Wahlkampf / Frauenpolitik  

erstellt am
01. 09. 06

 Prammer kritisiert absoluten Stillstand in den letzten sechs Jahren
Dohnal: Brauchen wieder Frauenpolitik - Maßnahmen im Bereich Bildung und Infrastruktur "dringendst erforderlich"
Wien (sk) - "Im Bereich Frauenpolitik sind die Themen Bildung und Erwerbstätigkeit für die SPÖ zentral", betonte SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende und Zweite Nationalratspräsidentin Barbara Prammer am 31.09. im Rahmen der Diskussionsveranstaltung des Renner-Instituts "Welche Frauenpolitik braucht Österreich". Prammer kritisierte "den absoluten Stillstand in diesem Bereich in den letzten sechs Jahren" und sprach sich für einen Berufsfrauenförderfonds von 100 Millionen Euro, die Überführung von Kinderbetreuungseinrichtungen in Kinderbildungseinrichtungen, die Umsetzung des SPÖ-Modells "Kindergeld Plus", ein verschränktes Modell der Ganztagsschule und mehr Investitionen im Bereich Bildung aus. Johanna Dohnal, SPÖ-Frauenministerin a.D., bekräftigte, dass "Österreich überhaupt wieder eine Frauenpolitik braucht", massive Maßnahmen im Bereich Bildung und Infrastruktur "sind dringendst erforderlich".

Prammer: Pflege und Kinderbetreuung ist und muss machbar und leistbar sein
Zum Thema Pflege gebe es sowohl von der SPÖ, als auch von den SPÖ-Frauen konkrete Ansätze, so Prammer. Die SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende kritisierte, dass bei Fragen, die gesellschaftliche Arbeit und vor allem Frauen betreffen - wie die Pflege älterer Menschen oder die Kinderbetreuung - sofort das Argument komme, alles sei unfinanzierbar und nicht machbar - "das ist Unsinn". Für Prammer "ist und muss dies machbar sein". Nach Berechnungen würden bei der Kinderbetreuung 9 von 10 Euro der Ausgaben wieder zurück in die Staatskasse fließen, laut einer Studie der Wirtschaftsuniversität Wien wäre dieser Betrag sogar noch höher. "Es ist also eine Frage der Prioritätensetzung und eine Frage der Bereitschaft, entsprechende politische Maßnahmen zu setzen - das betrifft die Kinderbetreuung genauso wie die Pflege", bekräftigte die SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende.

Kritik an Regierung Schüssel
Als "größte Ungeheuerlichkeit" der letzten sechs Jahre Regierung Schüssel bezeichnete Prammer, dass es drei Mal zu massivsten Verschlechterungen bei den Pensionen, vor allem für Frauen, gekommen sei und den Betroffenen "Sand in die Augen gestreut wird und gesagt wird, Frauen wären die großen Gewinnerinnen". Die SPÖ habe schon 2003 "ein wirklich faires und gerechtes Pensionsmodell präsentiert". Weiters kritisierte Prammer, dass seit dem Jahr 1999 keine einzige Interventionsstelle zusätzlich zu den vorhandenen geschaffen wurde. Damals habe man in zwei Jahren zehn Stellen geschaffen, "dabei ist es geblieben", bedauerte die SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende.

Zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie sprach sich Prammer für eine Arbeitszeitautonomie für Frauen mit kleinen Kindern aus. "Dieses Modell wurde nicht in Österreich erfunden, in Schweden gibt es bereits eine solche Regelung", und die SPÖ habe schon mehrmals einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht. Die SPÖ-Bundesfrauen- vorsitzende ist überzeugt, dass durch eine gesetzliche Bestimmung die Arbeitszeitautonomie, die wie das Urlaubsrecht darauf basiere, dass das Unternehmen nur mit Begründung ablehnen könne, funktionieren würde. Frauen könnten ihre Arbeitszeit dadurch freier gestalten und würden nicht in diesem Ausmaß reduzieren.

Um erfolgreiche Frauenpolitik betreiben zu können "braucht es gesetzliche Maßnahmen um Rahmenbedingungen zu schaffen, finanzielle Fördermittel und innovative Ideen", erklärte Prammer abschließend.

