OMV/Verbund: Haider und Ruttenstorfer informieren Abgeordnete über Fusionspläne  

erstellt am
18. 05. 06

Generaldirektoren versprechen: Kein Arbeitsplatz wird abgebaut
Wien (pk) - Im Rahmen einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses unter der Leitung von Obmann Reinhold Mitterlehner informierten Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sowie die Generaldirektoren der OMV und des Verbunds, Wolfgang Ruttenstorfer und Hans Haider, die Abgeordneten über die geplante Fusion ihrer Unternehmen zu einem großen mitteleuropäischen Energiekonzern.

Ein mitteleuropäischer Energie-Champion soll entstehen
Die Überlegungen für eine Zusammenlegung der OMV und des Verbunds als gleichwertige Partner seien von den Generaldirektoren der beiden Unternehmen, Wolfgang Ruttenstorfer und Hans Haider ausgegangen, sagte Bundesminister Martin Bartenstein den Abgeordneten darüber. Als Energieminister und Eigentümervertreter des Verbunds betrachte er diese Zusammenlegung als sinnvoll, weil ein Unternehmen geschaffen werde, das die Chance habe ein "europäischer Champion" zu werden. Das Unternehmen werde die bereits bestehenden und in der Zukunft noch zunehmenden Synergien von Strom und Gas nützen und einen Beitrag zum Klimaschutz sowie zum Verzicht auf die Atomkraft leisten. "Dieses Projekt hat sehr viel Phantasie", zeigte sich der Minister überzeugt.

OMV-Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer teilte den Abgeordneten mit, er habe sich mit Verbund-Generaldirektor Hans Haider in der Idee gefunden, Österreich eine große Lösung für den Energiesektor vorzuschlagen und ein Unternehmen zu schaffen, das auf dem mitteleuropäischen Markt erfolgreich sein könne. Für den Zusammenschluss von OMV und Verbund sprechen für Ruttenstorfer das zunehmende Zusammenwachsen des Gast- und Stromsektors, da der Ausbau der Wasserkraft an seine Grenzen stoße und in neuen Kraftwerken hauptsächlich Gas zum Einsatz komme. Das neue Unternehmen werde die "Produktionskette vom Gasbohrloch bis zur Steckdose integrieren", formulierte Ruttenstorfer anschaulich.

Auf den rasch wachsenden Märkten in Mittel- und Südosteuropa sowie in der Türkei, wo die OMV bereits stark engagiert sei, könne sie gemeinsam mit dem Verbund Projekte umsetzen, die sie allein nicht bewältigen könnte, etwa die Errichtung von Gaskraftwerken entlang der projektierten neuen Pipeline "Nabucco".

Ruttenstorfer wies auch auf globale Veränderungen hin und machte darauf aufmerksam, dass es auch dann, wenn der Ölpreis wieder nachlassen werde, für einen Energiekonzern vorteilhaft sei, alle Ressourcen - Öl, Gas, Strom, erneuerbare Energieträger - in sich zu vereinen.

Die beiden Unternehmen haben etwa gleiche Größe und repräsentieren ein Wertverhältnis von 60 zu 40, führte Ruttenstorfer aus. "Wir wollen ein gemeinsames Unternehmen mit Sitz in Österreich schaffen und ersuchen die Politik um Unterstützung, weil für diese Fusion eine Änderung der Rechtslage erforderlich ist".

Verbund-Generaldirektor Hans Haider bekannte sich seinerseits zu dem gemeinsam mit Wolfgang Ruttenstorfer entwickelten Projekt und ergänzte die bereits genannten Argumente für die Unternehmensfusion mit dem Hinweis auf die Größe des entstehenden neuen Konzerns. Der 14. und der 18. in der Rangliste der europäischen Energiekonzerne werden gemeinsam an der 10. Stelle unter den europäischen Energiekonzernen, also im Mittelfeld stehen. "Wir kommen in eine neue Liga", sagte Haider. Entsprechende Größe sei notwendig, um weiter wachsen und neue Projekt verwirklichen zu können. Es handle sich darum, die OMV vorwärts, den Verbund aber rückwärts zu integrieren und die zunehmende Konvergenz der Geschäftsfelder Gas und Strom nachzuvollziehen. Dieser Trend sei international bereits deutlich erkennbar.

Es entstehe ein österreichischer Konzern, der über die ÖIAG österreichische Interessen absichere und durch eine ordentliche Börsenkapitalisierung ausreichend vor einer Übernahme und Teilübernahmen geschützt sei. Es sei nicht daran gedacht, die Wasserkraftwerke zu verkaufen, sagte Haider, diese stellten Assets der neuen Gesellschaft dar.

