Archivarische Kostbarkeiten kehren nach Salzburg zurück  

erstellt am
28. 07. 06

Archivalienaustausch zwischen Bayern und Salzburg abgeschlossen
Salzburg (lk) - Archivarische Kostbarkeiten, darunter als Prunkstück die 1,20 mal einem Meter große Landkarte mit der Darstellung des Erzstiftes Salzburg von 1780 von Johann Jakob Fürstaller, der auch den bekannten Globus in der Kleinen Aula der Universität geschaffen hat, kehren nach Salzburg zurück. Daneben werden mehrere Urkunden und Akten zu bedeutenden Salzburger Familien sowie 15 wertvolle historische Landkarten ihren Weg von München nach Salzburg antreten. Im Gegenzug erhalten die Bayern vor allem sieben Laufmeter Akten aus dem 17. und 18. Jahrhundert zur Geschichte Berchtesgadens. Mit der Übergabe der Urkunden und Landkarten ist der vereinbarte Archivalienaustausch zwischen Bayern und Salzburg abgeschlossen. Aus diesem Anlass fand am 27.07. in der Generaldirektion der staatlichen Archive Bayerns in München ein Festakt statt, an dem auch der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Thomas Goppel, und die Salzburger Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller teilnahmen. Bei der Veranstaltung wurde auch der Tagungsband "Vom Salzachkreis zur EuRegio. Bayern und Salzburg im 19. und 20. Jahrhundert.", der vom Leiter des Salzburger Landesarchivs, Hofrat Dr. Fritz Koller, und dem Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayern, Prof. Dr. Hermann Rumschöttel, herausgegeben wurde, präsentiert.

Landeshauptfrau Mag. Gabi Burgstaller betonte, es sei beeindruckend, dass nach mehr als 100 Jahren Bemühungen dieser Archivalienaustausch nun doch in relativ kurzer Zeit abgeschlossen werden konnte und die Urkunden, Landkarten und Dokumente nun dort seien, wo sie hingehören. Dies sei keine Frage des Eigentums, sondern vor allem der Identität, sagte Burgstaller. Denn in den Archiven verberge sich ein Stück Identität und Archive könnten den Menschen deshalb Antworten auf viele Fragen geben. Auch dafür habe dieser Austausch der Archivalien einen wesentlichen Beitrag geleistet. Abschließend versprach die Landeshauptfrau, dass Salzburg die wiedergewonnenen archivarischen Kostbarkeiten mit Würde behandeln und seine Archive den Menschen öffnen werde.

Staatsminister Dr. Thomas Goppel wies darauf hin, dass durch die Säkularisierung und Zentralisierung im 19. Jahrhundert viele Archive auseinander gerissen wurden. Dieser Fehler sei nun zum Teil korrigiert worden, in dem der Austausch die Urkunden wieder dorthin gebracht habe, wo sie hingehören. Dies sei ein wichtiger Schritt, weil es am Ursprungsort der Dokumente die meisten Interessenten und das größte Interesse dafür gebe, so der Staatsminister.

Nach der ersten Etappe des Austausches am 21. März 2003 in der Salzburger Residenz ergänzen die heute übergebenen Archivgüter nun in beiden Archiven sinnvoll vorhandene Bestände und schließen Lücken innerhalb bestehender Serien. Für die Archivbenützer hat dies den Vorteil, dass die einschlägigen Bestände nun im eigenen Land eingesehen werden können. Eine Fortsetzung des Austausches von Originalen ist nicht vorgesehen, da alle Urkunden, Landkarten etc., für die ein Austausch ins Auge gefasst werden könnten, für die Geschichte beider Länder von Interesse sind, so dass ein Transfer keinen Sinn ergäbe. Es wird daher angestrebt, dass diese Dokumente auch in Zukunft in digitalisierter Form der Forschung in Salzburg und Bayern zugänglich gemacht werden.

Hintergrund dieses nunmehr abgeschlossenen Archivalienaustausches, der seit bereits 100 Jahren angestrebt wurde, ist, dass sich nach der Teilung des alten Reichsfürstentums Salzburg auf dem Wiener Kongress 1815, bei der die Landschaften auf dem linken Ufer von Saalach und Salzach zu Bayern kamen, der Großteil des Landes hingegen an Österreich angeschlossen wurde, die Notwendigkeit ergab, Urkunden, Akten und Handschriften entsprechend dem neuen Grenzverlauf zu trennen. Aus diesem Grund nahmen die Bayern bei ihrem Abzug aus der Stadt Salzburg im Jahr 1816 alle Archivgüter mit, die sich auf ihr neues Territorium bezogen. Da sich die einzelnen Dokumente jedoch nur schwer aus geschlossenen Beständen herauslösen ließen, hatten die Bayern teilweise zu viel eingepackt, andererseits blieben aber auch Registraturen zurück, die sich auf heute bayerisches Territorium beziehen.

