Lösung drängender Probleme in europäischer Energiewirtschaft  

erstellt am
06. 06. 06

Hochrangige Gruppe empfiehlt dringliche Maßnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der europäischen Energiewirtschaft
Brüssel (eu-int) - Die Hochrangige Gruppe (HRG) für Wettbewerbsfähigkeit, Energie und Umwelt hat am 02.06. ihre ersten Bericht vorgelegt. Darin empfiehlt sie konkrete Maßnahmen zur Lösung drängender Probleme wie die Verbesserung und Umsetzung des europäischen Regelungsrahamens für Energie, kostengünstige Energieversorgung energieintensiver Industriezweige, Energieeffizienz, das Funktionieren und die Überarbeitung des EU-Emissionshandelssystems (EU-EHS). Die HRG setzt sich aus hochrangigen Vertretern verschiedener Interessengruppen zusammen und sucht nach Wegen zur besseren Abstimmung von politischen und gesetzgeberischen Initiativen und zur Schaffung eines stabileren, besser vorhersehbaren und wettbewerbsorientierten Regelungsrahmens. (siehe IP/06/244 und IP/06/226). Wie die Kommission in ihrem kürzlich veröffentlichten Grünbuch ausführt, ist dauerhafter Erfolg nur mit einem integrierten Konzept erreichbar, das alle Glieder der Energieversorgungskette erfasst und den drei Zielen Versorgungssicherheit, Umweltschutz und Wettbewerbsfähigkeit angemessen Rechnung trägt. Die Empfehlungen der HRG sind dazu ein Beitrag.

Die wesentlichen Aussagen des ersten Berichts der HRG sind:

1. Funktionieren des EU-Strom- und Gasmarktes
Die HRG fordert den Einsatz des gesamten wettbewerbspolitischen Instrumentariums zur Herstellung von mehr Wettbewerb in der Elektrizitaets-und Gasversorgung. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, die geltenden Rechtsvorschriften konsequenter anzuwenden, insbesondere deren Bestimmungen zur Entflechtung von Unternehmen, und die wettbewerbsverzerrenden regulierten Tarife abzuschaffen. Sie sollten auch die Rolle und die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden stärken. Die Koordinierung der nationalen Übertragungsnetzbetreiber und die Interoperabilität der Gasversorgungsnetze sollten verbessert und die für die Genehmigung von Investitionen erforderliche Zeit sollte verkürzt werden.

2. Akzeptable und vorhersehbare Energiepreise für energieintensive Industriezweige
Die nationalen Behörden sollten die laufenden Initiativen zur gemeinsamen Energieerzeugung, langfristigen Abnahmeverträgen und Partnerschaften prüfen. Die Kommission sollte Leitlinien zur Vereinbarkeit von langfristigen Energieversorgungsverträgen mit dem EU-Wettbewerbsrecht herausgeben.

3. Energieeffizienz und Energieeinsparung
Da die Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz noch längst nicht ausgeschöpft sind, empfiehlt die HRG, eine Liste vorrangiger Maßnahmen zur effizienteren Energienutzung aufzustellen. Nach ihrer Ansicht muss Bewusstsein für die Dringlichkeit von Energieeinsparungen geweckt werden, damit das Sparpotenzial in vollem Umfang genutzt wird. Es ist nötig, Risiken besser zu erkennen und die Amortisationszeiten von Investitionen besser einzuschätzen. Die Aufnahme von Energiedienstleistungen sollte gefördert werden, und für energiebetriebene Produkte sollten sich dynamisch verbessernde Effizienznormen gelten, d.h. solche, die nach dem Stand der Technik laufend verschärft werden. Die HRG empfiehlt auch die konsequente Anwendung der Ökodesign-Richtlinie (etwa Festlegung von Grenzwerten für den Energieverbrauch aller energiebetriebenen Produkte und Weiterentwicklung der Kraft-Wärme-Kopplung und der Fernheiznetze).

4. EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS)
Die HRG hält ein gut funktionierendes EHS für das wichtigste Instrument zur Senkung der Treibhausgasemissionen. Damit die EU über ein kostengünstiges Instrument für den Kampf gegen den Klimawandel verfügt, schlägt die HRG vor, das derzeitige System in drei Stufen zu verbessern. Es sollte danach wirksame Anreize für Investitionen in Technologien mit geringem CO2-Ausstoß schaffen, ohne die im globalen Wettbewerb stehenden energieintensiven Industriezweige spürbar zu benachteiligen, und so attraktiv werden, dass andere bedeutende Verursacherländer sich ihm nach 2012 anschließen.

Damit das EHS noch besser funktioniert, hält die HRG es für dringlich, die geltenden EU-Rechtsvorschriften zur Liberalisierung des Strom- und Gasmarktes konsequent anzuwenden.

In den nächsten Wochen sollten die Zuteilungspläne der Mitgliedstaaten für die Jahre 2008-2012 geprüft werden, damit die Erfahrungen aus dem ersten EHS-Zeitraum optimal genutzt werden können.

Kurzfristig (bis Ende 2006) sollte das EU-EHS deutlichere Signale für Investitionen in Technologien mit geringem CO2-Ausstoß setzen und gleiche Bedingungen für alle Marktteilnehmer schaffen. Es sollte untersucht werden, wie die mit der Überwachung und Meldung der Emissionen verbundene administrative Belastung für Betreiber kleiner Anlagen vermindert werden kann. Damit Markttransparenz gewährleistet ist, muss über die tatsächlichen Emissionen informiert werden. Dafür sollte nach kostengünstigen Lösungen gesucht werden.

Im Zuge der Überarbeitung des EHS sollte nach Ansicht der HRG der größere Kontext der internationalen Maßnahmen gegen den Klimawandel berücksichtigt werden. Die HRG fordert die Ausarbeitung eines internationalen Rahmenkonzepts für die Klimaschutzpolitik nach 2012, um mehr Planungssicherheit und Transparenz zu schaffen. Die HRG empfiehlt ferner, die Diskussion mit den Hauptverursachern zu intensivieren und zu prüfen, wie das EU-EHS mit gleichartigen Systemen anderer Länder verknüpft werden kann.

Ausblick
In ihrer heutigen Sitzung hat die HRG zwei Ad-hoc-Arbeitsgruppen eingesetzt, die untersuchen sollen, was Investitionen in innovative Energietechnik fördert und hemmt, und wie die fernere Zukunft der EU-Energiewirtschaft aussieht.

Die Hochrangige Gruppe wird künftig vor vermehrt strategische Überlegungen zur künftigen Energiepolitik in Europa anstellen. Sie will politische Optionen für eine nachhaltige, wettbewerbsfähige und wenig CO2-emittierende Energiewirtschaft aufzeigen, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft insgesamt verbessert und die Sicherheit der Energieversorgung nach 2010 gewährleistet.
     
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