OMV und Verbund ergänzten einander auch hinsichtlich ihrer Auslandsengagements. Die OMV sei auf den wachstumsstarken mittelosteuropäischen Märkten präsent, wo sich künftig auch der Verbund engagieren wolle, der Verbund wiederum halte gute Positionen in Italien und Deutschland. "Gemeinsam können wir auf allen Märkten rascher und besser wachsen."

Die Auswirkungen der Fusion für die Österreicher
Abgeordneter Johann Moser (S) sprach von einem vernünftigen Deal für Österreich und wollte von den Generaldirektoren wissen, was die Fusion für dem Standort Österreich, für den Wettbewerb und für die Konsumenten bedeute. Moser erkundigte sich weiters nach den Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und nach der Investitionsstrategie des neuen Unternehmens. Außerdem wollte er sichergestellt sehen, dass die Wasserkraft in österreichischer Hand bleibt. Finanzielle Gewinne für den Bund sollen investiert und nicht zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet werden.

Abgeordneter Karl Heinz Kopf (V) sah gut nachvollziehbare Synergiepotenziale zwischen Strom und Gas, wollte aber wissen, wie Öl und Strom zusammenpassen. Für die Darstellung in der Öffentlichkeit sei es wichtig, die Sorgen der Österreicher um das eigene Wasser zu zerstreuen, weil die Wasserkraftwerke nach der Fusion nicht länger mehrheitlich in öffentlichem Besitz stehen werden. Hinsichtlich der gesetzlichen Voraussetzungen wandte sich Kopf gegen eine "Lex Verbund", man sollte die Frage der 51 %-Beteiligung der öffentlichen Hand nicht anlassbezogen regeln, meinte er.

Abgeordneter Peter Marizzi hielt fest, dass es bei dieser Fusion nicht nur darum gehen könne, dass zwei Generaldirektoren, ein Bundesminister und einige Abgeordnete glücklich werden, sondern Vorteile für die Energiepolitik und die Konsumenten entstehen. Marizzi wollte wissen, wie ein öffentlicher Anteil von 25 % plus einer Aktie am neuen Konzern abgesichert werden könne, und fragte, ob Investitionen in alternative Energien forciert werden. Die Nabucco-Pipeline sah Marizzi durch den Iran-USA-Konflikt gefährdet.
   

Abgeordneter Maximilian Hofmann (F) sah Verbund, OMV und Politik vor der Aufgabe stehen, das Fusionsprojekt, dem er positiv gegenüberstehe, in der Öffentlichkeit vernünftig darzustellen. Den Sorgen der Menschen wegen des Ausverkaufs von Wasserkraft und Wasserreserven gelte es entgegenzutreten, Befürchtungen wegen der marktbeherrschenden Stellung des Konzerns zu zerstreuen und über die Investitionspolitik im Inland zu informieren.

Abgeordneter Werner Kogler (G) erbat weitere Auskünfte über den Schutz des neuen Konzerns vor einer Übernahme und erkundigte sich in diesem Zusammenhang nach der Zukunft des Syndikatsvertrags zwischen der ÖIAG und Abu Dhabi. Die betriebswirtschaftliche Darstellung der Fusion hielt Kogler für plausibel. Es stelle sich aber die Frage nach den öffentlichen Interessen und nach den volkswirtschaftlichen Aspekten. Ist Gas nach der Energiewende eine Alternative, fragte Kogler, der darauf drängte, die höheren Gewinne des neuen Konzerns in den Ausbau erneuerbarer Energieträger fließen zu lassen. Denn er hoffe, dass die beiden Generaldirektoren nicht der Meinung seien, Betriebswirtschaft sei zugleich die beste Volkswirtschaft.

Abgeordneter Hannes Bauer (S) würdigte das Fusionsprojekte als Schritt in Richtung einer Vorwärtsstrategie, durch die viel Kraft zur Expansion freigesetzt werde. Die Österreicher seien vor allem an höherer Versorgungssicherheit, an guten Energiepreisen und an einer ökologischen Energieversorgung interessiert. Bauer fragte nach den Beschäftigungswirkungen der Fusion.

Abgeordneter Georg Oberhaidinger (S) begrüßte die Entstehung eines starken österreichischen Mitbewerbers auf dem europäischen Energiemarkt. Das neue Unternehmen könne in Gaskraftwerke in Rumänien und Bulgarien investieren, und damit der dort bereits sehr aktiven Atomlobby entgegentreten. Dann erkundigte sich Oberhaidinger nach dem Zeitplan für die wettbewerbsrechtliche Genehmigung in Brüssel und die notwendigen gesetzlichen Veränderungen, wobei er wissen wollte, ob eine öffentliche Beteiligung von 25 % plus eine Aktie ausreiche, um einen Abverkauf der Wasserkraftwerke zu verhindern. Die Landesgesellschaften hätten kein Interesse daran, den öffentlichen Anteil von 51 % aufzugeben, fügte der Abgeordnete hinzu.

