Finanzminister präsentiert Steuerreform  

erstellt am
12. 09. 06

Eckpunkte einer künftigen Steuerreform 2008/2009 - Teil 1
Wien (bmf) - Bundesminister Karl-Heinz Grasser und Staatssekretär Finz luden zu einer Pressekonferenz am 11.09. ins Bundesministerium für Finanzen. Unter dem Titel "Reformüberlegungen" wurden die wichtigsten Eckpunkte für eine Steuerreforrm 2008/2009 präsentiert. So stellen die Stärkung der Wirtschaft, der Kaufkraft und des Kapitalmarktes sowie die Schaffung von klaren Strukturen die vier Grundpfeiler einer zukünftigen Steuerreform dar.

Vier Grundpfeiler
• Stärkung der Wirtschaft
Gesundes Wirtschaftsunternehmen Österreich.
• Stärkung der Kaufkraft
Mehr Geld zum Leben.
• Stärkung des Kapitalmarktes
Mehr Geld für Investitionen am österreichischen Kapitalmarkt.
• Schaffung von klaren Strukturen
Klare Systeme und einfache Strukturen.


Derzeitige Einkommensbesteuerung
• 7 Einkunftsarten
• Problembereiche
Abgrenzungsprobleme
Gesetzesaufbau kompliziert
Erfordernis enorm umfangreicher Auslegungsrichtlinien

Neue Einkommensbesteuerung
Vereinfachung - Best-Practise
4 Einkünfte-Modell statt 7 Einkünfte
1. Betriebliche Einkünfte
2. Arbeitseinkünfte
3. Vermietungseinkünfte
4. Kapitaleinkünfte

Spürbare ESt-Satzsenkung
Entlastung der Nichtselbständigen Einkünfte
• Aufrechterhaltung des progressiven Durchschnittsteuertarifs
• Weitere deutliche Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen
• Anhebung der Steuerfreigrenze (auch zur Glättung des Tarifverlaufs) Stärkung der Kaufkraft

Abschaffung von Abgaben
• Abschaffung der Rechtsgeschäftsgebühren
   - Derzeitiges Aufkommen ca. 350 Mio. Euro
   - Absolut einzigartig in Europa
   - Verteuert
   - Wohnungsmieten,
   - Kreditaufnahmen und
   - Leasing
• Abschaffung der Werbeabgabe
   - Derzeitiges Aufkommen ca. 100 Mio. Euro
   - Schädigt die Werbebranche und damit den Wirtschaftsstandort Österreich

• Abschaffung Gesellschaftsteuer
   - Aufkommen 2005 ca. 80 Mio. Euro
   - Führt zu Umgehungsmodellen
   - Benachteiligt die Eigenkapitalfinanzierung

• Erbschafts-/Schenkungssteuer
   - Derzeitiges Aufkommen ca. 140 Mio. Euro
   - Beibehaltung der Stiftungsbesteuerung

Neues Kapitalertragsteuerkonzept
• Probleme:
   - Unterschiedliche und komplizierte Besteuerung von Produkten des Kapitalmarktes
• Lösung:
   Neues vereinfachtes Konzept einheitlicher Satz über alle Produkte
   Stärkung des Kapitalmarktes

Fortsetzung der Betrugsbekämpfung
• Problem:
   - Karussellbetrug im Umsatzsteuerbereich
• Lösungen:
   - Reverse Charge in weiteren Branchenbereichen
- Grundlegende Überarbeitung des Finanzstrafrechts
    Faire Bedingungen für die Wirtschaft

Absetzbarkeit Spenden
• Problem:
   - derzeit Spenden nur eingeschränkt absetzbar
• Lösung:
   Absetzbarkeit ausweiten für
   - soziale, humanitäre, ökologische Zwecke und Entwicklungszusammenarbeit
    soziales Engagement soll gefördert werden

Reformüberlegungen
Kernmaßnahmen:
• Neue Einkommensbesteuerung
• Deutliche Einkommensteuersatz-Senkung
• Abschaffung von Abgaben
• Neue Kapitalertragsbesteuerung
• Weitere Betrugsbekämpfung

 

 Matznetter: Grasser gesteht, dass große Sparpakete nach der Wahl erfolgen werden
Nur Larifari-Angaben zur Finanzierung des Nulldefizits und der Steuerentlastungen
Wien (sk) - "Heute hat Finanzminister Grasser ein offenes und ehrliches Geständnis darüber abgelegt, dass nach der Wahl weitere Sparpakete folgen werden", merkte SPÖ-Budget- und Finanzsprecher Christoph Matznetter am 11.09. nach der Grasser'schen Veranstaltung an. Grasser habe zumindest einen Konsolidierungsbedarf von 4 Milliarden Euro für ein Nulldefizit im Jahr 2008 zugegeben, so Matznetter. "Die Rechnung geht sich so nicht aus. Daher gehen wir von sieben bis acht Milliarden Euro Volumen für weitere Sparpakete aus", so Matznetter. Denn es fehle nicht nur im Jahr 2007 das Geld, sondern auch im Jahr 2008. "Ohne mächtige Sparpakete geht das nicht", sagte der SPÖ-Politiker.

