Herausforderung China und Indien als Chance für den Standort  

erstellt am
30. 08. 06

IV-Präsident Sorger und IV-GS Beyrer beim Forum Alpbach - Aufgaben für neue Legislaturperiode
Alpbach (pdi) - „China und Indien sind Symbole für die wirtschaftlichen Herausforderungen und Chancen für Österreich und Europa. Geben wir die richtigen Antworten - vor allem Flexibilität, Entbürokratisierung sowie Investitionen in Forschung, Entwicklung und Infrastruktur, bis hin zu einer Steuer- und Abgabenentlastung, stehen die Chancen gut, dass Österreich mehr profitiert als verliert“, betont der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Dr. Veit Sorger, anlässlich einer Pressekonferenz gemeinsam mit IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer im Rahmen der Alpbacher Wirtschaftsaftsgespräche. Bei dem diesjährigen Thema „Die Weltwirtschaft im Umbruch. China und Indien als Herausforderung für Europa“ soll es darum gehen, die Herausforderungen, die auf Europa und im Speziellen auf Österreich aufgrund der aufstrebenden Wirtschaftsmächte in Fernost zukommen, auszumachen und Antwortstrategien für die Zukunft zu finden.

Für die österreichische Industrie sind die spürbaren Auswirkungen dieser Herausforderung noch in beschränktem Rahmen: Was Direktinvestitionen in China betrifft, hinkt Österreich beispielsweise noch deutlich nach: Kaum 1 Prozent unserer gesamten Auslandsinvestitionen oder etwa 500 Mio. Euro befinden sich in China einschließlich Hongkong. Allerdings haben sich die Außenhandelsbeziehungen zwischen Österreich und China seit dem Jahre 2000 deutlich belebt. Dabei haben die Importe aus China rascher zugenommen als die österreichischen Exporte nach China, sodass sich in den letzten Jahren das Außenhandelsdefizit gegenüber China deutlich ausgeweitet hat. Eine spürbare Auswirkung des Wachstums in China und Indien auf österreichische Unternehmen ist beispielsweise die kräftige Nachfragesteigerung nach Rohstoffen und Energie im zweistelligen Bereich und die damit verbundenen teilweise dramatischen Preiserhöhungen.

Die wirtschaftliche Öffnung China und Indiens hat den Druck auf die Löhne wenig qualifizierter Arbeitskräfte erhöht. Gleichzeitig entstehen aber neue Arbeitsplätze in der Produktion anspruchsvoller Konsum- und Investitionsgüter sowie Vorprodukten, aber auch in bestimmten Dienstleistungsbereichen. „Klar ist in diesem Zusammenhang: Die Globalisierungsspirale hat ihre Drehzahl sprungartig erhöht, Veränderungen finden rascher statt als früher und wirtschaftliche Entwicklungen werden unberechenbarer. Dass dadurch bei vielen Menschen Unsicherheiten entstehen ist verständlich,“ so IV-Präsident Sorger.

Durch die richtigen Maßnahmen zum richtigen Zeitpunkt hat der Wirtschaftsstandort Österreich die Möglichkeit, nicht nur auf diese Veränderungen zu reagieren, sondern von ihnen zu profitieren. Für die europäische, aber auch österreichische Ebene heißt das unter anderem: Es müssen globale und durchsetzbare rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden - z.B. im Zusammenhang mit Produktpiraterie - eine leichte Beendigung von Arbeitsverhältnissen umgesetzt, eine Senkung der Lohnnebenkosten vorgenommen, die Bürokratiekosten abgebaut und verstärkte Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in eine moderne Infrastruktur getätigt und ermöglicht werden.

Aufgaben für die nächste Legislaturperiode - Staats- und Verwaltungsreform, Lockerung des Kündigungsschutzes, weitere Steuer- und Abgabenreform, Arbeitszeitflexibilisierung
„Im Detail sind aus Sicht der Industrie eine Reihe von Veränderungen nötig um auf den verstärkten Eintritt der beiden Giganten in die Weltwirtschaft zu reagieren“, leitet Generalsekretär Beyrer sein Statement ein. „Österreich braucht endlich eine umfassende Staats- & Verwaltungsreform, bzw. eine Gemeindereform. Das heißt unter anderem: Eine Verfassungsreform auf Basis des Berichtes des Vorsitzenden des Österreich-Konvents Franz Fiedler - mit einer modernen, dem österreichischen Binnenmarkt förderlichen Kompetenzlage,“ erklärt Beyrer weiter.

Zusätzlich fordert Beyrer unter anderem

  • die konsequente Umsetzung des Standard Cost Models zur Verminderung von Bürokratieanforderungen in Unternehmen bis zu 2 Mrd. € nach niederländischem Vorbild,
  • die Reform des Haushaltsrechts, die zusammen mit einer konsequenten Aufgabenreform eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes von mindestens 1,5 Mrd. € bringt sowie
  • eine Flexibilisierung beim Personalmanagement.