Abgeordnete Ulrike Baumgartner-Gabitzer (V) interessierte sich für die Gründe der schrittweisen Abwicklung der Fusion und fragte, ob ein allfälliges Ownership Unbundling, wie es in der EU diskutiert werde, die Fusion gefährden könnte.

Generaldirektor Hans Haider antwortete den Abgeordneten indem er sagte, der neue Energiekonzern beabsichtige nicht, Energiepolitik zu machen, diese Aufgabe bleibe zu 100 % bei der Politik. Wie in der Vergangenheit bekenne er sich auch für die Zukunft zu Investitionen in Österreich. In diesem Zusammenhang bat Haider um die Genehmigung der 380-KV-Leitung vom Südburgenland nach Graz, weil diese Investition Engpasskosten ersparen und den Leitungsverlust um den Wert einer halben Jahresproduktion eines Donaukraftwerks reduzieren würde. Haider bekräftigte seine Absicht, Wasserkraftwerke nicht abzugeben, weil sie ein kostbares Gut des neuen Konzerns darstellen werden. Übernahmeangriffen könne man gut entgegentreten, denn mit einem Anteil zwischen 45 und 49 % könne man in der Aktionärsversammlung alles verhindern, was man nicht wolle. Die österreichische Stromlösung wird in einem Schritt vollzogen werden.

Bei der Nutzung der Gewässer sei der Verbund nur zur energetischen Nutzung berechtigt und dazu verpflichtet, das Wasser nach der Nutzung unmittelbar in das Gewässer zurückzuleiten.

Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer bemühte sich, Bedenken wegen des geringer werdenden Wettbewerbs zu zerstreuen. Der Wettbewerb bleibe aufrecht, denn der Verbund habe bisher kein Gas und die OMV keinen Strom verkauft. Auch Ruttenstorfer bekannte sich nachdrücklich zu Investitionen in Österreich und zum Ausbau des Leitungsnetzes. Ein öffentlicher Anteil von 25 % plus einer Aktie habe sich bei der OMV bewährt. Die Fusion eines Öl- und Stromkonzerns habe in Finnland deshalb nicht funktioniert, weil dort das Bindeglied "Gas" gefehlt habe.

Der neue Konzern werde sein Engagement im Bereich der erneuerbaren Energieträger verstärken, das werde aber nicht bedeuten, dass es neben dem Konzern keine Platz für andere, vielfach dezentrale Erzeuger alternativer Energieträger geben werde.

Der Syndikatsvertrag zwischen der ÖIAG und Abu Dhabi könne aus wirtschaftlichen Gründen nicht gekündigt werden, zeigte sich Ruttenstorfer überzeugt und sah die Auswirkungen eines Ownership Unbundling "völlig entspannt". Der Antrag auf Wettbewerbsprüfung wird in Brüssel gemeinsam mit jenem für die österreichische Stromlösung eingebracht. Eine Untersagung sei für ihn nicht vorstellbar, sagte der Generaldirektor, Auflagen könnte es aber geben. Die Umsetzung der Fusionierung in zwei Schritten sie notwendig, weil es Zeit brauchen werde, für Niederösterreich und Wien eine optimale Lösung zu finden.

Bundesminister Martin Bartenstein sah in der Struktur des Aktionärssyndikats einen Schutz vor einer Übernahme des Konzerns und hielt die Kombination von Gas und Strom neben den erneuerbaren Energieträgern für eine ökologisch vernünftige Alternative zur Kernenergie. Die Konsumenten haben von einer Fusion nichts zu befürchten, weil diese auf die Wettbewerbssituation keine Auswirkungen habe. Mögliche Erlöse für den Bund wolle er investieren, bevorzugt in die Forschung, sagte Bartenstein.

Eine "Lex Verbund" betrachtete der Minister kritisch. Es hielt es mit dem Föderalismus für unvereinbar, den Ländern Vorschriften darüber zu machen, was sie mit ihren EVUs tun.

In einer zweiten Frage-Antwortrunde versicherte Verbund-Generaldirektor Hans Haider den Abgeordneten Erika Scharer (S) und Heidemarie Rest-Hinterseer, er denke nicht daran, die Gletscherbahnen abzugeben. Gemeinsam mit Generaldirektor Wolfgang Ruttenstorfer versprach Haider, aus dem Titel der Fusion werde kein einziger Arbeitsplatz abgebaut werden.
     
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