Zukunftsfrage "Pflege"  

erstellt am
07. 09. 06

 Bures: Bartenstein-Entwurf ist eine "wahre Katastrophe"
Legale Betreuung würde 4.000 bis 5.000 Euro monatlich kosten
Wien (sk) - Der von Minister Bartenstein vorgelegte Entwurf für eine Pflege-Verordnung verschärfe die Probleme zusätzlich und sei eine "wahre Katastrophe", sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures am 06.09. in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit SPÖ-Frauen- und Gleichbehandlungssprecherin Gabriele Heinisch-Hosek. Damit werde legale Betreuung erst recht nur für die möglich, die es sich leisten können, denn die monatlichen Kosten würden bei 4.000 bis 5.000 Euro liegen. "Ich möchte den Bundeskanzler schon fragen, wie er sich das vorstellt, dass eine Pensionistin mit wenigen hundert Euro im Monat sich das leisten soll", sagte Bures.

"Viele Menschen mache es betroffen, wie Wolfgang Schüssel mit dem Pflegenotstand umgeht", sagte Bures. Die ÖVP habe den Zugang, dass Pflege keine öffentliche Aufgabe sei. "Wir sind der Ansicht, Pflege ist ein Grundrecht", so Bures. "Diese Regierung hat hier bloß eine Scheinlegalisierungs-Lösung geschaffen, mit der keine Probleme gelöst, sondern neue geschaffen werden", so Bures. Mit der Abschaffung der Beschäftigungsbewilligung für ausländische Arbeitskräfte im Pflegebereich würde der Arbeitsmarkt de facto wesentlich früher als geplant - geplant war 2011 - geöffnet.

Beim SPÖ-Modell "Betreuung daheim" ist das nicht so: Das regelmäßige Ansuchen um Beschäftigungsbewilligung bleibt wie gehabt bestehen, die Frauen, die dem neu geschaffenen Berufsbild nachgehen, sind sozial und arbeitsrechtlich abgesichert, Pflege ist leistbar und finanzierbar. Bures hofft, dass es bei der Nationalratssitzung am 21. September noch zu einer guten Lösung kommt, die diese "Schnapsidee" verhindert. Mit dem SPÖ-Modell "Pflege daheim" werde ein eigenes Berufsbild geschafften. Arbeitszeit, Entlohnung und sozialrechtliche Absicherung müssen festgelegt werden, eine eigene Ausbildung, Supervision und Kollektivvertrag gehören zu dem Berufsbild "Betreuung daheim". All das regelt die Regierung nicht - "ein Pfusch, wie schon der Dienstleistungsscheck" sagte Bures.

Mit der Bartestein-Verordnung wird für die Menschen im Pflegebereich die Beschäftigungsbewilligungspflicht abgeschafft. Nach EU-Recht steht ihnen der österreichische Arbeitsmarkt nach 12 Monaten völlig offen - sie können legal jeder beliebigen Beschäftigung nachgehen. "Nach EU-Recht kann eine solche einmal gegebene Verordnung auch nicht rückgängig gemacht werden - der Arbeitsmarkt bleibt offen", betonte Bures. "Die Folge ist, der Lohndruck steigt, aber die Probleme im Pflegebereich werden in keiner Weise gelöst." Diese Legalisierung sei daher "ein fataler Fehler".

 

 Bartenstein: Wir nehmen den Menschen die Angst
SPÖ macht den Menschen Angst
Wien (övp-pd) - "Mit der Verordnung zur Legalisierung der Pflegekräfte nehmen wir den betroffenen Familien die Angst vor Bestrafung. Diese Verordnung ist die Antwort auf das brennendste Problem in der Pflegedebatte", sagte Arbeitsminister Martin Bartenstein am 06.09. zur SPÖ. Während wir den Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen und den Pflegekräften die Angst nehmen, betreibe die SPÖ Angstmache und wolle offenbar weiter die Kriminalisierung von tausenden Familien. Die SPÖ habe mit ihren Aussagen jedenfalls bewiesen, dass sie keine Lösungen anbieten könne.

Die Verordnung sei so gestaltet, dass eine Öffnung des Arbeitsmarktes verhindert werde, so Bartenstein weiter. Die Ausnahme gelte nur bei Tätigkeiten in Privathaushalten, in denen Personen mit Pflegegeldbezug ab der Stufe 1 leben. Damit werde eine Zulassung unqualifizierter Haushaltshilfen - wie von Gärtnern oder Reinigungskräften - vermieden. Bartenstein: "Wir wollen Pflegekräfte legalisieren, nicht die Putzfrau". Für die legalisierten Pflegekräfte würde auch nicht - wie von der SPÖ behauptet - der Arbeitsmarkt frühzeitig geöffnet. Voraussetzung dafür wäre eine Zulassung zum regulären Arbeitsmarkt für einen ununterbrochenen Zeitraum von einem Jahr. Eine Ausnahme konkreter Tätigkeiten wie Betreuung und Pflege vom Ausländerbeschäftigungsgesetz, wie dies die Verordnung vorsieht, sei aber keine Zulassung zum regulären Arbeitsmarkt. Eine derartige Regelung begründe daher auch gemäß dem Übergangsregime zur EU- Erweiterung nicht den Erwerb der Freizügigkeit für den gesamten Arbeitsmarkt. In den bisherigen Sozialpartnergesprächen habe breiter Konsens über eine Regelung zur Legalisierung der Betroffenen bestanden und auch darüber, Rechtssicherheit im Bereich des Ausländerbeschäftigungsrechts zu schaffen. Das sei mit der Verordnung gewährleistet, so Bartenstein weiter.

