Bildung: Kann Uni-Politik vom Ausland lernen?  

erstellt am
07. 09. 06

Studie zeigt Wege aus der Uni-Krise
Was die heimische Universitätspolitik vom Ausland lernen könnte
Wien (ögpp) - Weshalb schneiden Österreichs Universitäten in internationalen Vergleichen so schwach ab und was machen andere Länder in der Hochschulpolitik anders als Österreich? Antworten auf diese Fragen gibt eine neue Bildungsstudie der "Österreichischen Gesellschaft für Politikberatung und Politikentwicklung" (ÖGPP). Die Untersuchung zeigt anhand zahlreicher Beispiele auf, was die heimischen Universitäten und die heimische Hochschulpolitik von anderen lernen könnten. Und das ist kurzgefasst: mehr Geld, mehr internationale Vernetzung, keine oder wenn dann sozial gestaffelte Studiengebühren sowie bessere Aufnahmeverfahren für Studienbewerber.

In Österreich hat sich in den letzten Jahren die Situation an den Hochschulen dramatisch verändert: 2001 kam es zur Einführung von Studiengebühren, 2002 wurden die Universitäten in die Vollrechtsfähigkeit entlassen, verbunden mit neuen Organisationsformen, aber auch Einschränkungen der Hochschuldemokratie. Zugleich wurden immer größere bauliche und organisatorische Mängel vieler Universitäten sichtbar. Im Sommer 2005 kam es schließlich zu ersten Zugangsbeschränkungen.

Wie Österreichs Universitäten aus der Krise kommen könnten, das zeigt die Studie zum Teil sehr eindeutig auf:

Geld spielt eine entscheidende Rolle
Geld spielt für den Erfolg von Universitäten eine entscheidende Rolle. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung hinken in Österreich und Europa deutlich hinter jenen der USA oder Japans her. Die öffentliche Sparpolitik konterkariert vielerorts auch bildungspolitische Ziele. Die Schweiz aber hat beispielsweise mit 2,65 % des BIP eine deutlich über dem europäischen Schnitt liegende Forschungsquote. Und private Mittel, welche die dortigen Universitäten erwirtschaften, werden vom Staat nicht zum Anlass genommen, seine Mittel zu kürzen. Deshalb verfügt beispielsweise die Technische Hochschule in Zürich über ein 4 mal so hohes Jahresbudget wie die etwa gleich große Technische Universität in Wien.

Forcierung von Forschung auf internationaler Ebene
Für den Erfolg einer Universität unerlässlich ist auch die Forcierung von Forschung und Entwicklung - und zwar auch auf internationaler Ebene. Lehre allein ist zu wenig. Eines der wesentlichsten Ziele der heimischen Hochschulpolitik muss daher die internationale Vernetzung und Forschungszusammenarbeit der Universitäten sein, denn alle erfolgreichen Universitäten der Welt sind erstens sehr forschungsintensiv und zweitens in internationalen Netzwerken eingebunden.

Wenn Studiengebühren, dann sozial verträglich
Untersucht wurde auch die in Österreich heiß diskutierte Frage der Studiengebühren. In etwa der Hälfte der europäischen Staaten existieren Studiengebühren, zumeist verbunden mit einem System von Stipendien, Förderungen oder (rückzahlbaren) Darlehen, die einkommensschwächeren StudentInnen Studium und Lebensunterhalt ermöglichen sollen. Vorbildlich zeigen sich die skandinavischen Länder, wo keine Studiengebühren eingehoben, aber großzügige Stipendien und Förderungen für mehrere Jahre gewährt werden. Aber auch wenn Studiengebühren verlangt werden, so gäbe es sozial verträglichere Systeme wie etwa das australische "Higher Education Contribution Scheme": dort sind Studiengebühren erst nach erfolgtem Studienabschluss und erst beim Erreichen eines bestimmten Einkommens zu bezahlen. Solche Systeme tragen dazu bei, den Hochschulzugang auch für sozial schwächere Bevölkerungsgruppen offen zu halten.

Bessere Aufnahmeverfahren für Studienbewerber
Vielerorts steht der freie Hochschulzugang zur Diskussion. Zulassungsbeschränkungen lösen allerdings die Nöte der Universitäten nicht. Jedenfalls problematisch zeigen sich Zulassungsbeschränkungen, die nur auf Schulabschlussnoten basieren. Als nachahmenswert zeigen sich entweder "Assessment Center", bei der Studienbewerber praxisbezogene Aufgaben erhalten und über mehrere Tage hindurch bewertet werden. Oder Studieneingangsphasen beziehungsweise "Orientierungssemester", an die sich eine Eignungsprüfung schließt (wie etwa in Frankreich). Zweckmäßig sind jedenfalls Aufnahmeverfahren, die auch sozial ausgleichend wirken, vor allem wenn bestehende Bildungssysteme dazu neigen, soziale Ungleichheiten zu reproduzieren.

Die ÖGPP will mit der vorliegenden Untersuchung einen sachorientierten Beitrag zur heimischen Bildungsdiskussion leisten. Bereits im Juni 2005 ist eine ähnliche Untersuchung erschienen, die sich mit dem Vorschulbereich bis zur gymnasialen Oberstufe befasst. Die Untersuchung ist kostenlos auf der Internet-Seite der ÖGPP unter http://www.politikberatung.or.at downloadbar.

