Khol: Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament verbessern  

erstellt am
06. 06. 06

EU-Abgeordnete: Unterschiedliche Bewertung der Ratspräsidentschaft
Wien (pk) - Nationalratspräsident Andreas Khol traf am 02.06. mit österreichischen Mitgliedern des Europäischen Parlaments zu einem ausführlichen Gedankenaustausch zusammen. Dabei wurde die bisherige Zusammenarbeit der beiden Parlamente zwar positiv bewertet, dennoch stimmte man darin überein, dass diese in Zukunft noch intensiviert werden sollte.

Präsident Khol zog anfangs über die letzten fünf Monate der österreichischen Ratspräsidentschaft eine positive Bilanz. Der Ratsvorsitz sei insgesamt sehr gut gelaufen, sagte er, und auch die Kooperation mit dem Europäischen Parlament sei erfolgreich gewesen. Der Nationalratspräsident erinnerte in diesem Zusammenhang an die beiden gemeinsamen Konferenzen in Brüssel zur Lissabon-Strategie sowie zur Zukunft Europas und merkte an, dass Finnland dieses Modell fortsetzen werde. Auch das Subsidiaritätsprüfungsverfahren, wie es von Kommissionspräsident Barroso angeboten und von der COSAC einstimmig beschlossen worden sei, sehe er auf gutem Wege. Er erwarte, dass auch der Europäische Rat im Juni dies befürworten und in die Schlussfolgerungen aufnehmen werde. Das Prüfungsverfahren werde auch für die nationalen Parlamente einen Verantwortungsdruck bedeuten, die von der Kommission vorgeschlagenen Gesetze besser zu prüfen, meinte Khol.

Abgeordnete Maria Berger (S) stimmte mit dem Nationalratspräsidenten überein, die Zusammenarbeit der beiden Gesetzgebungsinstitutionen in Zukunft verbessern zu müssen. Die Schnittstelle zum nationalen Gesetzgeber sei essenziell, betonte sie. Als großes und wichtiges Thema für die kommenden Monate nannte sie das Abkommen mit den USA betreffend die Datenspeicherung von Flugzeugpassagieren. Berger bewertete die österreichische Ratspräsidentschaft grundsätzlich positiv. Die Verhandlungen über die finanzielle Vorausschau seien erfolgreich abgeschlossen worden, auch wenn ihrer Meinung nach das Geld nicht reichen werde, so ihre kritische Anmerkung. Auch über die Dienstleistungsrichtlinie habe man im Rat Konsens erzielen können, wobei das Europäische Parlament eine entscheidende Vorarbeit geleistet habe. Als besonders erfolgreich lobte Berger die Zusammenarbeit mit dem Justizressort. Das sei die seit langem erfolgreichste Präsidentschaft in diesem Bereich gewesen, stellte sie fest.

Abgeordneter Paul Rübig (V) konzedierte der österreichischen Ratspräsidentschaft eine gute und professionelle Vorgangsweise, wobei wesentliche Materien abgeschlossen werden konnten, beziehungsweise gute Lösungsansätze gefunden wurden. Besonders gut sei der Tranatlantic Legislators' Dialogue angekommen, sagte er. Auch er sprach sich dafür aus, über die Strukturen der Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und den Nationalen Parlamenten sowie über die Öffentlichkeitsarbeit nachzudenken. Rübig beklagte insbesondere das Fehlen eines Europäischen Medienraums.

Anders in seiner Einschätzung der österreichischen Ratspräsidentschaft zeigte sich Abgeordneter Johannes Voggenhuber (G). Das Klima zum Europäischen Parlament habe sich in den letzten fünf Monaten eingetrübt, meinte er. Die Subsidiarität habe sich als Tarnbegriff für Renationalisierung demaskiert. Österreich habe versucht, die Subsidiarität in eine Verfassungsdebatte umzulenken. Was Nationalratspräsident Khol fordere, sei geltendes Recht, meinte Voggenhuber, das österreichischen Bundes-Verfassungsgesetz räume dem Parlament Subsidiaritätsrechte ein, dieses mache davon jedoch keinen Gebrauch. Jedes Parlament verfüge über das Informationsrecht. Er halte es jedenfalls für unangebracht, wenn ein Gesetzgeber dem anderen in den Arm fällt. Er fordere daher, die Verfassungsdebatte zu parlamentarisieren, denn die "Malaise", wie er sich ausdrückte, bestehe darin, dass sich die Regierungen zu Verfassungsgebern machen. Das Demokratiedefizit habe in erster Linie der Rat zu verantworten. Als die wirklichen Themen das Verfassungsdebatte bezeichnete Voggenhuber das Demokratiedefizit und die mangelnde soziale Dimension, dies werde aber von der Ratspräsidentschaft nicht forciert. Wie seine Vorrednerin und sein Vorredner trat Voggenhuber dafür ein, die Zusammenarbeit des Europäischen und des österreichischen Parlaments zu verbessern und öffentlich sichtbar zu machen.

In seiner Replik betonte Nationalratspräsident Andreas Khol, dass alle Parlamente außer Italien für das Subsidiaritätsprüfungsverfahren eingetreten seien, und das müsse zu denken geben. Abgeordnetem Voggenhuber widersprach er heftig und meinte, die nationalen Parlamente dürften sich nicht nur auf die Kontrolle der eigenen Regierung beschränken. Die Parlamente seien der Sitz der Souveränität, Herren der Verträge und Gesetzgeber. Wenn eine Europäische Rechtsvorschrift im Inland umzusetzen sei, so seien die staatlichen Parlamente zuständig und hätten daher auch die Aufgabe, die Vorschläge genauer zu prüfen. Bei der Subsidiarität gehe es nicht um Renationalisierung, unterstrich Khol, sondern um rechtzeitige Information.
     
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