Dohnal: Frauenpolitik für Gleichstellung und Anti-Diskriminierung
Auf die Frage "Welche Frauenpolitik braucht Österreich" antwortete Dohnal, dass Österreich überhaupt wieder eine Frauenpolitik brauche. Frauenpolitik müsse wieder sichtbar werden, damit alle Frauen ein selbstbestimmtes Leben verwirklichen können. "Österreich braucht eine Frauenpolitik, die für Gleichstellung und Anti-Diskriminierung eintritt und mit einer klaren Abgrenzung zur Familienpolitik stattfindet". Gewalt an Frauen und Kindern müsse umfassend diskreditiert werden, als das was sie ist - als Menschenrechtsverletzung. "Die Frauenpolitik, die wir brauchen, sollte ab sofort beginnen, mit massiven Maßnahmen im Bildungsbereich". Auch infrastrukturelle Maßnahmen hält die ehemalige SPÖ-Frauenministerin für "dringendst erforderlich". Die Benachteiligung von Frauen, vor allem am Land, sei durch Schaffung von Arbeitsplätzen sowie Kinder- und Altenbetreuung sofort anzugehen.

Dohnal kritisierte, dass zur Zeit der großen Koalition mit der ÖVP "jede Phase, in der sich die SPÖ für Frauen und Gleichstellung eingesetzt hat, konterkariert wurde - jeder kleinste Fortschritt war sofort wieder zu Nichte gemacht". Der Grund dafür sei, dass "die Konservativen nie etwas anderes wollten als Hausfrauen, Gebärerinnen, billige Arbeitskräfte und Männer- Alten- und Krankenbetreuerinnen - nur trauen sie sich das heute nicht mehr sagen". Es sei auch kein Zufall, dass es jahrzehntelang nicht möglich war, die gemeinsame Schule und die Ganztagsschule durchzusetzen. Dohnal zeigte sich zuversichtlich, dass die SPÖ nach der Wahl durch den Wegfall der Zwei-Drittel-Mehrheit die Chance haben wird, "diese Punkte zu verwirklichen".

 

 Rauch-Kallat: Frauenpolitik ist mehr als Schlechtreden und Kopieren
SPÖ-Wahlprogramm fordert Maßnahmen, die die ÖVP bereits verwirklicht hat
Wien (övp-pd) - "Gelebte Frauenpolitik ist mehr als das Schlechtreden wirklicher Leistungen für Österreichs Frauen", sagte Frauenministerin Maria Rauch-Kallat am 01.09. in Reaktion auf die Vorwürfe der SPÖ-Bundesfrauenvorsitzenden Barbara Prammer. "Die Frauenpolitik der Regierung Schüssel zu kritisieren, sie aber deckungsgleich im SPÖ-Wahlprogramm zu kopieren, zeugt einmal mehr vom Zick-Zack-Kurs der SPÖ. Wenn Prammer 100 Millionen Euro für Frauen fordert, dann hat sie wohl übersehen, dass diese Forderung bereits umgesetzt ist! Das Beschäftigungspaket mit einem Gesamtvolumen von 285 Millionen Euro hat 100 Millionen Euro davon für die Förderung von Frauen vorgesehen. 2006 können damit 22.000 Frauen zusätzlich qualifiziert und beschäftigt werden."

Was die Interventionsstellen gegen Gewalt betreffe, sei Barbara Prammer schlecht informiert. Denn gerade in ihrem Heimatbundesland Oberösterreich wurden in den letzten Jahren insgesamt vier Regionalstellen eingerichtet. Auch in Niederösterreich, Salzburg und Tirol entstanden einige neue Regionalstellen. "Offensichtlich hat Prammer keinen Kontakt zur Frauenbasis - nicht einmal in ihrem eigenen Heimatbundesland", so Rauch-Kallat.

"Auch die Vermischung von Frauen- und Familienpolitik, die die SPÖ der ÖVP in immer gleichen Stehsätzen vorwirft, dürfte sie in der Zwischenzeit selbst praktizieren. Denn in der Aussendung der SPÖ steht zwar Frauenpolitik drauf, es ist aber fast nur Familienpolitik drin. Das deutet darauf hin, dass nun auch die SPÖ- Frauen offensichtlich erkannt haben, dass Frauen- und Familienpolitik für viele Frauen eng verknüpft sind. Ein wichtiger Lernprozess war scheinbar erfolgreich."

Das decke sich auch mit aktuellen Umfragen der Tageszeitung "Österreich", die zeigen, dass österreichische Frauen die Leistungen der Bundesregierung, insbesondere das Kinderbetreuungsgeld, sehr positiv bewerten. Fast drei Viertel der Befragten finden es gut, dank des Kinderbetreuungsgeldes mehr Zeit für ihre Kinder zu haben.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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