Koalitionsverhandlungen / Sozial- und Gesundheitsthemen  

erstellt am
20. 10. 06

Burgstaller: Konstruktive Gespräche mit ÖVP
Einigung auf weitere Arbeitsweise - SPÖ skeptisch gegenüber Bartenstein-Verordnung zu Pflege
Wien (sk) - Als "konstruktiv und sachlich" bezeichnete die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller das heutige erste Gespräch der Untergruppe zu den Regierungsverhandlungen zu den Sachbereichen Soziales, Armutsbekämpfung, Gesundheit und Pflege. Man habe sich mit der ÖVP in der Runde auf die weitere Arbeitsweise verständigen können und diese thematisch umfangreiche Untergruppe in weitere Arbeitsgruppen geteilt, und zwar in die Bereiche Gesundheit, Soziales und Pflege, teilte Burgstaller am 19.10. in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Salzburger Soziallandesrat Erwin Buchinger mit. Auf Seite der SPÖ ist Gabi Burgstaller für den Bereich Gesundheit federführend, für den Bereich Soziales FSG-Chef Wilhelm Haberzettl und für den Bereich Pflege Erwin Buchinger. Die Gespräche in diesen Arbeitsgruppen werden in den nächsten Tagen beginnen.

Inhaltlich habe man sich heute unter anderem mit dem Thema Pflege auseinandergesetzt, berichtete Burgstaller. Hier habe die SPÖ zu Verstehen gegeben, dass die von Wirtschaftsminister Bartenstein vorgesehene Verordnung zur Legalisierung ausländischer Pflegekräfte zu kurz greife und den Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt erhöhe, betonte die Salzburger Landeshauptfrau. Denn die auf diesem Weg als Pfleger ins Land gekommenen Personen könnten schon nach einem Jahr auch jedem anderen Job in Österreich nachgehen.

Wenn man in Österreich Vollbeschäftigung wolle, müsse man danach trachten, österreichische Arbeitskräfte für dieses Zukunftsfeld auszubilden und einzusetzen, machte Landesrat Buchinger deutlich. Der derzeitige Verordnungsentwurf von Minister Bartenstein würde diesem Ziel aber zuwider laufen, so Buchinger. Die SPÖ wolle hier jedenfalls eine andere Lösung und stelle in der Arbeitsgruppe für den Themenkomplex Pflege auch ihr Know How zur Verfügung, ergänzte Burgstaller.

Ein weiteres Sachgebiet in der heutigen Verhandlungsrunde sei die Finanzierung des Gesundheitssystems gewesen, hier im besonders die Suche nach Effizienzpotenzialen, erklärte Burgstaller. Die SPÖ habe klar gemacht, dass besonders die Gruppe der chronisch Kranken zu beachten sei. Burgstaller verwies dabei auf den Vorschlag der SPÖ, Obergrenzen für Selbstbehalte einzuführen. Sie erinnerte in dem Zusammenhang daran, dass es im Wahlkampf auch von ÖVP-Obmann Schüssel Überlegungen in dieses Richtung gegeben habe. Sie hoffe daher, so Burgstaller, dass in dieser Frage ein Konsens möglich ist.

Auch das Thema Grundsicherung sei heute zur Sprache gekommen, wobei es hier seitens der ÖVP viele interessiere Fragen zum Modell der SPÖ gegeben habe, berichte Landesrat Buchinger. Auf Seiten der ÖVP habe es hier offenbar Missverständnisse gegeben, sagte Buchinger. Die SPÖ habe klar gelegt, dass ihr Modell ein bedarfsorientiertes- und geprüftes sei. Grundsicherung bekommt nur, wer sie braucht. Von den erwerbsfähigen Beziehern würde die aktive Bereitschaft, eine Arbeit zu finden, verlangt. Es gelten die üblichen Kriterien des AMS. Ziel sei es, dass es zu einer Vereinheitlichung der Standards zur Bekämpfung der Armut kommt. Es sei jedenfalls ein gutes Zeichen, dass dem Thema Armut heute bereits breiter Raum gewidmet wurde, schloss Buchinger.

 

Tancsits: SPÖ-Modell zur Grundsicherung fördert Sozial-Missbrauch
ÖVP ist offen für konkrete und wirksame Maßnahmen für Armutsbekämpfung
Wien (övp-pk) - Die Österreichische Volkspartei sei offen für konkrete und wirksame Maßnahmen für Armutsbekämpfung, sagte ÖVP-Sozialsprecher Mag. Walter Tancsits zu Aussagen des Salzburger SPÖ-Soziallandesrates Dr. Erwin Buchinger im Ö1-Mittagsjournal. Tancsits wies dabei darauf hin, dass während in anderen europäischen Ländern die Armutsgefährdung steige, diese in Österreich in den vergangenen Jahren zurückgegangen sei. "Die heute erneut vorgelegten SPÖ-Vorschläge zu einem `arbeitslosen Grundeinkommen` sind jedoch leistungsfeindlich und fördern die Schwarzarbeit, den Sozial-Tourismus sowie den Sozial-Missbrauch", so Tancsits.