Darüber hinaus gehe es auf Sozialpartnerebene um die Erarbeitung einer großen Lösung, wie dies zuletzt auch ÖGB- Präsident Hundstorfer vorgeschlagen habe. Die vom ÖGB vorgeschlagene und bis ins nächste Jahr wirksame "Vorausamnestie" sei ein unkonventioneller Vorschlag und eine Diskussionsbasis. Dieser Vorschlag sei auch in den Sozialpartnergesprächen erörtert worden und zu begrüßen. Der Vorschlag würde aber eine ganze Reihe von Rechtsbereichen wie Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht, Arbeitszeitrecht und andere mehr betreffen, so Bartenstein abschließend.

 

 Hofer: Warnen vor Schnellschüssen im Pflegebereich
Pflegezeiten durch Angehörige sollen pensionsbegründend berücksichtigt werden
Wien (fpd) - Die FPÖ warnt im Rahmen der laufenden Pflegedebatte vor "Schnellschüssen durch Berufspolitiker." FPÖ-Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer: "Eine große Zahl von politischen Aussagen ist von erschreckender Unkenntnis der Materie gekennzeichnet. Als Betroffener, der selbst Pflegling war, traue ich mir das zu sagen.

Und auch der jüngste Vorstoß von Minister Bartenstein geht am Problem vorbei. Denn durch eine Legalisierung im Bereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ist die Misere nicht zu lösen. Ich weise darauf hin, daß die arbeitsrechtlichen Bestimmungen auf die Hauskrankenpflege keine Rücksicht nehmen. Ein 24-Stunden-Pflegedienst ist durch ein von der Pflegestufe abhängiges Maß an Bereitschaftszeiten gekennzeichnet. Auch darauf muß eingegangen werden."

Die FPÖ schlägt vor, einen kompetenten Arbeitskreis einzurichten, der bis Jahresende einer neuen Bundesregierung einen tauglichen Vorschlag für eine nachhaltige Lösung des Pflegeproblems auf den Tisch legen soll.

In diesem Arbeitskreis sollen neben Exponenten des Sozialministeriums, des Gesundheitsministeriums, des Arbeitsministeriums und der Ärztekammer auch Vertreter des AMS und Experten aus dem Bildungsministerium vertreten sein, um eine Ausbildungsoffensive für den diplomierten Sektor und eine Umschulungsoffensive im Pflegehelferbereich zu starten.

Weiters sollen, so Hofer, auch Personalvertreter aus dem Pflegesektor sowie die Patientenanwaltschaft und die Seniorenorganisationen im Arbeitskreis eingebunden sein.

Norbert Hofer: "Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, die wir diesem Arbeitskreis zur Diskussion vorschlagen möchten. So etwa die Einrichtung von Kompetenzzentren für pflegende Angehörige oder die Anerkennung von Pflegzeiten durch Angehörige als Pensionszeiten. Wichtig ist auch eine automatische Indexanpassung beim Pflegegeld, um eine schleichende Entwertung zu verhindern."

Für Pflegeheime schlägt die FPÖ zwei getrennte Tagsätze vor. Eine Komponente soll eine Wohnkomponente sein, die Ausstattung, Qualität und Service berücksichtigt. Die zweite Komponente ist die Pflegekomponente, die sich an der Einstufung im Rahmen des Pflegegeldes orientiert."

Hofer: "In diesem Zusammenhang lehne ich eine staatliche Förderung privater Pflegeversicherungen ab. Der Staat hat seine Mittel so einzusetzen, daß jeder Österreicher unabhängig von seinem Einkommen im Rahmen seiner Pflegestufe die notwendige Betreuung erhält. Das ist ein Grundbedürfnis und muß durch das Pflegegeld abgesichert sein. Wer sich durch eine Privatversicherung ein besonders schönes Einzelzimmer und eine besondere Menüauswahl sicherstellen kann, der soll das tun. Auf die Pflege selbst darf das jedoch keinen Einfluß haben. Wir wollen keine Zweiklassenmedizin im öffentlichen Gesundheitswesen."

 

 Grünewald: Palliativmedizin und Hospizbetreuung ausbauen
Wien (grüne) - Als "positiv" beurteilt der Gesundheitssprecher der Grünen, Kurt Grünewald, die Ausarbeitung eines Formulars zur Errichtung einer PatientInnenverfügung. Damit sei ein wichtiges Hilfsmittel für die Errichtung einer derartigen Verfügung geschaffen worden. Grünewald weist aber auch auf Schwachpunkte der Patientenverfügung hin:

So ist es zwar möglich, dass PatientInnenanwaltschaften die gesetzlich vorgeschriebene Rechtsberatung kostenlos anbieten, diese sind aber auszubauen. „Wenn es die PatientInnenanwaltschaften aus personellen Gründen nicht schaffen, diese Beratungsleistung anzubieten, sind die Menschen auf kostenpflichtige notarielle Rechtsberatung angewiesen“, kritisiert Grünewald. Weiters ist das notwendige Ausmaß der ärztlichen Beratung noch völlig ungeklärt. „Das Recht auf Selbstbestimmung darf nicht an finanziellen Hürden scheitern“, stellt Grünewald fest.

Der Gesundheitssprecher erinnert in diesem Zusammenhang auch an den auf Initiative der Grünen im Nationalrat verabschiedeten Vier-Parteien-Antrag, der die Einrichtung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Palliativ Care in der stationären geriatrischen Pflege fordert. „Ich hoffe, dass es bald Palliativmedizin und Hospizbetreuung in den Pflegeheimen gibt, wo derzeit die meisten Menschen in Österreich sterben. Hospizbetreuung darf nicht den Wohlhabenden vorbehalten bleiben, sondern muss allen ÖsterreicherInnen unabhängig ihres Einkommens zur Verfügung stehen“, so Grünewald.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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