Wettbewerbsfähigkeit der Industrie unter Druck  

erstellt am
12. 05. 06

Energiepreisschock verursacht massiven Kostendruck – Ruf nach Energieeffizienzplan für Österreich - Lohnpolitik heißes Thema
Baden (pwk) - Kostendruck und sinkende Ertragschancen durch den Energiepreisschock der letzten Monate sowie Belastungen durch hohe Lohnnebenkosten standen im Mittelpunkt des Journalistenseminars der Bundessparte Industrie in Baden bei Wien. „Wir haben es mit dramatischen Steigerungen bei den Energiekosten zu tun, die durch hausgemachte Kosten wie eine hohe Steuer- und Abgabenbelastung auf Energie und den Emissionshandel noch gesteigert werden“, unterstrich der Obmann der Bundessparte Industrie, Wolfgang Welser. Und es fehlt für Österreich ein klarer Plan, wie die Energiepolitik der kommenden Jahre ausgestaltet sein soll. Deshalb drängt die Industrie auf einen Energieeffizienzplan, der spätestens in der ersten Hälfte 2007 feststehen soll.

Kostendruck besteht aber auch durch das Fehlen einer sinnvollen Arbeitszeitflexibilisierung. „Alles in allem verzeichnet die heimische Industrie eine stabile Produktionsentwicklung. Diese dürfe aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass unsere Betriebe von einer zuverlässig guten Ertragslage entfernt sind und keine Verbesserung abzusehen ist“, so der Industrie-Chef. Die Lohnnebenkosten sind weiterhin zu hoch und verhindern dadurch Kostenoptimierungen.

Vor diesem Hintergrund habe man auch die Lohnpolitik zu betrachten: Der KV-Abschluss 2005 (+ 3,1 Prozent) der Metallindustrie habe deutlich gemacht, dass gerade für kleinere oder schwächere Betriebe hohe Abschlüsse eine Belastung darstellen. Deshalb seien mit den Gewerkschaften Gespräche aufgenommen worden, um die betriebsspezifischen Verhältnisse und die Leistungsfähigkeit der Betriebe zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang appellierte Welser an den ÖGB, als Folge der BAWAG-Affäre bei den Lohnverhandlungen „nicht zum Nachweis ihrer Existenzberechtigung kompromisslos zu agieren“. In der Person von Erich Foglar hofft Welser auf einen ebenso verlässlichen Partner wie es Rudolf Nürnberger als Gewerkschaftsvorsitzender und Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite gewesen ist.

Das Thema der kommenden Wochen und Monate werde mit Sicherheit die Energie sein, führte der Energie- und Umweltsprecher der Bundessparte Industrie, Michael Zimmermann, weiter aus: Eine vernünftige Energiepolitik könne den Kostendruck, der auf der Industrie lastet, reduzieren. Während die Sachgütererzeugung insgesamt rund 2 Prozent des Umsatzes für Energiekosten aufwende, liege die Energiekostentangente bei den energieintensiven Branchen deutlich über 8 Prozent. Teilweise befinde sich dieser Anteil bei ausgewiesenen Unternehmen etwa in der Stahlindustrie im zweistelligen Bereich.

Dass die energieintensiven Branchen in Österreich noch immer eine unerlässliche Säule der österreichischen Industrie und damit der gesamten Volkswirtschaft darstellen, werde darin deutlich, dass etwa ein Fünftel der Bruttowertschöpfung hier erwirtschaftet und ein Drittel der Arbeitnehmer (rund 135.000) beschäftigt wird. Betrachtet man etwa die Kostensteigerungen für die Industrie im Vergleich 2003 zu 2004 zeigt sich beim Strom 2004 ein Plus von 25 Prozent (!), bei Heizöl im selben Jahr ein Plus um 14 Prozent. „Im negativen Sinn bemerkenswert ist aber, dass selbst in Zeiten starker Preisanstiege auf den Märkten für Öl, Gas und Strom der Anstieg der politischen Kosten meist noch ausgeprägter ist“, kritisiert der Industrie-Energiesprecher. So betrug 2004 das Kostenplus beim Ökostrom 51 Prozent, die Energiesteuer schlug sich im selben Jahr mit plus 16 Prozent zu Buche.

Tatsache ist, dass Europas Energiepreise im Vergleich zu andern Regionen der Welt deutlich höher sind und Europa es grundsätzlich mit einem Standortnachteil zu tun habe, so Zimmermann: „Addiert man dazu die rasch wachsenden politischen hausgemachten Kosten, so öffnet sich eine kritische Schere zu Lasten unseres europäischen Industriestandorts.“ Österreich habe außerdem damit zu kämpfen, dass es trotz eines Energieliberalisierungsgesetzes kaum Wettbewerb zu beobachten gibt. Für den für Ende 2006 zu erwartenden EU-Energie-Kommissionsbericht erwartet sich die Industrie eine mittelfristige Stärkung der Marktkräfte. So wird auch die Höhe der Kosten für die Stromnetze in den kommenden Monaten ein wesentliches Thema bleiben.

In Sachen Energieeffizienzplan wünschten sich die Industrievertreter Zimmermann und Welser die Konstituierung einer Arbeitsgruppe, die noch in diesem Jahr ihre Vorschläge in Berichtsform auf den Tisch legen soll. „Wir sind weit davon entfernt, die Energieeffizienzpotenziale insbesondere im Bereich der Haushalte, der öffentlichen und privaten Dienstleistungen und des Verkehrs zu nützen“, betont Zimmermann. Vielfach habe man das Gefühl, dass in diesem Bereich 10 Einzelkämpfer – nämlich die 9 Bundesländer und das Ministerium – agieren. Die Bestrebungen sollten darauf zielen, diese 10 Einzelkämpfer durch einen Gesamtkoordinator zu optimieren und zu koordinieren und damit eine österreichweit gemeinsame Basis für mehr Energieeffizienz zu schaffen.
     
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