Zahnärztliche Lehrpraxen sollen Wartezeiten beim Studium verkürzen  

erstellt am
19. 05. 06

"Gesundheit Österreich GmbH" im Ausschuss beschlossen
Wien (pk) - In der Sitzung des Parlamentarischen Gesundheitsausschusses befassten sich die Abgeordneten am 18. 05. zunächst mit einem Antrag der Regierungsfraktionen, der eine Einrichtung von zahnärztlichen Lehrpraxen vorsah. Damit wollte man dem Problem entgegen treten, dass in den letzten Jahren an den Medizinischen Universitäten zu wenig Praktikumsplätze für Studierende der Zahnmedizin zur Verfügung standen. Weiters stand eine Regierungsvorlage auf der Tagesordnung, die die Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Zusammenführung des ÖBIG ("Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen"), des neu einzurichtenden BIQG ("Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen") und des Fonds "Gesundes Österreich" (FGÖ) zur "Gesundheit Österreich GmbH" zum Inhalt hatte. Bei der Diskussion um das Gesundheitsrechtsänderungsgesetz 2006 konzentrierten sich die Wortmeldungen auf die – schon bisher mögliche – Unterbringung von geistig abnormen Rechtsbrechern in geschlossenen Bereichen von Krankenanstalten; diese Klarstellung wurde von Seiten des Ministeriums mit Vollziehungsproblemen begründet und gehe auf einen dringenden Wunsch des Justizressorts zurück.

Da im Laufe der letzten Jahre das Problem aufgetreten ist, dass an den Medizinischen Universitäten zu wenig Praktikumsplätze für Studierende der Zahnmedizin zur Verfügung stehen, wollen die Regierungsparteien nun die Einrichtung von zahnärztlichen Lehrpraxen ermöglichen. Damit soll die Wartezeit für Studierende, die bereits den ersten und zweiten Studienabschnitt absolviert haben und für die derzeit kein direktes Weiterstudieren möglich ist, verkürzt werden. Teile des 72-wöchigen Praktikums, höchstens jedoch die Hälfte, können in Hinkunft auch außerhalb der Universitätskliniken für Zahn, Mund- und Kieferheilkunde, nämlich in anerkannten zahnärztlichen Lehrpraxen absolviert werden. Eine ähnliche Regelung gibt es bereits für die Humanmedizin. – Der Antrag wurde in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages einstimmig angenommen.

Das Studium der Zahnmedizin wird an den Medizinischen Universitäten Wien, Graz und Innsbruck angeboten. Der erste und Teile des zweiten Studienabschnitts des Studiums Zahnmedizin ist im Wesentlichen mit dem Studium Humanmedizin ident. Der dritte Studienabschnitt dient ausschließlich dem Erwerb zahnmedizinischen Wissens und dem Erwerb zahnmedizinischer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Er umfasst wissenschaftliche Lehrveranstaltungen und ein 72-wöchiges Praktikum, wobei eine Woche Praktikum grundsätzlich 40 Praktikumsstunden umfasst. Da diese Regelung vornehmlich dem Abbau der Warteliste dient, ist vorgesehen, dass die gegenständlichen Bestimmungen mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft treten. Nach diesem Zeitpunkt soll die zahnmedizinische Ausbildung wiederum ausschließlich an Universitätskliniken für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde erfolgen, wobei die Ergebnisse der Evaluierung der dislozierten praktischen Ausbildung zu berücksichtigen sein werden.

Es handle sich zwar um keine ideale Lösung, aber im Interesse der Studierenden, die nicht noch länger auf ihre Plätze warten sollen, stimme er dem Antrag der Regierungsfraktionen zu, erklärte Abgeordneter Erwin Kaipel (S). Er erkundigte sich zudem danach, wie viele Studenten und Studentinnen davon betroffen sind.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) machte darauf aufmerksam, dass es beim Studium der Zahnmedizin derzeit massive Beeinträchtigungen gibt und die StudentInnen teilweise bis zu drei Jahre warten müssen. Eine Auslagerung eines gewissen Teils der Ausbildung könne durchaus sinnvoll sein, räumte er ein, die vorgeschlagene Regelung dürfe aber keine Dauerlösung werden. Er werde dem Antrag zustimmen, damit den Studierenden keine Nachteile erwachsen.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat ging zunächst auf die Frage von Kaipel ein und informierte darüber, dass insgesamt 106 Studienplätze betroffen sind (70 in Wien, 12 in Innsbruck und 24 in Graz). Die Regelung gewährleiste, dass die Studenten keine sinnlosen Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Sie sei übrigens schon immer eine Verfechterin von Lehrpraxen gewesen, da sie es für wichtig halte, dass die zukünftigen niedergelassenen Ärzte Erfahrungen in der Praxis sammeln. Vielleicht ergebe sich dadurch auch eine bessere Zusammenarbeit zwischen niedergelassenen und Spitalsärzten. In diesem Zusammenhang wies Rauch-Kallat darauf hin, dass auch bei der Ausbildung der Turnusärzte etwas getan werden müsse.