 

 Brinek: ÖVP hat für Weiterentwicklung der Universitäten gesorgt
Studie zeigt, dass die Politik der Regierung in die richtige Richtung weist
Wien (övp-pk) - "Die Studie zeigt, dass die Politik der Bundesregierung in die richtige und zukunftsweisende Richtung gearbeitet hat", betonte ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude Brinek zur von der ÖGPP präsentierten Studie zur Universitätspolitik. Die ÖVP habe zahlreiche Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Universitäten in Österreich gesetzt und für die Weiterentwicklung gesorgt, so Brinek weiter.

Die wichtigsten Maßnahmen und Initiativen der letzten Legislaturperiode der ÖVP im Überblick, wobei die Sicherstellung der Finanzierung eine entscheidende Rolle spielt: Bildungsministerin Elisabeth Gehrer hat bereits heute für die Jahre von 2007 bis 2009 vorgesorgt. Den Unis stehen in diesem Zeitraum eine Milliarde Euro zusätzlich zum Globalbudget zur Verfügung. 500 Millionen Euro sind allein für Modernisierung und bauliche Neuerungen reserviert.

Auch im Bereich Forschung werden zahlreiche Initiativen den Erfolgsweg der ÖVP weiterführen: "So haben wir den Grundstein für das Exzellenz-Institut IST-A gelegt. Die Opposition hingegen hat dagegen gestimmt", betonte die ÖVP-Wissenschaftssprecherin. Es gehe hier um Spitzenforschung auf internationaler Ebene, auch in Kooperation mit dem neu zu schaffenden European Institute of Technology. "Wir stellen dafür in den nächsten Jahren 572 Millionen Euro zur Verfügung." Auch der Anteil der internationalen Studierenden an Österreichs Unis liege derzeit bei rund 18 Prozent - das sei ein internationaler ein Spitzenwert. Die gute Arbeit sehe man schwarz auf weiß: So sei Österreich bei den Investitionen in Forschung in den letzten Jahren unter die TOP 5 Europas aufgestiegen. "Außerdem haben wir uns am laufenden sechsten EU- Rahmenforschungsprogramm aktiv beteiligt."

Die ÖVP lebe eine sozial verträgliche Bildungspolitik. "Wir wollen soziale, nicht sozialistische Verhältnisse in Österreich. Sozial gerecht ist, wenn diejenigen, die es sich leisten können, einen moderaten Beitrag zahlen und diejenigen, die eine Unterstützung benötigen, eine Studienförderung erhalten", betonte Brinek weiter. So erhalten in Österreich 48.300 Studierende, die aus sozial schwächeren Familien kommen, eine Studienförderung. "Das ist jeder fünfte Studierende an einer Universität und jeder dritte an einer Fachhochschule. Die Rekordzahlen bei den Erstsemestrigen zeigen, in Österreich ist mit den Studienförderungen dafür gesorgt, dass jeder, der studieren will und die notwendigen Voraussetzungen mitbringt, auch studieren kann", betonte Brinek. All diese Weichenstellungen tragen ihre Früchte nicht binnen eines Jahres, aber die Erfolge bestätigen die richtigen Weichstellungen. Außerdem bestätigt die Studie die Sinnhaftigkeit von Studiengebühren im internationalen Vergleich (siehe Seite 15 der Studie): In den entwickelten außereuropäischen Staaten werden durchwegs Studiengebühren eingehoben. Brinek abschließend: "Die Studienbeiträge kommen 1:1 den Universitäten zugute - mit 125 Millionen Euro jährlich - das ist gelebte Bildungspolitik."

 

 Broukal: Unter Gehrer haben Universitäten und Studierende gelernt, bescheiden zu sein
Auch zweiter Hälfte der Wartenden im Medizinstudium muss rasch geholfen werden
Wien (sk) - "Es ist bezeichnend für die gescheiterte Hochschulpolitik von Ministerin Gehrer, wenn sich die Universitäten darüber freuen, dass Wartelisten ein wenig verkürzt werden", so SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal am 06.09. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst zur heutigen Aussendung der Medizin-Uni Wien. "Die SPÖ fordert nach wie vor, dass alle Studierenden an den Medizin-Unis ihr Studium rasch fortsetzen können."

"Es ist der gesetzliche Anspruch der Studierenden und die Aufgabe der Universitäten und des Ministeriums, ausreichend Plätze zur Verfügung zu stellen", erklärte Broukal, der abschließend fragte: "In was für eine Lage hat Gehrer die Universitäten und Studierenden gebracht, dass man sich schon darüber freut, dass die Situation ein klein bisschen weniger schlimm ist?"

 

 Van der Bellen: Bildungsnotstand muss Konsequenzen haben
Wien (grüne) - „Der Bildungsnotstand und das Kaputtsparen von Schulen und Universitäten durch Kanzler Schüssel und Bildungsministerin Gehrer kann nicht ohne Konsequenzen bleiben. Die Sondersitzung des Nationalrates ist eine Gelegenheit, dem Tiefschlaf der Regierung in der Bildungspolitik ein Ende zu bereiten. Die Ignoranz vor allem der Bildungsministerin gegenüber den Problemen von SchülerInnen, Eltern, Studierenden und Lehrenden ist mittlerweile unerträglich“, begrüßt der Bundessprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, in einer ersten Reaktion das von der SPÖ eingebrachte Verlangen auf eine Nationalratssondersitzung. „Es ist erfreulich, dass die SPÖ wenigstens in Sachen Bildung die Brisanz und Dringlichkeit des Themas erkennt und von ihren parlamentarischen Möglichkeiten Gebrauch macht. Beim Thema Pflegenotstand hat die SPÖ die Betroffenen noch im Regen stehen gelassen, indem sie nicht bereit war, dem Vorschlag der Grünen, auch hier eine Sondersitzung einzuberufen, nachzukommen“, so Van der Bellen.
 

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vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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