Von Grasser seien heute auch nur "Larifari"-Angaben zu hören gewesen, wie er das Nulldefizit und die anschließend geplanten Entlastungen finanzieren möchte. So bezieht sich Grasser vor allem auf eine Reform des Haushaltsrechts. "Eine transparentere Darstellung der Buchhaltung der öffentlichen Finanzen heißt noch lange nicht, dass dermaßen viel Geld eingespart werden kann", sagte Matznetter. "Und wenn Grasser von harten Budgetverhandlungen mit seinen Ministerkollegen spricht, um Geld einzusparen, dann wissen wir genau, was das zu bedeuten hat: weitere Kürzungen bei den Pensionen, weitere Einsparungen in der Bildung und Forschung, weitere Selbstbehalte bei der Gesundheit oder Gebührenerhöhungen beim Autofahren", warnte der SPÖ-Budgetsprecher.

"Grasser ist ein waschechter Belastungsminister. Darüber kann er nicht hinwegtäuschen", unterstrich Matznetter. Die SPÖ hat hingegen klare Vorstellungen, wer wann entlastet wird. "Wir wissen auch ganz genau, wie diese Entlastungen finanzierbar sind. Und wir wollen diese Entlastungen nicht auf den St. Nimmerleinstag verschieben, sondern jetzt die Steuerlast für den Mittelstand und die Kleinverdiener reduzieren", verspricht der SPÖ-Politiker. Er erwähnte das Mittelstandspaket, das vorsieht, dass ArbeitnehmerInnen um 500 Euro jährlich entlastet werden und die Anhebung der Negativsteuer für Kleinverdiener und Pensionisten, aber auch die Maßnahmen, um die Wirtschaft im Inland und damit Arbeitsplätze zu fördern. "Alle unsere Vorschläge sind voll gegenfinanziert. Die Hauptprofiteure der Grasser'schen Steuer- und Finanzpolitik - das sind in erster Linie die internationalen Großkonzerne - müssen endlich faire und ehrliche Steuern bezahlen. Da kommt genug Geld herein, damit wir die ArbeitnehmerInnen und die Klein- und Mittelbetriebe sofort entlasten können", betonte Matznetter.

Grasser's Ideenlosigkeit, wie die Strukturprobleme des Steuersystems zu lösen seien, sind nicht mehr zu unterbieten, kritisierte der SPÖ-Budgetsprecher. Er habe kein Wort darüber verloren, wie die Belastungen des Faktors Arbeit reduziert werden könnten, wie die Investitionen der Unternehmen angekurbelt und die öffentlichen Investitionen verbessert werden könnten. "Keines dieser zentralen Probleme will Grasser angehen. Es wird wirklich höchste Zeit, dass er sich einen neuen Job sucht", schloss Matznetter.

 

Schalle: Gut kopiert ist noch lange nicht umgesetzt
Nur BZÖ garantiert Steuerreform
Wien (bzö) - "Jetzt ankündigen - vielleicht irgendwann umsetzen: das ist das Grasser Steuerpaket. Alle Punkte die der Finanzminister aus dem Steuerentlastungsprogramm des BZÖ, vorsichtig gesagt, gedanklich entlehnt hat, wie die Abschaffung der Erbschaftssteuer sind vernünftig. Zusätzliche Belastungen wie die Besteuerung sämtlicher Kapitalmarktprodukte, sind abzulehnen, denn eine Steuerreform darf nicht bedeuten, den kleinen Sparern, die Entlastungen durch eine Steuerreform, auf der anderen Seite wieder aus der Tasche zu ziehen", kommentiert der BZÖ - Wirtschaftsexperte Veit Schalle die Steuerreformpläne des Finanzministers.

"Wenn Grasser von einer Steuerreform in ferner Zukunft spricht, so ist am Umsetzungswillen der ÖVP massiv zu zweifeln. Wir vom BZÖ haben die Steuerentlastung durchgesetzt und garantieren, im Gegensatz zu Grasser, bei einer Regierungsbeteiligung eine Steuerentlastung vor 2008, denn gerade die Menschen brauchen eine Entlastung jetzt und keine vagen Versprechen", so Schalle abschließend.