Bereits ab 1881 diskutierten Vertreter Salzburgs und Bayerns über einen Austausch der für das jeweils andere Land interessanten Dokumente. In den Jahren zwischen 1910 und 1914 stand ein großes Austauschprojekt unmittelbar vor dem Abschluss, das letztendlich aber doch nicht realisiert wurde. Vor rund zehn Jahren wurden die Pläne eines Archivalienaustausches wieder aufgegriffen und schließlich realisiert. Im Jahr 2000 erteilte der damalige Landeshauptmann Dr. Franz Schausberger und der bayerische Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Hans Zehetmair, ihren Archiverwaltungen den Auftrag, das Projekt des Archivalienaustausches in Angriff zu nehmen. Nach einem ersten Austausch am 21. März 2003 in der Salzburger Residenz wurden die Recherchen fortgesetzt. Nach Abschluss dieser Forschungen wurden von den beiden Archivveraltungen Vorschläge für den weiteren Austausch von Dokumenten und Karten gemacht, die schließlich von Staatsminister Goppel und Landeshauptfrau Burgstaller genehmigt wurden.

Vom Salzachkreis zur EuRegio
Zum Abschluss des heutigen Festaktes stellte der Leiter des Salzburger Landesarchivs, Hofrat Dr. Fritz Koller, den Tagungsband "Vor Salzachkreis zur EuRegio. Bayern und Salzburg im 19. und 20. Jahrhundert. Vorträge der wissenschaftlichen Tagung München, 25. und 26. November 2004" (Sonderveröffentlichungen der Staatlichen Archive Bayerns Nr. 4, Schriftenreihe des Salzburger Landesarchivs Nr. 14/ München/Salzburg 2006) vor. Das Buch enthält die erweiterten und aktualisierten Beiträge dieses Symposiums, das von der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns und dem Salzburger Landesarchiv mit Unterstützung des Karl Graf Spreti Sonderfonds der Bayerischen Einigung e. V./Bayerischen Volksstiftung und der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde veranstaltet wurde. Dabei werden politische und wirtschaftliche, geistige und geistliche, mentale und emotionale Verbindungen, die Ähnlichkeiten und Unterschiede seit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert von Experten aus Salzburg und Bayern untersucht.

Der Band enthält folgende Beiträge: Alfred Stefan Weiß: Salzburg als Objekt der Außenpolitik in Wien und München 1789-1816. Fritz Koller: Vom „Kaiser“ bis zum Dachstein – Der bayerische Salzachkreis 1810-1816. Hans Roth: Das bayerische Salzburg. Der Rupertiwinkel – Veränderungen einer Identität 1816-1945-1972. Peter Pfister: Die kirchliche Neuordnung. Das Ende der bayerischen Kirchenprovinz mit dem Metropolitansitz in Salzburg; Johannes Lang: Bayern in Salzburg. Marginalien zur älteren Geschichte der Bayerischen Saalforste; Hermann Rumschöttel: Grenzüberschreitende Weichenstellungen. Die österreichische Kaiserin-Elisabeth-Bahn und die bayerische Tauern-Bahn. Christian Dirninger: Der „kleine Grenzverkehr“. Wechselnde Orientierungen in der Migration von Arbeitskräften und im Kaufkraftabfluss nach 1945. Alfred Scharf: Bayern und Salzburg im Wechsellicht oder Gott erhalte uns unsere Vorurteile. Friederike Zaisberger: Streiflichter auf Salzburg-Aufenthalte von Wittelsbachern im 19. Jahrhundert. Robert Hoffmann: Salzburg und das Vorbild von Bayreuth – Wagnerrezeption in der Mozartstadt. Oskar Dohle: Unruhige Grenze – Unruhige Nachbarn. Salzburg und Bayern 1918-1938 vor dem Hintergrund des Aufstiegs der NSDAP. Ernst Hanisch: Der Reichsgau Salzburg im Hintergrund der „Führerresidenz“ Obersalzberg. Manfred Seifert: Volkskultur und Brauch in Salzburg und Bayern.
     
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