Beschäftigungseffekte von Wohnbau und Wohnhaussanierung  

erstellt am
28. 06. 06

Wien (wifo) - Wohnbau und Wohnhaussanierung gelten in den EU-Ländern als wichtige Wirtschafts- und Beschäftigungsfaktoren. Die von der EU (grundsätzlich schon ab 2007) beschlossene Öffnung der Strukturfonds für den Wohnbau für die neuen Mitgliedsländer sollte unter dem Aspekt der Energieeinsparung Impulse liefern. In Österreich ist nach der ungünstigen Entwicklung der letzten Jahre im Wohnbau eine Trendwende abzusehen, die Forcierung von "Energie-Contracting-Modellen" sowie die Maßnahmen zur Erreichung des Kyoto-Ziels lösen zusätzlich Bauaufträge aus. Neben der Forcierung ökologischer Wohnbauinvestitionen entstehen neue Arbeitplätze im Bereich der "wohnungsbezogenen Dienstleistungen".

Im Rahmen der EU-Präsidentschaft diskutieren zurzeit in Wien die Vertreter der Wohnbauministerien aller Länder der EU 25 sowie von Bulgarien, Rumänien, Kroatien und der Türkei u. a. die Beschäftigungseffekte im Wohnbau und in der Wohnbausanierung vor dem Hintergrund der Lissabon-Ziele und der großen Bedeutung des Wohnbau zur Hebung von Wachstums und Beschäftigung. Daneben wird das informelle Wohnbauministertreffen in Barcelona (in der zweiten Jahreshälfte 2006) vorbereitet, das dem Thema "Wohnungspolitik als Instrument der Stadterneuerung" gewidmet ist.

Das WIFO hat im Rahmen des österreichischen Ratsvorsitzes gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium in einer Befragung in den einzelnen EU-Ländern erhoben, welche Maßnahmen in den einzelnen Ländern gesetzt werden, um die Beschäftigungssituation im Wohnbau zu verbessern.

In den neuen EU-Ländern nimmt die Förderung des Wohnungsneubaus eine zentrale Stellung zur Errichtung von leistbarem Wohnraum ein. Einige Länder fördern die forcierte Renovierung von Plattenbauten (z. B. Ungarn). Neben den positiven Beschäftigungseffekten leisten diese Maßnahmen einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Klimaschutzzieles.

In der EU 15 erhält die Wohnhaussanierung einen immer größeren Stellenwert und wird meist durch steuerliche Anreize unterstützt. In Finnland soll überdies die steuerliche Absetzbarkeit von kleinen Renovierungsarbeiten zusätzliche Beschäftigungseffekte auslösen.

Auch in Deutschland können Privathaushalte Handwerkerrechungen steuerlich absetzen; dies soll Sanierungen forcieren und die Schwarzarbeit zurückdrängen; die Programme zur Verringerung der CO2-Emissionen durch Gebäudesanierung sollen den Energieverbrauch in Wohngebäuden deutlich senken. Im Rahmen des Programms zur Stärkung von Innovation, Investition, Wachstum und Beschäftigung wird die Wohnhaussanierung über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW; zinsgünstige Darlehen) gefördert, und im Zuge der geplanten Föderalismusreform die Länder finanzielle Kompensationszahlungen des Bundes erhalten, die bis 2013 für die "soziale Wohnraumförderung" zweckgebunden sind. Die Eigenheimzulage, die die Bildung von Wohnungseigentum unterstützte, ist mit Ende 2005 ausgelaufen und wurde von einer Vielzahl anderer Programme KfW abgelöst.

In der EU ist die Bauwirtschaft – und zu einem wesentlichen Teil die Wohnungswirtschaft – einer der größten Arbeitgeber. Im Jahr 2005 waren in der EU 25 rund 15,5 Mio. Arbeitskräfte direkt im Bausektor beschäftigt, rund 8% aller Erwerbstätigen. Einschließlich der vor- und nachgelagerten Bereiche dürften rund 45 Mio. Arbeitsplätze von der Bauwirtschaft abhängen. Der Beschäftigungsanteil des Bausektors im engeren Sinn ist in Irland (12,6%) am höchsten vor Spanien (12,4%) und Portugal (10,8%) – diese Länder verzeichneten in den letzten Jahren einen Wohnbauboom. In Österreich liegt der Anteil mit 8,2% etwas über dem EU-Durchschnitt.

In den neuen EU-Ländern ist der Beschäftigungsanteil der Bauwirtschaft mit Ausnahme von Polen und Slowenien durchwegs höher als im Durchschnitt der EU 25 (Zypern 11,6%, Tschechien 9,6%, Slowakei 9,5%) und hat sich in den letzten fünf Jahren verzeichneten (mit Ausnahme von Polen) erhöht.

Wachstum und Beschäftigung entwickeln sich im Wohnbau derzeit in Ost-Mitteleuropa besonders günstig. Die von der EU angestrebte Öffnung der Strukturfonds für den Wohnbau ab 2007 für die 10 neuen Mitgliedsländer wird auch unter dem Aspekt der Energieeinsparung und der Emissionsdämpfung (Kyoto-Ziel) wichtige Beiträge zur Wachstum der Wohnungswirtschaft leisten (Ost-Mitteleuropa 2006 bis 2008 laut Prognose von Euroconstruct +6½% p. a.).

In Österreich steigt die Bauleistung seit Anfang 2006 wieder deutlich, weil verstärkt in Infrastrukturbauten investiert wird, aber auch der beschäftigungsintensive Wohnbau anzieht, nachdem das Überangebot an Wohnungen abgebaut wurde. Zudem ist die Finanzierungssituation günstig (niedrige Zinsen für Wohnbaukredite). Eine erhebliche Bedeutung kommt auch dem gemeinnützigen Wohnsektor zu, er leistet mit durchschnittlich rund 15.000 fertiggestellten Wohneinheiten pro Jahr etwas mehr als ein Drittel des gesamten Volumens (derzeit rund 43.000) bzw. rund zwei Drittel des mehrgeschossigen Wohnbaus. Aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zur Reinvestition der Überschüsse trägt die gemeinnützige Wohnungswirtschaft zur Stabilisierung von Wachstum und Beschäftigung bei.

Die jüngste Ausweitung der Baubeschäftigung geht in Österreich auch auf Maßnahmen im Wohnbau zur Umsetzung des Kyoto-Ziels zurück (Förderung von Niedrigenergie- und Passivhaus- Standard, Energiespar-Contracting-Modelle usw.).

Quelle: WIFO
Autorin: Margarete Czerny
     
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