 

Hofer: Mehrheit der Kleinunternehmen wird höher belastet
FPÖ warnt vor neuer ÖVP-Unternehmensbesteuerung
Wien (fpd) - Die ÖVP schlägt vor, durch eine einheitliche Unternehmenssteuer die beiden derzeit existierenden Systeme der progressiven Einkommensteuer für Personengesellschaften und der flachen Körperschaftsteuer für Kapitalgesellschaften zu vereinheitlichen. Dadurch werde aber, so FPÖ-Vizebundesparteiobmann Norbert Hofer, der Mittelstand nicht ent-, sondern belastet.

Denn das Steuersystem für Personengesellschaften sieht derzeit vor, daß die Unternehmen selbst überhaupt nicht besteuert werden. Durch das Verfahren der so genannten einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung wird zuerst das Ergebnis der Personengesellschaft ermittelt und dieses dann anteilsmäßig auf die Gesellschafter aufgeteilt. Erst bei den Gesellschaftern erfolgt danach die Besteuerung mit der progressiven Einkommensteuer, die bekanntlich bis zu 50% Grenzsteuersatz reicht. Durch dieses Verfahren wird nicht das Unternehmen per se, sondern das Einkommen des Unternehmers besteuert und es werden dabei auch verschiedene Aspekte berücksichtigt. So fordert die FPÖ beispielsweise in ihrem Wirtschaftsprogramm folgerichtig, daß nicht entnommene Gewinne auch nicht oder nur vermindert versteuert werden sollen. Darüber hinaus kann der Unternehmer die Vorteile der Progression in Form beispielsweise eines steuerfreien Existenzminimums insbesondere bei niedrigeren Einkommen genießen und Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen geltend machen."

Wird jetzt eine als Flat tax ausgestaltete Unternehmenssteuer nach dem Vorbild der Körperschaftsteuer eingeführt, so bedeutet das, daß beim Unternehmen selbst besteuert wird. Vom ersten verdienten Euro an fällt eine Belastung mit 25% Unternehmenssteuer an.

Hofer: "Es gibt also kein steuerfreies Mindesteinkommen mehr. Danach wird der ausgeschüttete Teil des Gewinns mit neuerlich 25% Kapitalertragsteuer belastet. In Summe ergibt sich eine Abgabenbelastung von 43,75%, und dies vom ersten Euro an, ohne Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen. Diesen Durchschnittssteuersatz erreicht man nach dem progressiven Tarif, unter Berücksichtigung von Absetzmöglichkeiten, erst mit einem relativ hohen Einkommen. Aus diesem Grund belastet dieses System vor allem kleine Gewerbetreibende, neue Selbständige, Werkvertragsnehmer und nicht so gewinnträchtige, vermutlich personalintensive Personengesellschaften, während - typisch ÖVP - einige wenige große Unternehmen davon profitieren."

 

 Van der Bellen: Grassers Vorschläge nur Stückwerk
Grüne vermissen Gesamtkonzept: Nächste Steuerreform muss leistbar und nachhaltig sein
Wien (grüne) - "Die von Finanzminister Grasser heute präsentierten steuerpolitischen Vorschläge sind bestenfalls Stückwerk. Grasser verspricht Steuerabschaffungen ohne zu sagen, wie diese finanziert werden sollen", kritisiert Alexander Van der Bellen, Bundessprecher der Grünen, Ankündigungen des Ministers. "Grasser sollte einmal erklären, wie er 2008 sein Nulldefizit erreichen will. Offenbar wird im Hintergrund bereits das nächste Sparpaket in Milliardenhöhe geschnürt." Van der Bellen vermisst in diesem Zusammenhang ein Gesamtkonzept für eine zukünftige Steuerreform. "Wir wollen über eine ökologisch-soziale Steuerreform vor allem Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit im Steuer- und Abgabensystem verankern. Die Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungssteuer ist vor diesem Hintergrund sowohl aus ökonomischer als auch aus verteilungspolitischer Sicht nicht sinnvoll."

"Österreich ist bereits jetzt Schlusslicht unter den EU-15 beim Anteil an vermögensbezogenen Steuern am BIP. Wenn jetzt auch noch die Erbschaftsteuer abgeschafft wird, verfestigen wir unsere Nachhaltigkeitslücke im Budget im internationalen Vergleich noch weiter", erläutert Van der Bellen, der für eine Reform statt einer Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungssteuer eintritt. Positiv sieht Van der Bellen die von Grasser in den Raum gestellte Entlastung bei der Lohnsteuer. Diese müsse aber in Zusammenhang mit einer Freibetragsregelung in der Sozialversicherung kommen, so Van der Bellen. 
 
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