Bartenstein: Wettbewerbsfähigkeit bedingt soziale Verantwortung  

erstellt am
22. 05. 06

Internationale Konferenz Kultur und Sozialmodelle Europas und der USA
Wien (bmwa) - "Ein wesentliches Kennzeichen europäischer Wirtschaftspolitik ist, dass Wettbewerbsfähigkeit soziale Verantwortung bedingt", betonte Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein am 19. 05. in seinem Eröffnungsstatement zur Konferenz "Cultures and Social Models in Europe and the U.S." in der Orangerie von Schönbrunn. Das europäische Lebensmodell könne im Kontext von Globalisierung und beschleunigtem technologischem Fortschritt einen produktiven Faktor darstellen, jedoch müssten die europäischen Sozialsysteme kontinuierlich weiter entwickelt und den geänderten Rahmenbedingungen - vor allem dem demographischem Wandel - angepasst werden.

Globalisierung werde, so Bartenstein, immer noch zu oft ausschließlich mit wirtschaftlichen Interessen verbunden, während die soziale Dimension eher im Abseits stehe. Den Herausforderungen der Globalisierung könne aber nur mit adäquaten wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen begegnet werden. Notwendig seien einerseits Wettbewerbsfähigkeit und dynamische Arbeitsmärkte, andererseits soziale Sicherheit und Absicherung. Um das zu erreichen, sei unter der österreichischen EU-Präsidentschaft das Konzept der "Flexicurity - Flexibilität durch Sicherheit" entwickelt worden.

Bartenstein ging dann weiter auf das europäische Lebensmodell ein, das von einem hohen Stellenwert der Sozialpolitik ausgehe. Es gebe in der EU zwar unterschiedliche Ausprägungen, aber ein gemeinsames "Europäisches Lebensmodell" mit einem Bekenntnis zu sozialer Kohäsion und Solidarität habe sich etabliert. Als wesentliche Prinzipien dieses Modells nannte Bartenstein das Grundbekenntnis zu sozialem Zusammenhalt und Solidarität sowie zur Bekämpfung sozialer Armut und Diskriminierung, die Sicherstellung eines allgemeinen Zugangs zu Gesundheits- und Bildungssystemen, die Gewährleistung einer breiten sozialen Absicherung und eine bedeutende Rolle des öffentlichen Sektors in der Bereitstellung der notwendigen Infrastruktur.

Diese Elemente des Lebensmodells seien, so Bartenstein, ein entscheidender produktiver Faktor für die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit, diese wiederum unerlässlich zur Sicherung des Lebensmodells, das bedeute, dass beide einander bedingen. Die neu fokussierte Lissabon-Strategie für Wachstum und Beschäftigung konzentriere sich daher auf die Verstärkung der bestehenden positiven Wechselwirkungen zwischen Wirtschaftswachstum und sozialem Ausgleich. Denn im internationalen Wettbewerb könne nur eine dynamische innovationsorientierte und unternehmerfreundliche Wirtschaft jene Ressourcen bereit stellen welche die Aufrechterhaltung sozialstaatlicher Stukturen ermöglichen, andererseits seien dies Strukturen selbst eine wesentliche Grundlage zur Erreichung der Lissabon-Ziele, betonte Bartenstein.

Die Konferenz findet Freitag und Samstag in der Orangerie des Schlosses Schönbrunn auf Einladung der österreichischen Ratspräsidentschaft und der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit dem Institut für die Wissenschaften vom Menschen statt. Ziel der Konferenz ist ein globaler Vergleich verschiedener Sozialmodelle unter Einbeziehung der jeweiligen spezifischen kulturellen und historischen Rahmenbedingungen. Diskussionsschwerpunkt ist eine Gegenüberstellung des europäischen und des US-amerikanischen Lebens- und Sozialmodells. Dabei geht es einerseits um die Unterschiede der beiden Systeme - zum Beispiel in der Einkommensverteilung oder beim Solidaritätsprinzip in der Kranken- und Pensionsversicherung -, andererseits sollen auch die vielfach weniger bekannten Gemeinsamkeiten - große regionale Disparitäten, Anstieg der Gesundheitsausgaben, Bewältigung des demographischen Wandels - thematisiert werden.

Die beiden Gastgeber - Martin Bartenstein namens der österreichischen EU-Präsidentschaft und EU-Kommissar Vladimir Spidla - konnten bei der Eröffnung rund einhundert führende Persönlichkeiten aus Politik und Wissenschaft begrüßen, unter ihnen Kurt Biedenkopf (Mitglied des Ombudsrats der deutschen Bundesregierung für Arbeitsmarktreform und ehemaliger Ministerpräsident Sachsens), Anne-Sophie Parent (Präsidentin der Plattform europäischer sozialer NGOs), Prof. Claus Leggewie (Professor für Soziologie, Universität Gießen) und Prof. Ira Katznelson (Professor für Politikwissenschaft und Geschichte, Columbia University).
     
zurück