Investitionsnachfrage verstärkt heimischen Aufschwung  

erstellt am
11. 09. 06

Wien (wifo) - Nachdem der Aufschwung in Österreich zu Jahresbeginn etwas an Dynamik verloren hatte, beschleunigte sich die Expansion im II. Quartal wieder. Um Saison- und Arbeitstagseffekte bereinigt stieg das BIP im II. Quartal gegenüber der Vorperiode real um 0,9% (I. Quartal +0,6%). Im Vorjahresvergleich betrug das Wachstum 3,2% (I. Quartal +3,1%). Die Expansion der Weltwirtschaft beschränkt sich nicht mehr auf einzelne Regionen, sondern hat mittlerweile alle bedeutenden Wirtschaftsräume erfasst.

Im II. Quartal 2006 übertraf das Wirtschaftswachstum gegenüber dem Vorjahr im Euro-Raum jenes in den USA. Während sich die Expansion in den USA verlangsamte, gewann die Konjunktur im Euro-Raum neuerlich an Schwung. Asiens Wirtschaft wächst weiterhin kräftig, und auch in Japan setzte sich die vor kurzem begonnene Erholung fort.

Die rege Entwicklung der Weltwirtschaft stimuliert im Euro-Raum zunehmend die Binnen- nachfrage. Dies gilt auch für die österreichische Wirtschaft: Waren die Wachstumsimpulse zu Jahresbeginn noch primär aus dem Ausland gekommen, so zog im II. Quartal die Investitions- nachfrage erheblich an. Das im Vorjahr noch schleppende Wachstum der Bruttoanlage- investitionen beschleunigte sich stetig und entsprach im II. Quartal mit real +2,2% gegenüber der Vorperiode beinahe dem der Warenexporte (+2,8%). Nahezu alle wichtigen Komponenten der Investitionsnachfrage belebten sich deutlich. Die Investitionen in Maschinen- und Elektrogeräte wuchsen gegenüber dem I. Quartal um 1,5%, jene in Fahrzeuge um 3,8%. Vorerst unverändert blieb die Entwicklung des Konsums der privaten Haushalte (I. und II. Quartal jeweils real +0,4% gegenüber der Vorperiode). Nachdem der öffentliche Konsum im I. Quartal, begünstigt durch Österreichs Vorsitz im Europäischen Rat, um 0,5% gesteigert worden war, legte er im II. Quartal nur mehr wenig zu (+0,2%).

Die Außenwirtschaft liefert nach wie vor erhebliche Konjunkturimpulse. Das Wachstum des Güterexports beschleunigte sich gegenüber dem I. Quartal (real +2,1%) weiter auf real +2,8%. Die Einfuhr von Gütern belebte sich mit dem Anspringen der Investitionsnachfrage ebenfalls, sie expandierte jedoch schwächer als der Güterexport.

Am kräftigsten nahm die Wertschöpfung der Sachgüterproduktion zu (II. Quartal real +1,5% gegenüber dem Vorquartal, I. Quartal +1,9%). Ein Zuwachs ergab sich auch für das Kredit- und Versicherungswesen und das Realitätenwesen (+0,6%) sowie für die Bauwirtschaft (+0,6%). Ein Rückgang der Wertschöpfung war in keinem Wirtschaftsbereich zu beobachten, in der öffentlichen Verwaltung war eine Stagnation zu verzeichnen.

Das WIFO hat erstmals Wachstumsbeiträge der einzelnen Nachfragekomponenten zum BIP berechnet. Demnach trug im II. Quartal der Konsum +0,3 Prozentpunkte zum gesamtwirt- schaftlichen Wachstum von 0,9% bei. Die Investitionen lieferten mit +0,4 Prozentpunkten einen deutlich höheren Beitrag als im I. Quartal. Mit +1,3 Prozentpunkten war der Export der Wachstumsmotor, während die Einfuhr die Entwicklung mit –1,1 Prozentpunkten dämpfte.

Die Inflation bleibt trotz der Zunahme der Kapazitätsauslastung und der Treibstoffverteuerung gering. Nach nationaler Berechnungsmethode stieg der Verbraucherpreisindex im Juli um 1,5%. Österreich gehört damit weiterhin abermals zu den preisstabilsten Ländern im Euro-Raum.

Der Arbeitsmarkt reagiert üblicherweise mit einiger Verzögerung auf Änderungen des Konjunkturverlaufs. Seit einigen Monaten sind Besserungstendenzen zu verzeichnen. Im August wurde die Beschäftigung neuerlich deutlich ausgeweitet (+1,9% gegenüber dem Vorjahr, saisonbereinigt +0,2% gegenüber dem Vormonat). Die Arbeitslosigkeit war rückläufig (–18.500 gegenüber dem Vorjahr, saisonbereinigt –2.200 gegenüber dem Vormonat); nach wie vor begünstigte die Steigerung der Schulungsaktivitäten den Rückgang.

Quelle: WIFO
Autor: Markus Scheiblecker
 
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