Koalitionsverhandlungen / Finanzen  

erstellt am
23. 10. 06

Matznetter: Es gibt mit der SPÖ keine neuen Schulden
Mittelstand noch in dieser Legislaturperiode entlasten
Wien (sk) - "Wir haben zu Beginn eine grundsätzliche Aussprache über die Zielsetzungen gehabt. Die SPÖ hat klargestellt, dass sie für solide Staatsfinanzen steht. Für uns ist klar: Es gibt keine neuen Schulden", stellte SPÖ-Budget- und Finanzsprecher Christoph Matznetter am 20.10. im Anschluss an die erste Verhandlung der Untergruppe Finanzen fest. Als längerfristiges Ziel nannte Matznetter, dass man feststellen müsse, welche Gruppen in der Gesellschaft zu hoch besteuert seien. "Im Fokus ist hier die Frage: Welche Gruppen von Menschen und welche Teile der Wirtschaft werden zu hoch belastet und wie können wir diese entlasten", so Matznetter, der von "offenen, ehrlichen und klimatisch nicht schlechten" Gesprächen berichtete. Matznetter zeigte sich auch optimistisch, dass es gelingen werde, bis zum 27. Oktober einen gemeinsamen Kassasturz zu bewerkstelligen.

Keine Differenzen habe es auch beim dritten Punkt des Gesprächs - der optimalen Effizienz in der öffentlichen Verwaltung - gegeben. "Die SPÖ stellt fest, dass es zuerst darum geht, die prioritären Aufgaben zu erfüllen. Darunter verstehen wir den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, eine Bildungsreform und die Armutsbekämpfung." Als weitere Schritte, die gesetzt werden, wenn der Spielraum dafür gegeben ist, nannte Matznetter die allgemeine Entlastung. Eine Steuerreform für den selbstständigen und unselbstständigen Mittelstand müsse noch in der bevorstehenden Legislaturperiode durchgeführt werden.

Für den Kassasturz stellte der SPÖ-Finanz- und Budgetsprecher fest, dass eine solide Grundlage notwendig sei. "Zwischen den Polen 'extremen Übermut' und 'Vorsicht' tendieren wir eher zur Vorsicht", so Matznetter. Dass nun fast täglich neue und immer bessere Budgetzahlen genannt würden, "führt bei uns zu Irritationen". "Wir haben hier in dem Gespräch auch die Position Grassers sehr kritisch hinterfragt." Die nun höheren Einnahmen durch die Rekordgewinne der Unternehmen müssten sehr intensiv auf ihre Nachhaltigkeit hin geprüft werden. "Wir halten nichts davon, wenn bestimmte Höhepunkte bis 2010 fortgeschrieben werden."

Hier solle man sich besser mit der gebotenen Vorsicht an die Prognosen der Wirtschaftsforscher halten. "Man sollte auch zur Kenntnis nehmen, dass ohne entsprechende Maßnahmen nicht von einem Sinken der Arbeitslosigkeit ausgegangen werden kann. Für die Ziele eines Wachstums von weit jenseits der drei Prozent und einer Arbeitslosigkeit unter vier Prozent wird man Maßnahmen setzen müssen. Nur mit den Händen im Schoß und dem Hoffen auf die Weltwirtschaft sind diese Ziele nicht zu erreichen", erklärte Matznetter.

Zur weiteren Vorgangsweise der Untergruppe Finanzen führte Matznetter aus, dass die Arbeit der Gruppe parallel zu den anderen Gruppen geführt werden soll. "Wir wollen nicht die Vorstellungen der anderen Untergruppen abwarten, sondern deren Arbeit bereits begleitend unterstützen und versuchen, so eine gestrafte Vorgangsweise zu Finanzierung und Gegenfinanzierung zu finden. Am Ende des Tages sollen so der großen Runde bereits Ergebnisse der einzelnen Gruppen vorgelegt werden, die im Einverständnis mit der Finanzgruppe stehen." Matznetter zeigte sich optimistisch, dass bis zum 27. Oktober der Kassasturz machbar sein werde.

 

Grasser: Deutliche Unterschiede bei ÖVP und SPÖ im Bereich der Be- und Entlastung
"Gutes, konstruktives Klima" in Arbeitsgruppe "Finanzen"
Wien (övp-pk) - "Das Gesprächsklima war gut und konstruktiv. Beide Verhandlungsteams bemühen sich ernsthaft, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu kommen", sagte Finanzminister Mag. Karl-Heinz Grasser nach der Sitzung der Arbeitsgruppe "Finanzen" am 20.10. Grasser konnte in der Arbeitsgruppe im Bereich des Haushaltsdefizits einen deutlich besseren Wert präsentieren, als bisher angenommen. Die aktuelle Schätzung vom 16. Oktober geht davon aus, dass das Defizit 2006 nur 1,16 Prozent des BIP betragen werde. Der Zielwert war mit 1,7 Prozent definiert. Dies sei eine "sehr deutliche Verbesserung" des Budgetvollzuges. "Wir sind damit im internationalen Spitzenfeld", so Grasser weiter.

