Österreichs Tourismus - Zukunftsbranche mit Wachstumsaussichten  

erstellt am
20. 09. 06

Tourismusbericht 2005: Chancen und Risken der heimischen Betriebe
Wien (pk) - Der dem Nationalrat kürzlich unterbreitete Bericht des Wirtschaftsministers über die Lage der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Österreich 2005 ( III-238 d.B.) unterstreicht einmal mehr die Bedeutung des Tourismus für die heimische Wirtschaft, die Arbeitsplätze und den Standort Österreich. Statistisch gut belegt werden die enormen Chancen, die die Wachstumsbranchen Fremdenverkehr und Freizeitwirtschaft für Österreich bieten. Beleuchtet werden aber auch der Veränderungsdruck durch neue Trends im Tourismus und Risken auf dem traditionell jungen touristischen Arbeitsmarkt durch die fortschreitende Alterung der Gesellschaft.

Im Einzelnen zeigen die Autoren des Berichts, dass die österreichische Tourismuswirtschaft auch 2005 die natürlichen und kulturellen Standortvorteile des Landes und das Know How der heimischen Fachkräfte nutzen und die Tourismuseinnahmen von 28 Mrd. Euro auf 29 Mrd. Euro steigern konnte. Davon stammten 53,4 % oder 15,48 Mrd. Euro (+ 4 %) von Gästen aus dem Ausland, 43,6 % von inländischen Gästen sowie 3 % von Inländern, die in Wochenendhäusern und Zweitwohnungen urlaubten. Verstärkt nutzten die Österreicher 2005 das Freizeitangebot am Wohnort und gaben dafür 22,55 Mrd. Euro (+ 3,7 %) aus, sodass die gesamte Tourismus- und Freizeitbranche einen Umsatz von 51,55 Mrd. Euro (+ 3,6 %) erzielte. Auch vom nächsten Tourismusbericht sind gute Nachrichten zu erwarten: Wegen der Konjunkturbelebung in der Heimatländern wichtiger Gästegruppen ist für 2006 mit einem Umsatzzuwachs von 4 % zu rechnen, schreiben die Tourismusexperten.

Noch deutlicher wird der touristische Erfolg Österreichs im Vergleich der europäischen Tourismusländer. Im Vorjahr verteidigte unser Land seine Spitzenposition im internationalen Reiseverkehr mit Pro-Kopf-Einnahmen von 1.511 Euro im Vorjahr. Auf den Plätzen folgten die Schweiz (1.197 Euro), Belgien und Luxemburg (990 Euro), Spanien (889 Euro) sowie Frankreich (564 Euro). - Da die Ausgaben der Österreicher für Auslandsreisen 2005 nur um 2,4 % auf 11,36 Mrd. Euro stiegen, nahm das Plus in der Reiseverkehrsbilanz im Vorjahr von 3,96 Mrd. Euro 2004 auf 4,35 Mrd. Euro zu.

Details der Statistik lassen Tourismustrends erkennen
In der Wintersaison 2004/05 gingen vor dem Hintergrund einer schwächeren Entwicklung im internationalen Reiseverkehr (-1,3 %) die Tourismusumsätze gegenüber dem Vorjahr um 0,8 % leicht zurück; im Inländertourismus stieg die Nachfrage um 1,8 %. Auch der Städtetourismus entwickelte sich im Winter 2004/05 mit einem Plus von 1,5 % bei den Nächtigungen unterdurchschnittlich. Steigerungen verbuchten allerdings Eisenstadt (12,5 %), Linz (9 %) und Innsbruck (3,7 %) gegenüber Einbußen in St. Pölten (-4 %) und Graz (-3,1 %).

Außerordentlich positiv entwickelten sich Einnahmen und Nächtigungen in der Sommersaison 2005: Die Gesamteinnahmen stiegen im Vorjahresvergleich um 5,1 %, vor allem im internationalen Reiseverkehr (5,8 %), während die Umsätze im Binnenreiseverkehr unterdurchschnittlich wuchsen (2,4 %). Bei den Nächtigungen verzeichnete der Städtetourismus ein Plus von 3,2 %, vor allem in St. Pölten (13,6 %), Eisenstadt (13 %), Klagenfurt (5,9 %) und Wien (4 %).

2005 übernachteten um 2,1 % mehr ausländische Gäste in Österreich. Sie kamen vor allem aus für Österreich wichtigen Ländern (Spanien: +12,9 %; Großbritannien: +5,2 %; Niederlande: +2,7 %; Belgien und Luxemburg: +5,1 %; Ungarn: +12,7 %). Die Zahl der deutschen Gäste stagnierte bei 51 Millionen Übernachtungen. Kräftige Rückgänge waren 2005 bei Franzosen (-4,1 %; 2004: +7,7 %), US-Amerikanern (-2 %; 2004: +13,5 %) und Schweizern (-1,4 %; 2004: +0,7 %) zu verzeichnen. Die Nachfrage der Inländer wuchs mit 0,5 % eher schwach.

