Plassnik: "Lust am Gestalten neu erfahren"  

erstellt am
05. 09. 06

Außenministerin bei der alljährlichen Botschafterkonferenz in Wien
Wien (bmaa) - "Wir haben hart für einen erfolgreichen EU-Vorsitz gearbeitet. Der Vorsitz war Teamarbeit, und mein Dank gilt allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Außenministeriums für ihren großen persönlichen Einsatz. Nach dem Schreckensjahr 2005 hat sich die Stimmung in der EU merkbar verbessert. Wir haben die Lust am Gestalten neu erfahren. Wir können - ohne Überheblichkeit oder Selbstgefälligkeit - zu Recht stolz auf das Erreichte sein", erklärte Außenministerin Plassnik bei der diesjährigen Konferenz der österreichischen Botschafter in Wien.

Perfekte Vorbereitung, aber vor allem die optimale Vernetzung waren die Erfolgsrezepte des österreichischen EU-Vorsitzes. "Spektakuläre Einzelinitiativen und Eintagsfliegen zu machen, kann jeder. Es ist eine viel anspruchsvollere und schwierigere Arbeit, alle 24 Partner in der Union - etwa bei der Verfassungsdebatte oder bei außenpolitischen Fragen - an Bord zu bringen. Auch unsere Zusammenarbeit mit den EU-Institutionen, allen voran mit dem Europäische Parlament, war in ihrem Ausmaß beispielgebend. Österreich hat sich damit viel Vertrauen und Anerkennung erarbeitet. Das ist ein großes Kapital, das es jetzt im Interesse Österreichs und Europas zu nützen gilt", sagte die Außenministerin.

Als Beispiele für dieses Vertrauenskapital nannte die Außenministerin etwa die schwierigen Verhandlungen zur Eröffnung des ersten Verhandlungskapitels mit der Türkei, die sowohl in Ankara als auch in Nikosia positive Aufnahme fanden. "Letztes Jahr, am 3. Oktober, stand es 24 zu 1 in der Frage der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei. In der Zwischenzeit hat ein Bewusstseinsschub stattgefunden. Das von uns in die Debatte eingebrachte Kriterium der Aufnahmefähigkeit der EU ist heute Bestandteil des europäischen Mainstreams. Wir werden diesen vernünftigen Kurs mit Bodenhaftung und Augenmaß fortsetzen", so Plassnik.

Auch in den Beziehungen zum Balkan hat der österreichische Vorsitz trotz schwieriger Voraussetzungen die europäische Perspektive für die gesamte Region bekräftigt und konkrete Fortschritte in den Bereichen Sicherheit, Bildung, Justiz und wirtschaftliche Zusammenarbeit erzielt. Dasselbe gelte auch für den Dialog der Kulturen und Religionen, wo Österreich seiner Brückenfunktion gerecht wurde und seine lang erprobten Kontakte mit der muslimischen Welt einsetzen konnte.

Die Außenministerin hob hervor, dass die europäische Außenpolitik auch Ausdruck der europäischen Grundwerte ist. "Europa hat mit viel Mühen den Weg des Dialogs, des Ausgleichs und der Verhandlungen gelernt. Das ist der Kern unseres Wertemodells, das wir in die Welt hinaustragen müssen", sagte Plassnik. Dies gelte beispielsweise auch für die EU-Politik im Nahen Osten. "Unsere Linie zur Hamas ist klar. Denn: wer reif ist für Demokratie, muss auch reif sein für den Gewaltverzicht. Wir werden daher alle Bemühungen in Richtung einer Regierung der nationalen Einheit in den palästinensischen Gebieten unterstützen. Auch der Libanon-Einsatz muss von einem politischen Prozess begleitet werden. Es gilt, die moderaten Kräfte in der Region zu stärken und die Extremisten so weit wie möglich abzudrängen", so die Außenministerin.
 
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