Auch in der Prognose 2007-2010 könne in den Jahren 2009 und 2010 - auch ohne Maßnahmen - ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden. Selbst bei einem sehr niedrigen Wachstum würde das Defizit bis 2010 zurückgehen. Daher sei klar: "Die Staatsfinanzen sind solide und gesund."

Der Finanzminister betonte, dass "nach der heutigen konstruktiven Diskussion das Zahlenwerk außer Streit gestellt werden können sollte." Beide Teams seien für eine wachstumsfördernde Finanz- und Wirtschaftspolitik. Außer Streit gestellt sei auch die Zielsetzung eines ausgeglichenen Staatshaushalts über den Konjunkturzyklus. "Hier möchte man von Seiten der SPÖ offensichtlich unsere Politik für die Zukunft festschreiben", so Grasser. Darüber hinaus sei auch Konsens in der Senkung der Staatsschuldenquote vorhanden. Zudem herrsche Einigkeit darüber, dass die anderen Arbeitsgruppen nur in Rückkoppelung mit der Arbeitsgruppe Finanzen ihre Vorstellungen an die Hauptverhandler melden sollten. "Jede Ausgabe braucht auch ihre Deckung. Das wird damit sichergestellt", betonte der Finanzminister.

"Deutliche Unterschiede" gebe es in der Steuerpolitik im Bereich der Be- und Entlastung. "Mein Eindruck ist, dass die SPÖ nicht dazu bereit ist, die Senkung der Abgabenquote als klares Ziel zu formulieren." Zudem hätte nicht außer Streit gestellt werden können, dass "Entlastung auch in Zukunft - und zwar ohne Gegenfinanzierung - das Ziel ist". Die SPÖ wolle zwar Entlasten, aber diese durch Belastung gegen finanzieren. Hier habe die SPÖ eine neue Wortkreation getätigt. Demnach gebe es "unterbesteuerte Bevölkerungsgruppen" in Österreich. "Meine Conclusio lautet: Es könnte viele Menschen in diesem Land geben, die mehr Steuern zahlen werden müssen, wenn sich die SPÖ mit ihrer Umverteilungspolitik durchsetzen kann. Das ist ein klarer Dissens: Wir wollen mit der Entlastungspolitik - weniger Steuern und Abgaben - fortfahren", so der Finanzminister abschließend.

 

 Kogler: Wahlversprechen 'soziale Gerechtigkeit' wird von SPÖ gerade kalt entsorgt
Wien (grüne) - Einmal mehr bestätigt die OECD, dass Österreich eines der Schlusslichter - nur Tschechien liegt hinter Österreich - bei der Vermögenssteuer im OECD-Bereich und innerhalb der EU ist. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass das österreichische Gesamtsteueraufkommen enorme innere Strukturprobleme hat. "Wenn schon dauernd internationales Benchmarking, wie von Schüssel und Grasser getrommelt, dann auch in Fragen der Steuergerechtigkeit. Österreich ist längst zur Steueroase für Superreiche verkommen. Darüber hinaus ist Österreich mit dem Kurs Schüssel-Grasser nicht Opfer, sondern Täter des ruinösen internationalen Steuerdumpings geworden", kritisiert Werner Kogler, Budgetsprecher der Grünen.

Für die Grünen soll es auf keinen Fall zu Gesamtsteuererhöhungen kommen, aber zu deutlichen Umschichtungen im Aufkommen, mit dem Ziel, Arbeit und Arbeitseinkommen zu entlasten und die de facto steuerfrei gestellten großen Vermögen in die solidarische Pflicht zu nehmen.

"Aus dieser Sicht ist es völlig unverständlich, warum die sogenannten Sozial-Demokraten schon in der Aufwärmrunde von Regierungsverhandlungen kalte Füße bekommen haben und vor der knallharten unsozialen Interessenspolitik Grassers in die Knie gehen. Das erste große Wahlversprechen Gusenbauers - Wohlstand muss gerechter verteilt werden - wird gerade kalt entsorgt. Das ständige SP-Mantra von der sozialen Wärme wird zum unverbindlichen Parteitags-Sing-Sang", so Kogler.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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