4,4 % der ausländischen Gäste, die 2005 in Österreich übernachteten, kamen aus den neuen EU-Mitgliedstaaten, die Hälfte davon aus Ungarn (1,3 Mill.), Tschechien (1,1 Mill.), Polen ( 0,8 Mill.), Slowenien und Slowakei (je 0,2 Mill.). Aus diesen fünf Ländern resultierte ein Nächtigungswachstum von 9,6 % gegenüber 2004. Mit durchschnittlich 10,8 % stieg die Zahl der tschechischen und slowakischen Österreich-Urlauber in jedem der letzten zehn Jahre überdurchschnittlich stark.

Bei steigenden Ankunftszahlen - 2005 um 3,1 % auf 29,3 Millionen - geht die Aufenthaltsdauer pro Gast tendenziell zurück: seit 1990 von 4,9 auf 4,1 Nächtigungen. Die auf längere Aufenthalte ausgerichtete traditionelle Ferienhotellerie kommt dadurch unter Druck, wogegen Anbieter mit Kurzaufenthaltsangeboten Erfolge verbuchten.

Wie geht es den Betrieben?
In den 43.100 Betrieben des österreichischen Beherbergungs- und Gaststättenwesens erwirtschafteten 2005 163.600 Arbeitnehmer/innen und 39.000 Selbstständige eine Bruttowertschöpfung von 10,19 Mrd. Euro (2004: 9,75 Mrd. Euro), was einem Anteil an der Gesamtwirtschaft von 4,6 % entspricht. Die Arbeitslosenquote des Beherbergungs- und Gaststättenwesens war überdurchschnittlich und lag bei 18 %.

Dem langfristigen Trend zur Qualitätssteigerung folgend erweiterten 5- und 4-Sterne-Hotels ihre Kapazität um 4 % auf 205.094 Betten, 3/2-und 1-Sterne-Betriebe sowie Privatquartiere reduzierten ihr Angebot. Die heimische Hotellerie entwickelt sich in Richtung Qualitäts- und Hochpreistourismus.

Die höchste Kapazitätsauslastung realisierten sowohl in der Winter- (49,1 %) als auch in der Sommersaison (51,9 %) Betriebe der 5/4-Sterne-Kategorie. 3-Sterne-Betriebe füllten ihre Kapazitäten ganzjährig zu einem guten Drittel, 2/1-Sterne-Betriebe waren mit 28 % in der Wintersaison 2004/05 stärker ausgelastet als in der Sommersaison 2005 mit 21,5 %.

Bei stagnierender Auslastung steigerten 3-Sterne-Hotels ihre durchschnittlichen Jahreseinnahmen leicht auf etwa 590.000 Euro, 5/4-Sterne-Hotels erzielten im Durchschnitt etwa 1,4 Mill. Euro. Preiserhöhungen blieben im Rahmen der allgemeinen Inflation. Höhere Personal- und Werbeausgaben belasteten den Cashflow.

Die Hotellerie verbesserte in den letzten Jahren ihr Eigenkapital deutlich. 5/4-Sterne-Hotels erfüllen die im Unternehmens-Reorganisations-Gesetz (URG) geforderte Quote mit 4,5 %, 3-Sterne-Hotels verfehlen sie nur noch knapp. Damit auch 3-Sterne-Betriebe ihr Eigenkapital weiter verbessern können, werden einige Jahre mit sehr gutem Geschäftsgang erforderlich sein. Bei insgesamt immer noch hoher Verschuldung geht die Entschuldungsdauer, insbesondere bei den höheren Kategorien, allmählich zurück. In Erwartung der neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken haben die Unternehmen seit 2000 den Anteil der Bankfinanzierung von 83 % auf 73 % reduziert und durch Eigenkapital sowie Leasingfinanzierungen ersetzt. Generell gilt: Die Entwicklung zum Qualitätstourismus benachteiligt Betriebe mit suboptimaler Betriebsgröße und minderer Qualität. Demgegenüber halten Qualitätsbetriebe ihr gutes wirtschaftliches Niveau, entwickeln sich überdurchschnittlich und sind die Hoffnungsträger für die weitere positive Entwicklung des Tourismus.