Darüber hinaus sei Buchingers Versuch, das Modell "Grundsicherung" zu konkretisieren, völlig fehlgeschlagen. "Buchinger konnte u.a. die Frage des - durch die Grundsicherung entstehenden - erhöhten Verwaltungsaufwandes nicht beantworten", so Tancsits weiter. "Es bleibt daher zu hoffen, dass die SPÖ das Lizitieren über die Medien beendet und ihre Vorschläge am Verhandlungstisch konkretisiert", so Tancsits abschließend.

 

  Van der Bellen: Wunsch nach zügiger Regierungsbildung
Wien (grüne) - Die Grünen drängen SPÖ und ÖVP zu einer zügigen Regierungsbildung. Bei einer Pressekonferenz am 19.10. zum Auftakt der zweitägigen Klubsitzung hat Bundessprecher Alexander Van der Bellen Ende November als "realistischen" Zeitpunkt für den Abschluss der Koalitionsverhandlungen genannt. Unterdessen stellen sich die Grünen für ihre Rolle als stärkste Oppositionspartei auf. Nach der Konstituierung des Parlamentsklubs werden heute Nachmittag die thematischen Schwerpunkte für die Zukunft festgelegt.

Van der Bellen drückt in Sachen Regierungsbildung aufs Tempo. Sechs Wochen nach dem Auftrag zur Regierungsbildung an die SPÖ könnte und sollte ein Kabinett stehen. Das wäre dann Ende November. Tatsächlich hätten die Verhandler aber schon eine ganze Woche mit "Kindereien" verplempert. Vor allem auf Seiten der ÖVP, die "die beleidigte Leberwurst nicht spielt, sondern ist". Der Grüne Bundessprecher gibt sich aber hoffnungsfroh und nimmt an, "dass ÖVP und SPÖ mit diesen Späßchen bald aufhören".

Zu der theoretischen Möglichkeit einer Dreierkoalition von ÖVP, FPÖ und BZÖ, die Bundeskanzler Wolfgang Schüssel zuletzt wieder ins Spiel gebracht hatte, stellte Van der Bellen die Frage, ob Schüssel im Ernst mit dieser Variante liebäugle. "Peter Westenthaler als Innenminister, Ewald Stadler für Justiz und Heinz-Christian Strache als Ressortchef für Außen- und Europapolitik - sind das seine Zukunftsvisionen für die nächsten vier Jahre?" Dass der Bundeskanzler eine mögliche Überraschung für die konstituierende Nationalratssitzung am 30. Oktober angekündigt hat, will Van der Bellen nicht so verstehen, dass dabei ein möglicher Dreierpakt präsentiert werde.

Nach der Konstituierung des Klubs wollen sich die Grünen drei Schwerpunkten widmen, mit denen sie in den nächsten Wochen und Monaten Druck auf die beiden Großparteien ausüben. Das sind die Bereiche Bildung, Energie und Staatsreform. Ad Bildung wundert sich Van der Bellen, dass das - wachstums- und arbeitsmarktpolitisch wichtige - Thema bei den Koalitionsgesprächen auf Seiten der ÖVP von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer verhandelt werde. "Das kann ja wohl nicht wahr sein." Die ÖVP vertue hier eine Chance für die Zukunft, "Soll das ein Witz sein?"

Bei der Energiepolitik fordert der Grünenchef die von der ÖVP vor der Nationalratswahl versprochene Energiestiftung ein. Immerhin würde die EU-Kommission wegen unzureichender Förderung der erneuerbaren Energien ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einleiten. Die Abkehr von Öl, Gas und Atomstrom sei nicht nur ein umweltschutzpolitisches Thema, sondern auch ein arbeitsmarktpolitisches. Im Bereich der erneuerbaren Energien könnten zehntausende Jobs geschaffen werden. Dieses Thema käme aber bei den Regierungsverhandlungen gar nicht vor, kritisiert Van der Bellen.

In Sachen Staatsreform bekrittelte der Grüne Frontmann auch die Wahl der Verhandlungsführer, besonders die Tatsache, dass mit Andreas Khol und Barbara Prammer der abtretende mit der künftigen Nationalratspräsidentin verhandeln würde. Allerdings würde eine gelungene Staatsreform die Bildung einer Großen Koalition rechtfertigen.

Am morgigen zweiten Tag der Grünen Klubklausur werden Klubchef und Stellvertreter gewählt, noch nicht aber die einzelnen Bereichssprecher. Außerdem wird die Nominierung für die Dritte Nationalratspräsidentin beschlossen. Für dieses Amt ist die stellvertretende Parteichefin Eva Glawischnig vorgesehen. Justizsprecherin Terezija Stoisits wird erst bei der nächsten Klubsitzung im November von ihren Parteikollegen für das Amt der Volksanwältin gewählt. (apa)
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
zurück