"Gesundheit Österreich GmbH": Bündelung der Planungs-, Steuerungs- und Evaluierungsaktivitäten im Gesundheitssektor

Zentraler Inhalt der Regierungsvorlage ist die Schaffung der Rechtsgrundlagen für die Zusammenführung des ÖBIG ("Österreichisches Bundesinstitut für Gesundheitswesen"), des neu einzurichtenden BIQG ("Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen") und des Fonds "Gesundes Österreich" (FGÖ) zur "Gesundheit Österreich GmbH".

Hauptanliegen des Gesetzes ist die im öffentlichen Interesse gelegene Nutzung der fachlich inhaltlichen Synergieeffekte, die sich durch die enge Zusammenarbeit der drei einander ergänzenden Geschäftsbereiche ergibt. Die neu geschaffene Gesellschaft ist somit in der Lage, nicht nur alle wesentlichen Daten zum Gesundheitswesen zu sammeln und wissenschaftlich auszuwerten, sondern kann durch die Geschäftsbereiche BIQG und FGÖ auch gleich auf eventuell sichtbar werdende Disparitäten in seiner Forschungs- und Planungstätigkeit reagieren und die erforderlichen Maßnahmen der Qualitätssicherung und Gesundheitsförderung setzen.

Um eine größtmögliche Akzeptanz der wissenschaftlichen Ergebnisse vor allem im Bereich der Planung der integrierten Versorgung der Patienten und Patientinnen ebenso wie im Bereich der Qualitätssicherung zu gewährleisten, wurde die durch die strengen vergaberechtlichen Vorschriften notwendige alleinige rechtliche Trägerschaft des Bundes durch umfangreiche Mitsprache- und Mitbestimmungsmöglichkeiten insbesondere der Länder und der Sozialversicherung ergänzt.

Abgeordneter Manfred Lackner (S) erinnerte daran, dass die Regierungsvorlage im Vorfeld nicht gerade mit Lob überhäuft wurde. Auch der von den Regierungsparteien eingebrachte Abänderungsantrag sei nicht weitgehend genug, weshalb der den Vorschlag im Namen seiner Fraktion ablehne.

Abgeordneter Erwin Rasinger (V) konnte sich der Kritik von Lackner nicht anschließen. Ein wesentlicher Punkt sei, dass die Institutionen weisungsfrei arbeiten können. Außerdem werden die Länder und die Krankenkassen, die in Hinkunft mehr Vertreter in das ÖBIG entsenden können, aufgewertet.

Im Prinzip sagen alle Experten im Gesundheitswesen, dass eine Stärkung des Bundes und eine Koordinierung auf nationaler Ebene durchaus zu argumentieren sei, erklärte Abgeordneter Kurt Grünewald (G). Der Vorschlag der Regierungsfraktionen sei seiner Meinung nach jedoch "janusköpfig", da er zu wenig ausgereift ist und die angepeilten Ziele auch nicht wirklich umsetze. Eigentümlich sei auch, dass von der zukünftigen Geschäftsführung überhaupt keine Qualifikationen gefordert werden.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) sah keine Veranlassung dafür, warum auch der Fonds für Gesundes Österreich in die neue GesmbH übergeführt werden soll. Damit würden nur die gut funktionierenden Strukturen zerschlagen und der Ministerin ein volles Durchgriffsrecht ermöglicht. Es sei auch ein Unterschied, ob jemand in Zukunft Geschäftsführer oder nur mehr Bereichsleiter ist. Da es keine logischen Gründe für diese Lösung gibt, müssen wohl politische bzw. personelle Beweggründe dahinter stecken, vermutete die G-Rednerin.

Bundesministerin Maria Rauch-Kallat wies darauf hin, dass es im Vorfeld zahlreiche Gespräche mit allen Stellen und Interessenvertretern gegeben hat. Im Gegensatz zur ursprünglichen Struktur des ÖBIG, das unter Bundeskanzler Kreisky konzipiert wurde, sei die jetzige Lösung viel demokratischer, da es in den entscheidenden Bereichen eine Drittelparität zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung gibt. Was den Fonds Gesundes Österreich angeht, so versicherte die Ministerin, dass alles – die Aufgaben, die Befugnisse, die Zusammensetzung des Kuratoriums - gleich bleibe. Natürlich gebe es Synergieeffekte, weil man in Zukunft etwa nur eine Personalverrechnung oder nur eine Buchhaltung brauche, konstatierte sie. Ein Mitarbeiter des Ministeriums teilte noch mit, dass die vorliegende Rechtsform deshalb gewählt werden musste, weil es das Europarecht so vorsieht. Außerdem wurde im Gesetz festgehalten, dass es bezüglich der wissenschaftlichen Tätigkeit kein Weisungsrecht gibt.

Die Vorlage wurde in der Fassung eines V-F-Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen.
     
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