Die Tourismuswirtschaft hat ihre Investitionen nach mehreren Jahren mit guten Nächtigungszuwächsen 2005 auf insgesamt 800 Mill. Euro ausgeweitet. ERP-Fonds und die TOP-Tourismus-Kredit-Förderung haben Investitionen von 337 Mill. Euro mitfinanziert. 81 % der Mittel flossen in die Hotellerie, 12 % in regionale Infrastruktur und 7 % in Restaurants. Die Hotellerie setzt auf "Betriebsgrößenoptimierung", "Verbesserung der Qualität" und auf die Einrichtung von Wellness-, Seminar- und Fitnessräumen. Die durchschnittliche Betriebsgröße wuchs seit 1996 von 37 Betten pro Betrieb auf 44 Betten. Rückgänge verzeichnet man dagegen bei Errichtung und Ausbau von Restaurants. Bei der Infrastruktur stehen Beschneiungsanlagen im Vordergrund - mittlerweile können schon 40 % der Pisten beschneit werden.
   

Probleme auf dem touristischen Arbeitsmarkt
Im Durchschnitt des Jahres 2005 waren 163.600 Arbeitnehmer im Tourismus tätig, was einem Anteil von 5,26 % an der unselbstständigen Beschäftigung in Österreich entspricht. Das vorjährige Beschäftigungsplus im Beherbergungs- und Gaststättenwesen von 2,9 % oder 4.626 Arbeitsplätzen übertraf die Beschäftigungszunahme der Gesamtwirtschaft(1,1 %) deutlich. Der stärkste Beschäftigungszuwachs war mit 4,5 % auf 52.241 bei ausländischen Arbeitskräften zu verzeichnen, deren Anteil auf 31,9 % stieg. Trotz Beschäftigungszunahme, stieg die Arbeitslosigkeit mit 4,3 % auf 35.950 Personen. Das AMS reagierte darauf mit Sprachkursen, Rezeptionskursen und Vorbereitungskursen für den Lehrabschluss in Tourismusberufen.

Wegen der demografischen Entwicklung warnt das WIFO vor künftigen Problemen auf dem touristischen Arbeitsmarkt. Das zu erwartende Wachstum im Tourismus von 2,5 % bis 2020 erfordert eine Ausweitung der Beschäftigung von derzeit 195.500 um 2,5 % jährlich auf 236.000 Personen. Der absehbare Mangel an jungen und qualifizierten Arbeitskräften lasse das Angebot aber bei 195.500 Arbeitskräften stagnieren, errechnete das WIFO. Produktivitätssteigerungen können die Angebotslücke um maximal 1 % pro Jahr auf 6.300 Personen verringern. Problemverschärfend wirke sich die Konzentration des Beherbergungs- und Gaststättenwesens auf jüngere Arbeitskräfte aus, die bevorzugt eingestellt werden, weil nur sie den häufigen physischen Spitzenbelastungen in dieser Branche gewachsen sind. Die Gruppe der 15- bis 45-Jährigen wird aber bis 2020 um 0,5 % pro Jahr schrumpfen, während jene der 45- bis 64-Jährigen um 1,25 % wachsen werde.

Dazu kommt, dass unter den gegenwärtigen Arbeitsbedingungen jährlich mehr qualifizierte inländische Arbeitskräfte in andere Branchen abwandern. Als Hauptgrund nennt das WIFO die unterschiedlichen Einkommensvorstellungen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern.

Das vom Ressort erarbeitete "Maßnahmenpaket Tourismus - Arbeit&Ausbildung" zielt daher auf eine Verbesserung der Arbeitszeitmodelle, des Arbeitsklimas, auf den Ganzjahrestourismus, eine Anpassung der Lehrinhalte und Berufsbilder sowie auf eine Stärkung der sozialen Kompetenzen. Es gelte, die Karrierechancen im Tourismus zu verbessern, ein Qualitätszertifikat für Lehrbetriebe zu schaffen und die Weiterbildung der Ausbildner/innen zu verstärken. Schließlich sollen die Administration vereinfacht, Bagatellsteuern zusammengelegt, der Kollektivvertrag durchschaubarer und die Durchrechnungszeiträume länger werden. Um junge Menschen für einen Job im Tourismus zu begeistern, wurde 2005 ein Handbuch "Ein Job im Tourismus - attraktiv und zukunftsreich" über die vielfältigen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten im Tourismus herausgegeben.

Was bewirkt eine verstärkte Tourismusförderung?

Da die EU-Erweiterung vom Mai 2004 und die Planung für die neue Strukturfondsperiode 2007-2013 mittelfristig Einschnitte bei den EU-Förderungen für die Tourismusbranche nach sich zieht, empfiehlt das WIFO, die Verwendung der knapper werdenden Mittel zu optimieren. Kleinförderungen sollten eingestellt und das Geld auf ausgewählte Hoffnungsbereiche konzentriert werden.

