Rund um die Regierungsverhandlungen  

erstellt am
19. 10. 06

Matznetter: Keine vertrauensbildende Maßnahme
Zuerst über Strukturen entscheiden, ganz zum Schluss Personalentscheidungen
Wien (sk) - Als "keine vertrauensbildende Maßnahme" hinsichtlich der Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP bezeichnet es SPÖ-Budgetsprecher Christoph Matznetter, dass die scheidende Regierung rasch noch Postenbesetzungen im staatsnahen Bereich insbesondere bei der Telekom Austria vornehmen wolle. Er habe in der Zeitung gelesen, dass der Finanzvorstand der Telekom neu besetzt werden soll, obwohl dessen Vertrag erst in einem Jahr ausläuft. "Ich habe daher dem Generaldirektor der ÖIAG auf dessen Mailbox gesprochen und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht gut ist, Entscheidungen über überraschende Postenvergaben im Naheverhältnis der abtretenden Regierung zu treffen", so Matznetter am 18.10. in einem Interview im ORF-"Mittagsjournal".

"Zum Hintergrund: Derzeit finden Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP statt. Bestandteil dieser Verhandlungen ist eine Neustrukturierung der öffentlichen Beteiligungen bei den Infrastruktur-Unternehmungen, wozu auch die Telekom Austria zählt", berichtete Matznetter. Diese Verhandlungen sollen in ein Regierungsprogramm führen und erst danach soll entschieden werden, welche Experten dieses Vorhaben durchführen können.

Es sei daher von Finanzminister Grasser unprofessionell gewesen, gestern die Behauptung, die SPÖ wolle politische Eingriffe bei den Postenbesetzungen vornehmen, aufzustellen. "Das wirkt wie ein Eingeständnis Grassers des Ertapptseins. Gescheiter wäre es gewesen, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, sondern offen in den Regierungsverhandlungen zu sagen, welche Entscheidungen in den nächsten Monaten anstehen; wie die Möglichkeiten für eine gemeinsame Einigung sind, die Sache dann ruhen zu lassen und dann gemeinsam zu entscheiden, wie vernünftig strukturiert werden kann. Das Personal kommt dann ganz zuletzt", so Matznetter.

"Wenn die scheidende Bundesregierung, die mit der provisorischen Fortsetzung der Amtsgeschäfte betraut ist, nichts anderes zu tun hat, als in jedem Bereich ein halbes Jahr vorher, ein ganzes Jahr vorher, beim Technischen Museum sogar Jahre vorher, die Freunde zu versorgen, dann kann man das nicht als vertrauensbildende Maßnahme bezeichnen", verdeutlichte der SPÖ-Budgetsprecher. Abschließend hoffte Matznetter, dass es bei der ÖVP die Einsicht gebe, dass diese Vorgangsweise kein guter Beitrag für einen vertrauensvollen Umgang für eine künftige Koalition ist.

 

 Plassnik: 10 Arbeitsgruppen fixiert
Kritik an versuchtem SPÖ-Postenschacher
Wien (övp-pd) - "Wir haben die heutige Verhandlungsrunde der Entwicklung einer Arbeitsstruktur gewidmet", so Außenministerin Ursula Plassnik nach der zweiten Verhandlungsrunde zur Regierungsbildung mit der SPÖ. Es werden insgesamt zehn Arbeitsgruppen gebildet:

1. Staatsreform
2. Wirtschaftsstandort
3. Integration/innere Sicherheit/Justiz
4. soziale Herausforderungen
5. äußere Sicherheit/Landesverteidigung
6. Bildung
7. Kunst/Sport/Medien
8. Frauen/Familien/Jugend
9. Finanzen
10. Umwelt/Energie/ländliche Entwicklung.

Die nächste große Verhandlungsrunde wird am 27. Oktober stattfinden.

Versuchter SPÖ-Postenschacher
Besorgt zeigten sich nach der zweiten Verhandlungsrunde Gesundheitsministerin Rauch-Kallat sowie Finanzminister Grasser über den Versuch der politischen Einflussnahme seitens der SPÖ bei der Besetzung von Spitzenposten. Die SPÖ habe versucht, bei zwei Spitzenpositionen in Gesundheitsagenturen, die es regulär zu besetzen gilt, Einfluss zu nehmen, so Rauch-Kallat. Ähnliches ortet Finanzminister Grasser in Sachen ÖIAG. "Am meisten Sorgen macht mir, dass die SPÖ nicht einmal grundsätzlich gesagt hat, dass man keine politischen Eingriffe bei Postenbesetzungen wolle", so Grasser. Das Beispiel des ÖIAG habe gezeigt, dass man mit der Entpolitisierung staatsnaher Unternehmen Erfolg habe. Dieser Kurs müsse weitergeführt werden.

