Wahlkampf: Fainessabkommen  

erstellt am
06. 07. 06

  Lopatka: Wir wollen einen fairen Wahlkampf!
Wien (övp-pd) - Einen Entwurf für ein Fairnessabkommen für den Nationalratswahlkampf im Herbst präsentierte ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka. "Wir wollen einen fairen Wahlkampf, einen Wettstreit der Ideen und Argumente - auch wenn es eine harte Wahlauseinandersetzung sein wird", so Lopatka. Dies würden sich die Österreicherinnen und Österreicher auch zu Recht erwarten.

Entwurf übermittelt
Falsche Wehleidigkeit aufgrund eigener Inkompetenz sei jedoch genauso fehl am Platz wie unlautere Mittel und Methoden. Deshalb habe er auch aufbauend auf die Erfahrungen der letzten Wahlkämpfe allen Parteien einen Entwurf eines Fairnessabkommens übermittelt. Der ÖVP-Generalsekretär gab sich zuversichtlich, dass man bis spätestens Ende Juli zu einem gemeinsamen Übereinkommen gelangen könne, dass ab der Unterzeichnung bis zum Wahltag gültig ist.

Drei Kernpunkte
Der Entwurf des Übereinkommens umfasst drei Kernpunkte:

1. Begrenzung der Kosten und der Zeit der Wahlwerbung
2. einen Codex von Fairness-Geboten
3. die Einrichtung eines Schiedsgerichts zur Überwachung des Übereinkommens

Das Schiedsgericht habe einvernehmlich einen rechtskundigen Vorsitzenden zu finden, im Formate einer Persönlichkeit von Ludwig Adamovich. In dieses Schiedsgericht solle jede Partei gleichberechtigt einen Vertreter entsenden. Der ÖVP-Generalsekretär schlug vor, dass dort mit qualifizierter Drei-Viertel-Mehrheit entschieden werden soll. Einen Vorschlag von Prof. Adamovich aufgreifend empfahl Lopatka, dass das Schiedsgericht bei geringfügigen Verstößen gegen das Übereinkommen eine Beschwerde mit einfacher Mehrheit als unzulässig zurückweisen könne.

Kostenbegrenzung
Bezüglich der Begrenzung der Kosten schlug der ÖVP-Generalsekretär vor, diese auf maximal sieben Millionen Euro je wahlwerbender Partei zu begrenzen. Im Sinne einer sparsamen Wahlwerbung solle auch auf verschiedene Werbemittel verzichtet werden (u.a. gesamtöster- reichische Postwurfsendungen, Luftwerbung, Kinofilme, ganzseitige Inserate). Die klassische Plakatwerbung solle auf 5.000 Großflächenplakatstellen, die Schaltung von Inseraten auf ein Volumen von einer Million Euro begrenzt werden. Im Falle einer Verletzung des Übereinkommens sollten sich die Vertragsparteien verpflichten, den Gegenwert jenes Werbeaufwandes, um den der vereinbarte Aufwand überschritten wurde, an eine karitative Einrichtung zu überweisen. Für die Schätzung der Übertretung könnten fachkundige Gutachter beigezogen werden.

Fairnesscodex
Die Fairness im Wahlkampf betreffend, präsentierte Lopatka einen zehn Punkte umfassenden "Fairnesscodex": Neben der Unterlassung von persönlichen Angriffen diffamierender Art, der Verbreitung von irreführenden Werbemitteln, der Beschädigung und Verunstaltung von Plakaten bzw. Fotos, der Veröffentlichung diffamierender Web-Sites sollen auch Veranstaltungen und Aktionen ungestört durchgeführt werden können. Mittels Neutralitätscodex soll die politische Neutralität öffentlicher Institutionen bestärkt werden. Auch kommerzielle Werbung aus öffentlichen Mitteln von Gebietskörperschaften, in der ein Kandidat mit Namen oder Bild aufscheint, müsse unterlassen werden. Hinsichtlich der Transparenz sollen Meinungsfragen nur unter Angabe des Instituts sowie weiterer wesentlicher Informationen veröffentlich werden.

Keine Umfragen kurz vor der Wahl
Auch könne man sich darauf einigen, bis wenige Wochen vor der Wahl keine Umfragen mehr zu veröffentlichen, so Lopatka. Sollte eine Bestimmung des Abkommens durch Einrichtungen oder Personen verletzt werden, die nicht im Verantwortungsbereich der Vertragsparteien liegen, verpflichten sich jene, sich von dieser Verletzung gemeinsam zu distanzieren und dies zu veröffentlichen.

Gemeinsamer Beitrag zur Fairness
Der ÖVP-Generalsekretär Lopatka gab sich zuversichtlich, "dass dieser Entwurf eine gute Verhandlungsbasis liefert". Er habe den anderen Parteien ein Dutzend Termine für die nächsten Wochen angeboten, damit man in der zweiten Julihälfte zu einem gemeinsamen Fairnessabkommen gelangen könne. Dieses solle selbstverständlich ab dem Tag der Unterzeichnung bis zum Wahltag in Kraft sein. "Damit würden wir gemeinsam einen Beitrag zur Fairness leisten", so Lopatka.

