Wiener Arbeitsmarktprojekt für anerkannte Flüchtlinge  

erstellt am
26. 07. 06

Perspektive bietet anerkannten Flüchtlingen Chancen auf dem Arbeitsmarkt
Wien (rk) - Im Jahr 2005 wurden in Österreich 4.528 Menschen nach dem Asylgesetz als Flüchtlinge anerkannt. Die Anerkennung als Flüchtling erlaubt rein rechtlich ungehinderten Zugang zum Arbeitsmarkt, in der Regel warten allerdings große Hürden auf dem Weg zu einem vernünftigen Arbeitsplatz. Mit dem Projekt PERSPEKTIVE erhalten im Jahr 2006 rund 300 anerkannte Flüchtlinge eine fundierte Begleitung, damit sie sich nachhaltig am Wiener Arbeitsmarkt etablieren können. "Es ist geradezu prototypisch, dass AkademikerInnen als Reinigungskraft oder an der Kassa beschäftigt sind. Auch Fachkräfte werden nicht ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt und bezahlt. Dies kann zu dramatischen psychischen und physischen Belastungen führen. Wer hingegen seinen Fähigkeiten entsprechend eingesetzt wird, ist eine Bereicherung für jedes Unternehmen und die Gesellschaft - und das ist gut für uns alle", erklärte die Wiener Integrationsstadträtin Sonja Wehsely am Mittwoch im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Elisabeth Eder vom Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen und Monika Nigl vom Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (waff).

Erstmals finanziert der Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (waff) ein Weiterbildungsgeld für anerkannte Flüchtlinge in der Höhe von 500 Euro pro Person. Gekoppelt wird diese Förderung an eine umfassende berufliche Beratung und Begleitung durch das Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen. Neben fundierten sozialarbeiterischen, rechtlichen und interkulturellen Kenntnissen setzen die MitarbeiterInnen von PERSPEKTIVE neben Deutsch auch ihre Sprachkenntnisse in Russisch, Persisch und Englisch bei ihrer Arbeit ein.

PERSPEKTIVE läuft seit Mitte Februar und ist vorerst bis 31. Dezember 2006 befristet. Das Projekt PERSPEKTIVE wird aus Mitteln der Magistratsabteilung 17 (Integrations- und Diversitätsangelegenheiten) und des Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds gefördert und durch den Europäischen Flüchtlingsfonds kofinanziert.

Wann ist jemand ein anerkannter Flüchtling?
Die Genfer Flüchtlingskonvention hält fest, dass eine Person als Flüchtling anzusehen ist, die "aus der wohlbegründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder die sich als staatenlose infolge solcher Ereignisse außerhalb dieses Landes befindet, in welchem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will."

"Asyl erhalten Menschen in Österreich auf Grund internationaler Verpflichtungen. Die Anerkennung als Flüchtling ist nicht das Ergebnis politischer Großzügigkeit", unterstrich Wehsely. Klar sei aber auch, dass Menschen, die das Asylrecht missbrauchen wollen, um die gesetzlichen Regelungen zur Zuwanderung zu umgehen, rasch in ihr Heimatland zurückkehren müssten. Scharfe Kritik übte Wehsely an der Dauer der Asylverfahren in Österreich. "Die Dauer der Asylverfahren ist unzumutbar. Die Bundesregierung ist daher gefordert, endlich einen Asylgerichtshof in Österreich einzuführen und damit eine deutliche Beschleunigung der Verfahren zu ermöglichen."

Zugang zum Arbeitsmarkt nach der Anerkennung als Flüchtling
Die Auswirkungen einer Flucht auf das Berufsleben sind vielfältig und einschneidend. In vielen Fällen war bereits im Heimatland die Berufsausübung schon längere Zeit nicht mehr möglich. Je nach Dauer des Asylverfahrens waren die Betroffenen in Österreich kürzer oder länger vom Erwerbsleben ausgeschlossen. "Anerkannten Flüchtlingen fehlt häufig das Wissen um die 'Spielregeln' am österreichischen Arbeitsmarkt. Es fehlt an grundlegenden Informationen über Berufsfelder und -bilder sowie über Weiterbildungsmöglichkeiten. Darüber hinaus haben anerkannte Flüchtlinge anfangs wenig Überblick über die österreichische Arbeitsmarktsituation und deren Entwicklung", so PERSPEKTIVE- Projektleiterin Eder.

Monika Nigl, waff-Bereichsleiterin: "Diese Menschen brauchen ein direkt auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Angebot. Individuelle Beratung und auch eine entsprechende finanzielle Förderung für berufliche Weiterbildung, wie im Projekt vorgesehen, tragen wesentlich dazu bei, diesen in einer besonders schwierigen Lebenssituation befindlichen Menschen neue Lebens- und damit Jobperspektiven aufzuzeigen." Nigl wies weiters darauf hin, dass sich sämtliche Beratungs- und Förderangebote des waff für berufliche Weiterbildung an bildungsbenachteiligte Personen richten. Weiter: "Berufliche Weiterbildung ist eine wesentliche Basis, um im Job weiterzukommen bzw. den Arbeitsplatz abzusichern. Im Sinne des 'Diversitätsgedankens' sind daher alle Beratungs- und Förderangebote des waff zur beruflichen Weiterbildung für MigrantInnen nicht nur offen, sondern auch leicht zugänglich."

Informationen: http://www.migrant.at/
     
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