 

  Kogler: Grasser ein notorischer Schwindler
Wien (grüne) - Rechtzeitig zu Beginn des von den rot-schwarzen Koalitionsverhandlern vereinbarten Kassasturzes präsentierten die Grünen ihre Vorstellungen für eine künftige Budgetpolitik. Als Eckpfeiler nannte Budgetsprecher Werner Kogler bei einer Pressekonferenz am 18.10. eine Verschiebung weg von den Steuern auf Arbeit hin zu den vermögensbezogenen Steuern. Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) nannte Kogler wegen der von diesem vorigen Donnerstag vorgelegten Budgetzahlen einen "notorischen Schwindler".

Kogler kritisierte die Zahlen aus dem Finanzministerium als zu optimistisch. Wo es Spielräume gegeben habe, seien die besseren Zahlen gewählt worden. Dass sich - wie von Grasser behauptet - im Jahr 2010 das Nulldefizit quasi von allein einstelle, glaubt Kogler nicht. Den Grünen Berechnungen zufolge wird die Neuverschuldung bei minus ein Prozent liegen. Merkwürdig finden die Grünen außerdem, dass der Finanzminister zu Beginn der Koalitionsgespräche "die Unterlagen schöne". In der Regel würde man wohl eher skeptischere Daten in Umlauf setzen, damit die Begehrlichkeiten der einzelnen Ressortchefs nicht zu groß würden. Kogler: "Er ist halt ein notorischer Schwindler, das ist mein Eindruck, sorry."

Konkret stößt sich der Budgetsprecher an der bis 2010 als konstant angenommenen Wachstumsrate von 2,5 Prozent. "Toi, toi, toi", so Kogler. "Das kann man doch nicht behaupten." Für "völlig unplausibel" hält er, dass die Arbeitslosenrate bis dahin von 5 auf 4 Prozent fallen sollte. "Schön wär's." Weiters kritisierte Kogler, dass man bei den LandeslehrerInnen offenbar durch den natürlichen Abgang Dienstposten einsparen wolle sowie bis 2010 die "konstante" Summe bei den Forschungsmitteln. "Das Einzige, was bei diesem Finanzminister konstant ist, ist sein notorischer Hang zum Schmähtandeln."

Bei einer Grünen Budgetpolitik - in der "Grünen Welt" - würde die Abgabenbelastung der menschlichen Arbeit, also Lohnsteuer und Sozialversicherungen, reduziert werden, sagt Kogler. Weitere Steuersenkungen für Unternehmen sind nicht vorgesehen. Dafür würde bei den vermögensbezogenen Steuern stärker "eingeschnitten" werden, wie zum Beispiel bei der Erbschaftssteuer oder über eine Reform der Stiftungen, die ein "legalisiertes Verstecken von Vermögen" seien.

Vorrangig wäre für den Abgeordneten zudem eine vernünftige Finanzierung von Bildung, Universitäten und Forschung. Mit diesen vorgeschlagenen Maßnahmen und einer Ökologisierung könnte ein Volumen von vier Milliarden Euro umgeschichtet werden, glaubt er. Nach dem Motto "Wir haben nix zum Verschenken" sollte man darüber hinaus nicht mit Steuernachlässen spekulieren, um die von der ÖVP angepeilte Abgabenquote von 38 Prozent zu erreichen. Dieser "Quotenfetischismus neoliberalen Zuschnitts" sei kein Ziel per se. (apa)

 

 Scheuch: Unappetitlicher roter Postenschacher feiert fröhliche Urständ
Zukunft der Menschen in diesem Land ist der SPÖ offenbar völlig egal
Wien (bzö) - Als "unappetitlich" bezeichnete BZÖ-Bündnissprecher Uwe Scheuch den Beginn der Regierungsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP. "Schon am zweiten Verhandlungstag geht es der SPÖ darum, parteipolitisch Posten zu besetzten. Inhalte, wie das Land zum Wohl der Österreicherinnen und Österreicher in Zukunft gestaltet werden soll, sind offenbar völlig egal", kritisierte Scheuch.

Der BZÖ-Bündnissprecher verwies in diesem Zusammenhang auf den unvergleichbaren Postenschacher und Proporz in den neunziger Jahren. "Rot und Schwarz haben sich das Land vom Generaldirektor bis zur Reinigungskraft aufgeteilt. Ohne Parteibuch war man quasi chancenlos. Jetzt, wo sich SPÖ und ÖVP wieder zusammentun wollen, feiert dieser Postenschacher schon vor der Bildung einer Regierung fröhliche Urständ".

"Die Forderung der SPÖ nach Posten lässt erahnen, wohin die künftige rot-schwarze Reise gehen soll. Der Kampf gegen Postenschacher, Proporz und Privilegien war eine der Kernkompetenzen von Jörg Haider, Peter Westenthaler und Co. in den neunziger Jahren. Wir werden diesen Kampf im Sinne der Bevölkerung auch jetzt wieder aufnehmen", so Scheuch abschließend.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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