 

Darabos: SPÖ hat größtes Interesse an fairem Wahlkampf
Wien (sk) - Seine grundsätzliche Gesprächsbereitschaft über ein Wahlkampfübereinkommen signalisiert SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos. Die SPÖ habe "größtes Interesse an einem fairen Wahlkampfstil" und habe deshalb bereits vor Monaten die Forderung nach einer sachlichen politischen Auseinandersetzung erhoben. Bei der ÖVP sei aber größte Skepsis angebracht; die Erfahrung zeige: "Die salbungsvollen Worte in schriftlichen Abkommen sind die Theorie; Untergriffe und persönliche Diffamierungen seitens der ÖVP sind die Praxis." Die ÖVP agiere nach dem Motto "Wasser predigen, Schlamm schütten".

Als ersten Schritt in Richtung faire politische Auseinandersetzung fordert Darabos von Lopatka die Entfernung der Schmutzkübelplakate in Niederösterreich, die genau jenen "persönlichen Angriffen diffamierender Art" entsprechen, wie sie Lopatka in seinem Entwurf für ein Abkommen verhindern will. "Solange diese Plakate hängen, ist der ÖVP-Entwurf für ein Wahlkampf- übereinkommen nicht das Papier wert, auf dem er geschrieben steht", so Darabos.

Darabos nennt folgende Voraussetzungen für ein Wahlkampfübereinkommen:

  • Kein Wahlkampfknigge (Handbuch für negative campaigning), wie ihn die ÖVP im steirischen Landtagswahlkampf erstellt hat.
  • Keine Kampfposter aus den ÖVP-Büros, wie sie im burgenländischen Landtagswahlkampf zum Einsatz kamen.
  • Keine gefälschten Briefe, wie sie die ÖVP dem SPÖ-Spitzenkandidaten Hannes Swoboda untergejubelt hat – und dafür auch gerichtlich verurteilt wurde.
  • Keine persönlichen Verunglimpfungen, wie sie die ÖVP im Bundespräsidentschaftswahlkampf gegen Heinz Fischer eingesetzt hat ("Putin von Österreich").
  • Keine Plakatüberklebungen, wie sie seitens der ÖVP im Präsidentschaftswahlkampf erfolgt sind.
  • Keine Schmuddel-Inserate unter verdeckter Urheberschaft, wie sie die ÖVP im Präsidentschaftswahlkampf unter dem Deckmantel "Res Publica" zum Einsatz brachte.
  • Keine absurden Lügenmärchen aus Lopatkas Giftküche (Beispiel: "Haschtrafiken")
  • Kein Sloganklau, wie seitens des Teams für Ferrero-Waldner praktiziert.
  • Keine persönlich untergriffigen Homepages, wie sie die ÖVP im steirischen Landtagswahlkampf mit Diffamierungen als "Faulpelz" gegen Franz Voves eingesetzt hat. 

 

 Scheuch: Umsetzung mehr als fragwürdig
Wien (bzö) - Mehr als fragwürdig ist für Bündnissprecher NAbg. DI Uwe Scheuch die Umsetzung eines von der ÖVP geforderten Fairnessabkommens für die Nationalratswahl. Der Bundespräsidentschaftswahlkampf habe gezeigt, dass sowohl SPÖ als auch ÖVP damals gegen ein solches Abkommen verstoßen hätten. "Dieses Zicken-Hickhack von rot und Schwarz über Ferrero-Küsschen und Manner-Schnitten ist uns noch in Erinnerung. Diesmal sollten wir der Bevölkerung Ähnliches ersparen".

Für das BZÖ sei Fairness in der Wahlauseinandersetzung eine Selbstverständlichkeit. "Die optimale Fairness-Kommission ist der Wähler. Dieser wird gerecht urteilen", so Scheuch abschließend.

 

 Kickl: Große Vorsicht gegenüber ÖVP
Wien (fpd) - Äußerst skeptisch zeigt sich FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl bezüglich der ÖVP-Vorschläge über ein Fairneßabkommen. Die FPÖ werde ohnehin einen fairen Wahlkampf führen, betonte Kickl. Bei den Aussagen der ÖVP sei allerdings große Vorsicht angebracht. Gerade ÖVP-Generalsekretär Lopatka habe sich in der Vergangenheit nicht gerade als zimperlich erwiesen. So lasse etwa das Verhalten der ÖVP gegenüber der FPÖ wie etwa die Nichtauszahlung rechtmäßig zustehender Gelder auch für den Wahlkampf von ÖVP-Seite das Schlimmste befürchten. Als Freiheitlicher könne man sich angesichts der Ereignisse der Vergangenheit des Eindrucks nicht erwehren, daß das Wort Fairneß aus dem Munde Lopatkas einen mehr als zynischen Unterton habe.

 

 Sburny: ÖVP meint Vorschläge offenbar nicht ernst
Wien (grüne) - Als "völlig unglaubwürdig" bezeichnet die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Michaela Sburny, die Vorschläge von ÖVP-Generalsekretär Reinhold Lopatka für ein Wahlkampfübereinkommen. "Lopatka ist die Verkörperung der politischen Klima-Vergiftung in diesem Land. Nachdem er in den letzten Jahren alles getan hat um sich diesen Ruf zu erwerben, schlägt er jetzt ein Fairness-Übereinkommen vor. Zuletzt sind Lopatka und die ÖVP im steirischen Landtagswahlkampf durch Anleitungen zu fingierten Leserbriefen und persönlichen Untergriffen aufgefallen", so Sburny.

"Wenn es der ÖVP wirklich ernst ist, erwarten wir eine klare Distanzierung von diesen Methoden. Die ÖVP wäre gut beraten, wenn sie einen glaubwürdigeren Vertreter als Lopatka für Fairness-Vorschläge in der Politik finden würde", meint Sburny.
 
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