Virtuelle Kunstwelten im Datenspeicher  

erstellt am
20. 07. 06

Revolutionäres Projekt am Zentrum für Bildwissenschaften der Donau-Universität Krems sorgt für Bewahrung "flüchtiger" Medienkunstwerke
Krems (kpr) - Als erste in diesem Feld dokumentiert die Database for Virtual Art des Zentrums für Bildwissenschaften an der Donau-Universität Krems die rasanten Entwicklungen in der zeitgenössischen Medienkunst. Als heute international umfassendstes Archiv digitaler Kunstwerke konnte sie eine Reihe weiterer Projekte inspirieren, zuletzt das neue Ludwig-Boltzmann-Institut "Medien.Kunst.Forschung" in Linz.

Obwohl interaktive Installationen digitaler Kunst in den letzten zwei Dekaden auf Ausstellungen und Kunstfestivals großen Publikumszuspruch erhielten und mehr denn je die Theoriedebatte der Kunst der Gegenwart bestimmen, wurde es lange versäumt, diese zeitgenössische Kunstform auch systematisch zu sammeln. Konzepte für den Schutz und eine sachgerechte Aufbewahrung weltweit ausgestellter digitaler Werke fehlen nahezu vollkommen.

Dieser Herausforderung hat sich das Pionierprojekt virtualart.at gestellt, das vom deutschen Medienkunstgeschichte-Experten Univ.-Prof. Dr. Oliver Grau entwickelt wurde und seit kurzem am Zentrum für Bildwissenschaften der Donau-Universität Krems angesiedelt ist. Zur Teilnahme am innovativen Vorhaben konnten viele der bedeutendsten Künstler der Jetztzeit - wie Jeffrey Shaw, Christa Sommerer oder Paul Sermon - gewonnen werden.

Wissenschaftliche Dokumentation von Prozesshaftigkeit
Kern der Datenbank ist ein auf Open-Source-Technologien basierendes, wissenschaftliches Dokumentationssystem, das auf die spezifischen Erfordernisse der Medienkunst zugeschnitten ist und unter anderem im Louvre und der Universität Stanford vorgestellt werden konnte. Waren traditionelle Kunstkonzepte substanziell an einer Objekthaftigkeit des Werks orientiert und harmonierten weitgehend mit statischen Dokumentationsmodellen, so sind Werke der Gegenwartskunst heute etwa instabil, prozessual, flüchtig, multimedial, interaktiv und kontextabhängig. Sie benötigen aufgrund ihrer fundamentalen Andersartigkeit auch einen modifizierten, einen erweiterten Dokumentationsbegriff. Dem trägt zum einen der neu entwickelte Thesaurus Rechnung, die dezentrale Einpflege der Werke, sowie auch die strategische Erweiterung der Datenbank um eine Video-Option, um die prozessuale Natur der interaktiven Arbeiten optimal wiedergeben zu können.

Primäres Ziel der Datenbank ist es, die sprunghafte Entwicklung auf dem Gebiet der digitalen Kunst und ihrer Untergattungen überschaubar zu machen, um einen Beitrag zum Erhalt dieser Kunst zu leisten. Vor Veröffentlichung der Dokumente müssen Künstler stets ihr Einverständnis geben, sodass im Gegensatz zu vielen anderen Projekten keine rechtlichen Probleme entstehen können.

"Wie vielleicht keine Kunst zuvor unterliegt digitale Kunst der Kurzlebigkeit ihrer Speichermedien und dem permanenten Wandel der Betriebssysteme, sodass Arbeiten, die vor nicht einmal zehn Jahren entstanden sind, in der Regel heute nicht mehr gezeigt werden können. Die Datenbank virtualart.at ist daher bedauernswerterweise immer öfter einziges Zeugnis einer vergehenden Kunst, wenn nicht bald und umfassend Anstrengungen zu ihrem Erhalt unternommen werden", so Datenbank-Initiator Oliver Grau.

Innovative Verschränkung von Forschung, Medien-Dokumentation und Lehre
Von besonderer Bedeutung ist das entstandene digitale Archiv für die Lehre und Forschung am Zentrum für Bildwissenschaften der Donau-Universität Krems. Durch Impulse aus Projekten und dem berufsbegleitenden Master-Lehrgang "MediaArtHistories" kann das Dokumentationstool stetig erweitert und Studierenden, Künstlern und Forschern als wertvolle Ressource zur Verfügung gestellt werden.

Präsentation der Datenbank virtualart.at am 27. August in Wien
Im Rahmen eines Workshops bei der EVA-Konferenz in Wien (Electronic Information, the Visual Arts and Beyond) am 27. August 2006 wird die Datenbank öffentlich präsentiert.

Informationen: http://www.virtualart.at
     
zurück