfahren, was im Vertrag drinnen steht", so Gusenbauer Donnerstag in einer Pressekonferenz. Er forderte einen Untersuchungsausschuss, um festzustellen, wer ein Interesse daran hatte, einen derartigen Vertrag abzuschließen.

Falls der Inhalt des Vertrages wirklich so ist, wie er in "News" aufgetaucht ist, "dann ist das unfassbar", so Gusenbauer. So müsse die Republik vorher zahlen, bevor sie die Flugzeuge bekommt, der Ausstieg kostet ab November eine Milliarde Euro und es gibt mit einem Jahr kürzere Garantiezeiten, als bei jedem Auto oder bei jedem Haushaltsgerät. Und die Republik dürfe die Flieger nicht weiterverkaufen. "Ich habe noch nie so einen Kaufvertrag gesehen", sagte der SPÖ-Chef. Angesichts dieses Vertragstextes stellt sich die Frage, wer an einem derartigen "Entrechtungsvertrag" ein Interesse hatte. "Vielleicht sind es viele, einer jedoch nicht – die Republik. Es gibt einen Verlierer, das sind die Steuerzahler und Österreich", so Gusenbauer.

Der SPÖ-Vorsitzende sprach von einem "eminenten Schaden" für die Republik. Um eine Änderung in der Ausstiegsklausel zu erzwingen, fordert Gusenbauer die Regierung auf, der EADS zu signalisieren, dass man vor November aus dem Vertrag auszusteigen gedenkt, weil es da billiger ist – egal ob man dann wirklich aussteigt oder nicht. "Jetzt besteht die letzte Chance, aus diesem Vertrag auszuscheiden, ohne dass ein schwerer Schaden für die Republik entsteht", verdeutlichte Gusenbauer. Er erinnerte daran, dass es um den Auftrag für die Abfangjäger einen heftigen Wettbewerb zwischen mehreren Firmen gegeben hat. Das wesentliche Argument für den Eurofighter sei gewesen, dass der Finanzierungsvertrag um vieles besser sei als bei den anderen Firmen. "Was als besonderer Vorteil angeboten wurde, entpuppt sich nun als die größte Katastrophe des Vertrages", so Gusenbauer.

Ein Untersuchungsausschuss sei zur Aufklärung darüber, wer ein Interesse daran hatte, einen derartigen Vertrag über zwei Milliarden Euro zu unterzeichnen, unbedingt notwendig. "Mich als Steuerzahler interessiert das sehr", schloss Gusenbauer.

 

Murauer: Ausstieg ist, war und wird kein Thema für die ÖVP
Wien (övp-pk) - "Die Opposition hat sich mit ihren Aussagen endgültig vom staatspolitischen Verantwortungsbewusstsein verabschiedet", so ÖVP-Wehrsprecher Abg.z.NR Walter Murauer zum Grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz und SPÖ-Parteichef Alfred Gusenbauer. Dass sich Grüne und SPÖ in der Vergangenheit nicht durch aktive sicherheitspolitische Arbeit im Sinne Österreichs hervorgetan haben, sei ein in vielen Nationalratsbeschlüssen nachzulesendes Faktum. "Nun aus wahltaktischen Gründen einen Ausstieg aus der Sicherung des österreichischen Luftraumes zu fordern, ist sicherheitspolitischer Wahnsinn. Dieser Missbrauch der Sicherheitspolitik ist abzulehnen. Als Partei mit Regierungs-verantwortung bleiben wir bei den Fakten und stützen uns nicht auf Spekulationen", sagte Murauer.

Er, Murauer, sei daher mehr als froh, dass militärische Anschaffungen, wie der notwendige Eurofighter-Abfangjäger oder der vielfach bewährte Blackhawk-Hubschrauber, "Chef- und damit Regierungssache" sei. In Wahrheit wollen die Verunsicherungs-Parteien SPÖ und Grüne ein "Wahlkampfthema konstruieren, das keines ist, um im Fall der SPÖ von der SPÖGB-Krise abzulenken". Faktum bleibe: "Jede verantwortungsvolle Bundesregierung, egal welcher Couleur, muss sich zu Abfangjägern bekennen. Das ist und bleibt ein Schlüssel der Souveränität für das neutrale Österreich." Pilz und Gusenbauer vergessen weiters, dass der derzeit stattfindende, weltweit beachtete EU-Lateinamerika-Gipfel, oder andere Großveranstaltungen wie die Fußball-Europameisterschaft ohne umfassende Luftraumüberwachung nicht durchführbar sind. Die künstliche Aufregung um die Offenlegung des Eurofighter-Vertrages sei daher auf den zweiten Blick "noch nicht einmal ein leiser Theaterdonner", betonte der ÖVP-Wehrsprecher.

"Neutralität, Sicherheit, Datenschutz, Amtsverschwiegenheit - das sind die verfassungsrechtlichen Fakten, die für die Regierungspartei ÖVP zählen und nicht wahltaktisches Schattenboxen der Opposition. Der Ausstieg aus dem Eurofighter-Kaufvertrag ist, war und wird kein Thema für die ÖVP sein", so Murauer abschließend.

 

Hofer spricht von Dilettantismus
Wien (fpd) - Im Zusammenhang mit den bekannt gewordenen Details des Eurofighter-Vertrages spricht die FPÖ von Dilettantismus auf Seiten des Vertragspartners Republik Österreich. Vor allem die Gewährleistungsfrist von nur einem Jahr ist für FPÖ-Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer, im Zivilberuf Flugtechniker, zu beanstanden.