Grundsätzlich bricht das WIFO aber eine Lanze für die öffentliche Förderung des Tourismus. Denn das Fazit einer eingehenden Analyse, die im Bericht ausführlich dokumentiert ist, lautet: Die Förderung des Tourismus ist volkswirtschaftlich sinnvoll, weil sie die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung überdurchschnittlich anregt. 1.000 Euro, die ein Tourist ausgibt, lösen eine inländische Wertschöpfung von 820 Euro aus. Der T ourismus stellt für große Teile der Bevölkerung eine wichtige Erwerbs- und Lebensgrundlage dar und kommt besonders den kleinen und mittleren Betrieben im ländlichen Raum zugute, analysiert das WIFO. Schließlich sei der Tourismus standortsicher und stelle eine weltweite Wachstumsbranche dar. Und nicht zuletzt habe der Tourismus die höchste Beschäftigungsmultiplikator-Wirkung, weil Touristen viele verschiedene arbeitsintensive Tätigkeiten nachfragen, bei denen kaum Rationalisierungsmöglichkeiten bestehen.

Nachhaltigkeit - Vorschläge für umweltfreundliches Reisen in Europa
Ein weiteres Spezialkapitel des Berichts gilt der Nachhaltigkeit. "Umweltfreundliches Reisen in Europa" erfordere sanfte Mobilitätslösungen für die Tourismusgebiete Europas, sagten Experten bei der diesbezüglichen EU-Fachkonferenz Ende Jänner in Wien. Ihre Empfehlungen lauten auf Koordination der europäischen Ferienzeiten, Ausbau der Bahninfrastruktur und des öffentlichen Verkehrs, auf Berücksichtigung der sanften Mobilität im Marketing und auf eine Förderung des Ganzjahrestourismus.

Unter dem Titel "Schonender Umgang mit Ressourcen" erfährt der Leser des Tourismusberichts 2005 auch vom Projekt "Blaues Gold - Wertvolles Qualitätswasser im Tourismus", das auf die Herausgabe einer Fibel für das im Tourismus wichtige Gut "Wasser" zielt; weiters erschien 2006 ein Handbuch mit Leitlinien für "Nachhaltiges Bauen im Tourismus".

Weiters geht es um den Stand der Umsetzung der Alpenkonvention, um die Gründung der Plattform "Sanfter Bergtourismus" i m April 2005 und um die maßgebliche Rolle der Alpinen Vereine Österreichs bei der Erhaltung der österreichischen Bergwelt und der alpinen Infrastruktur mit 500 Schutzhütten und 50.000 km Wanderwegen. Dafür sind im Zeitraum 2003 bis 2007 Investitionen von 84 Mill. Euro geplant. Das Wirtschaftsressort hat in den vergangenen Jahren jeweils 1,853 Mill. Euro jährlich an Tourismus-Förderungen zur Verfügung gestellt. Auch der Österreichische Bergrettungsdienst erhielt seit 1994 700.000 Euro aus Tourismusförderungsmitteln, 70.000 Euro davon im Jahr 2005.

Schließlich beleuchtet der Bericht den "Urlaub am Bauernhof". S eit 1991 arbeiten 3.200 Ferienbauernhöfe mit insgesamt 40.000 Gästebetten in der "Urlaub am Bauernhof-Organisation" zusammen. Die durchschnittliche Größe der seit 1993 qualitätsgeprüften Höfe beträgt 12,5 Gästebetten, wobei 15 % der Mitglieder ihren Tourismusbetrieb gewerblich führen. Auslastung und Preise konnten in den letzten Jahren kontinuierlich gesteigert werden, obwohl auf dem Tourismusmarkt Veränderungsdynamik und Verdrängungswettbewerb herrschen. Die Marktforschung hat für die Hauptmärkte Deutschland und Österreich erhebliches - noch nicht realisiertes - Gästeinteresse erhoben, dazu kommen als Wachstums- und Hoffnungsmärkte Ungarn, Tschechien und Polen.

In "Urlaub am Bauernhof-Servicezentren" konnten die Kräfte der Organisation für Information und Marketing gebündelt und ihre Effizienz gesteigert werden. Die Mitgliedsbetriebe erreichten im Durchschnitt 300 Internet-Seitenansichten pro Betrieb/Monat und eine jährliche Bettenauslastung von 110 Vollbelegstagen, 70 im Sommer, 40 im Winter. Die Gäste der bäuerlichen Vermieter beleben die ländlichen Regionen erheblich: Ihre Tagesausgaben werden auf ca. 1 bis 1,2 Mrd. Euro jährlich geschätzt, womit im ländlichen Raum 23.000 Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert werden. Europaweit gilt der "österreichische Weg" mittlerweile als Modell für eine gemeinsame Organisation und Strategie, heißt es im Tourismusbericht 2005.
 
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