„Zur Entrümpelung unseres Rechtsrahmens gehört auch der Abbau von Investitionshürden, beispielsweise durch Milderungen im UVP-Gesetz oder im Immissionsschutzgesetz Luft,“ so der IV-Generalsekretär. „Wir sind ebenfalls ganz klar der Meinung von AMS-Vorstand Buchinger, dass punkto Lockerung des Kündigungsschutzes im Bereich (wiedereinsteigende) Ältere, Lehrlinge und Menschen mit Behinderung etwas getan werden muss. Bei letzteren ist das Netz gegen ungerechtfertigte Entlassungen - nicht zuletzt durch das Behindertengleichstellungsgesetz - mittlerweile eng genug gewebt.“

Um Österreich für die Zukunft fit zu machen, muss auch der Weg der Steuer- und Abgabenentlastung weiter gegangen werden. Denn die Steuer- und Abgabenquote in Österreich ist trotz eines positiven Trends immer noch zu hoch, insbesondere für Leistungsträger und den betrieblichen Mittelstand. Genauer heißt das aus Sicht der Industrie:

  • Eine Entlastung des Mittelstandes durch eine Senkung des Einkommenssteuertarifs bis 2008, insbesondere durch eine Reduktion des Spitzensteuersatzes auf 45% - mittelfristig auf 40% - und einer Valorisierung der Einkommensgrenze.
  • Eine Entlastung des betrieblichen Mittelstandes und der österreichischen Familienunternehmen durch steuerliche Erleichterungen bei Unternehmensübertragungen bzw. Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer nach dem Vorbild Schwedens.
  • Senkung der Arbeitszusatzkosten durch Nutzung vorhandener Einsparungspotenziale (WBF, AUVA, IESG, FLAF).


Auch bei einem weiteren Steuerthema ist die Botschaft der IV klar - IV-Generalsekretär Beyrer: „Österreich verträgt keine neuen Ökosteuer-Abenteuer für Österreichs energieintensivere Unternehmen, die zu den energieeffizientesten der Welt zählen und mehr als 170.000 Menschen direkt beschäftigen und mehr als 2,5 Mrd. € jährlich investieren, können keine weiteren Belastungen mehr verkraften. Eine allfällige „Ökologisierung des Steuersystems“ muss für energieintensive Unternehmen belastungsneutral gestaltet werden.“

Die Flexibilisierung der Arbeitszeiten bleibt für die Industrie auf der Tagesordnung, nicht zuletzt weil es Thema Nummer 1 in den Industrieunternehmen ist. Österreich braucht die gesetzliche Regelung für die Flexibilisierung der Arbeitszeit nach dem Modell 10-12-60-2. Der Erfolg aus diesen Flexibilisierungsmaßnahmen soll beiden Seiten - Arbeitnehmern und Arbeitgebern - zugute kommen.

Dazu Präsident Sorger: „Wir Österreicher arbeiten fleißig und motiviert. Wir arbeiten je nach Berechnung weniger oder etwas mehr als der EU-Durchschnitt. Alleine über Maßnahmen bei den Lohnkosten werden wir mit Fernost nicht konkurrieren können. Aber: Wir können flexibler sein. In Wirklichkeit, wissen auch die Arbeitnehmer, dass sie um eine diesbezügliche Lösung nicht herum kommen - wir müssen endlich Ergebnisse sehen.“

„Maßnahmen nur in einem Gebiet werden nicht ausreichen. Veränderungen werden in all den hier angesprochenen Bereichen geschehen müssen und sind Voraussetzung für ein Weitergehen auf dem Weg des Erfolges Österreichs. Wenn wir diese Antworten geben, werden wir unsere Chancen massiv erhöhen und aus den Herausforderungen mit China und Indien Nutzen für uns alle ziehen,“ betont IV-Präsident Sorger.

An guter standortpolitischer Ausgangsbasis Österreichs nichts ändern
Einen Appell richtete der Präsident der Industriellenvereinigung an die wahlkämpfenden politischen Parteien: „An der guten standortpolitischen Ausgangsbasis Österreichs darf nichts geändert werden. Wir warnen nachdrücklich davor, wirtschafts- und standortpolitische Rahmenbedingungen, die vor kurzem eingeführt wurden, wieder zu verändern.“ Konkret nannte Sorger die attraktive Höhe der Körperschaftssteuer, das moderne System der Gruppenbesteuerung oder die Errungenschaften der Forschungsförderungen sowie die Rahmenbedingungen für Stiftungen.

 
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