"Ein großer Teil der Mängel wird erst nach der vereinbarten Garantiefrist von einem Jahr auftreten, wenn die Flugzeuge entsprechende flighthours und aircraft cycles aufweisen. Es wird dann notwendig sein, allfällige Adaptionen im Rahmen von Service Bulletins umzusetzen. Das darf der Republik keine neuen Zusatzkosten verursachen."

Hofer rechnet vor allem bei den Triebwerken mit Mängeln nach dem ersten Jahr: "Das Engine Engineering ist auf Erfahrungswerte im Praxisbetrieb angewiesen. Hier werden in der Regel in den ersten Jahren besonders viele Adaptionen vorgenommen, die zu mehr Flugsicherheit führen. Letztendlich profitieren davon alle Kunden, die das Flugzeug zu einem späteren Zeitpunkt erwerben. Daher ist nicht einzusehen, warum das auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers erfolgen soll. Ich frage mich, wer für die Republik Österreich die Vertragsverhandlungen mit EADS geführt hat. Wer heute einen Toaster kauft, hat eine bessere Gewährleistungsfrist als Österreich bei den Eurofightern", meint Hofer.

"Die FPÖ fordert die Bundesregierung auf, den Eurofighter-Vertrag endlich offenzulegen. Es kann nicht sein, dass Abgeordnete der Opposition erst aus der Zeitung erfahren müssen, was im Vertrag steht!"

 

 Pilz: Eurofighter-Ausstieg kostet bis 2007 nur fünf bis zehn Mio. Euro
Wien (grüne) - Sicherheitssprecher Peter Pilz widerspricht dem "News"-Bericht, wonach ein Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag ab Jänner 2007 mehr als eine Milliarde Euro kosten würde. Bis "tief ins Jahr 2007" hinein würde der Ausstieg nur fünf bis zehn Mio. Euro kosten, behauptet Pilz. Denn bis dahin werde für Österreich kein einziges Flugzeug produziert. Außerdem veröffentlichte Pilz in einer Pressekonferenz am Donnerstag Teile des Vertrages.

Damit sei die Amtsverschwiegenheit erloschen und Minister Günther Platter (V) müsse den Vertrag nun vorlegen, meinte Pilz. Er ist überzeugt, dass es ihm gelingen wird, "den Minister zu zwingen, den Vertrag offen zu legen und durchzusetzen, dass der Vertrag aufgekündigt wird".

Auf die wesentlich niedrigeren Ausstiegskosten kommt Pilz angesichts der Tatsache, dass die bestellten Eurofighter der Tranche 2 zum ersten Liefertermin Mai 2007 noch nicht geliefert werden können - und Österreich deshalb sechs Flieger der Tranche 1 bekommt. Diese würden aber nicht für Österreich produziert, sondern für die vier Eurofighter-Partnerländer Deutschland, Großbritannien, Italien und Spanien - worüber es einzelne Vereinbarungen mit diesen Ländern gebe. Die ersten Flugzeugteile für Österreich würden frühestens 2007, wahrscheinlich erst 2008 gebaut.

Wenn also eine "vernünftige neue Regierung" nach der Nationalratswahl den Vertrag aufkündigt, müsse Österreich dafür ausschließlich die Vertragserrichtungs- und Planungskosten ersetzen. Diese würden maximal zehn Mio. Euro ausmachen - und damit könnte man "eine Verschwendung von fast vier Milliarden Euro verhindern", so Pilz. Er glaubt auch nicht, dass die Gegengeschäfte zurückgezahlt werden müssen. Das lasse man derzeit juristisch prüfen. Aber prinzipiell handle es sich dabei um autonome Vereinbarungen zwischen zwei Firmen - und in keinem Vertrag sei eine Rückabwicklungsklausel enthalten.

Die - nicht militärisch-strategischen - Teile des Vertrages, die Pilz in der Presseunterlage zitiert und als Kopie in die Kamera hielt, hat er nach eigenen Angaben von einer "Person aus dem Verteidigungsministerium". Da er diese Vertragsteile veröffentlicht habe, sei die Amtsverschwiegenheit "erloschen". Und: "Wenn Platter jetzt weiter Amtsverschwiegenheit vortäuscht, ist das illegal und ein Bruch der österreichischen Gesetze", forderte Pilz die sofortige Vorlage des Vertrages im Parlament.

Scharfe Worte fand Pilz für den Vertrag und die Verhandlungsführung durch Platter: Von dem Vertrag profitiere ausschließlich die Eurofighter GmbH, für die Republik Österreich bedeute er einen "einzigen großen Schaden". Der Verteidigungsministerium sei zum Zeitpunkt der Verhandlungen "entweder temporär unzurechnungsfähig" gewesen oder habe "andere Interessen" vertreten. Was davon zutreffe, müsse in einem Untersuchungsausschuss geklärt werden.

Pilz hat aber "den Eindruck eines gewissen Maßes an politischer Gaunerei" - wenn mit einem "absurden Vertragswerk zum Nachteil Österreichs Flugzeuge gekauft werden, die die Republik nachweislich nicht braucht" und mit "dubiosen Nebenbedingungen" vereinbart wird, dass die Regierung bis zur Wahl nichts zu zahlen hat, die nächste aber gleich doppelt.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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