Bischof Küng: Abschied von Häusern, Strukturen und Gewohnheiten  

erstellt am
16. 10. 06

Der St. Pöltner Bischof sprach bei einem Vortrag über das Thema »Neue Wege in Sicht? – Christsein heute – eine Hoffnung. Was Not tut, ist eine echte Erneuerung«
St. Pölten (kath.net) Dringenden Handlungsbedarf für die Kirche angesichts derzeitiger Entwicklungen im kirchlichen und gesellschaftlichen Bereich sieht der St. Pöltner Diözesanbischof Klaus Küng. „Was Not tut, ist eine echte Erneuerung“, sagt er bei einem Vortrag in den Stadtsälen Tulln.

Der Bischof sprach über das Thema „Neue Wege in Sicht? – Christsein heute – eine Hoffnung“. Trotz sinkender Zahlen bei Gottesdiensten, bei Taufen und kirchlichen Trauungen sieht sich Bischof Küng nicht als Pessimist, sondern „in der Tat als Optimist aus Überzeugung“.

„Ich bin zuversichtlich für unsere Kirche, auch wenn noch ein weiter Weg vor uns liegt“, erklärte er. So gibt es in der Diözese St. Pölten viele kleine und ganz kleine Pfarren, in denen geregeltes kirchliches Leben kaum mehr möglich sei. Das Diözesangebiet besteht aus 424 Pfarren, denen 250 politische Gemeinden entsprechen.

Hier sei „Handlungsbedarf gefordert“, sagte der Bischof. Man werde auch „Abschied nehmen müssen von Häusern, Strukturen und alten Gewohnheiten“, prognostizierte der. Trotz nicht sehr rosiger statistischer Zahlen und Entwicklungen ortet der Bischof „viele positive Zeichen, die Anlass zur Hoffnung geben“.

Er verwies auf die unvergleichliche Anteilnahme beim Tod Papst Johannes Paul II, zu dem 4 Millionen Menschen spontan nach Rom kamen und auf die Wahl von Papst Benedikt XVI. Beeindruckend waren in den vergangenen Jahren auch der Mitteleuropäische Katholikentag in Mariazell, das Weltjugendtreffen in Köln, das Weltfamilientreffen in Valencia, aber auch die Zunahme der Wallfahrten. Sie seien Entwicklungen, die Hoffnung geben.

Dies alles zeige, dass die Menschen eine Sehnsucht im Herzen tragen, meint der Bischof. Gerade in einer Gesellschaft, die auf Gott vergisst, geraten Menschen oft in eine Sackgasse, die Egoismen bekommen die Oberhand, Beziehungen zerbrechen und viele Menschen seien unzufrieden, obwohl sie vielerlei besitzen.

Es mache sich eine negative Einstellung zum Leben, eine „Kultur des Todes“, breit, bedauerte der Bischof. Kinder seien unerwünscht und die Euthanasie werde gleichsam zur drohenden Gefahr. Nicht wenige Menschen beginnen in dieser Situation nach Lösungen Ausschau zu halten und neue Erfüllung zu suchen.

In dieser Situation könne nur Jesus Christus Erlösung und Befreiung bringen und den Menschen eine Heimat geben, wies Bischof Klaus Küng in seinen Ausführungen hin. Dies könne er auch aus seiner Erfahrung bestätigen. Der Bischof betonte, dass die Kirche nicht durch Aktivität allein bestehen könne. Sie sei nicht „machbar“, denn es sei Gott, der die Menschen rufe.

Hinter den verschiedenen religiösen Ausdrucksformen von heute gebe es einen gemeinsamen Trend, etwa zum Gebet, zur eucharistischen Anbetung und zu meditativen Betrachtungen. Auch das Sakrament der Versöhnung werde wieder neu entdeckt.

Wichtig dabei sei, so Bischof Küng, die Gebetserfahrung und die Sehnsucht nach Veränderung. Als Folge davon erwache auch wieder ein neues Interesse an Glaubensinhalten. Nachdrücklich unterstrich der Bischof, dass jede Erneuerung der Kirche auch untrennbar mit einer Erneuerung der Familie verbunden sei.

Für eine breite Erneuerung seien Orte des Glaubens nötig, erklärte Bischof Küng. Dies sollten in erster Linie die Pfarren sein, aber auch Klöster und Wallfahrtsorte müssten neue Angebote entwickeln, etwa Exerzitienbewegungen und katechetische Schulungen. Der Jugendarbeit komme eine besondere Bedeutung zu, hob der Bischof hervor.

Dabei seien vor allem neue Initiativen gefragt, denn ohne diese sei es heute nicht mehr möglich, als Christ zu bestehen. Eine besondere Bedeutung komme der Zusammenarbeit von Priestern und Laien zu. Alle Getauften müssten an der Entstehung von Kirche mitwirken.
 
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