"Staubig, fein, aber mein"  

erstellt am
30. 10. 06

Doktorand der Uni Graz analysiert Motive für die Wahl von Auto oder Öffis
Graz (universität) - Geschwindigkeitsbegrenzungen und Fahrverbote in der Feinstaub-Saison, ausgeweitete Kurzparkzonen und Diskussionen um die Einführung einer Citymaut sollen das Autofahren für die GrazerInnen immer unattraktiver machen. Doch die Fahrzeuge in den verstopften Straßen werden trotzdem nicht weniger. Mag. Sebastian Seebauer, Doktorand am Institut für Psychologie der Karl-Franzens-Universität Graz, untersucht in seiner Dissertation die komplexen Beweggründe, die das Mobilitätsverhalten der Menschen beeinflussen. Sein neu entwickeltes Erklärungsmodell bezieht ökonomische, psycho-soziale und strukturelle Komponenten mit ein und soll der Politik als Grundlage für nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung der Situation dienen.

Warum entscheiden wir uns für den Weg zur Arbeit das Auto zu nehmen, oder den Bus, steigen aufs Fahrrad oder gehen gleich zu Fuß? „Zeit und Geld sind bestimmt nicht die einzigen bestimmenden Faktoren“, ist Sebastian Seebauer überzeugt. Während sich herkömmliche Strategien auf diese wirtschaftlichen Motive beschränken, erweitert der Psychologe in seinem Konzept das Blickfeld um Komponenten wie Umweltbewusstsein und moralische Verpflichtung, Gewohnheiten, soziale Normen, Sicherheit sowie die Siedlungs- und Infrastruktur. „Mein neues Modell soll den Einfluss der einzelnen Faktoren erfassen und die Zusammenhänge erklären“, erklärt Seebauer.

Besonders interessant findet der junge Forscher die Diskrepanz zwischen subjektiver Wahrnehmung und objektiven Rahmenbedingungen: „Viele Personen behaupten, dass sie mit dem Auto günstiger und rascher an ihr Ziel kämen. Rechnet man aber zu Sprit- und Parkgebühren die Erhaltungskosten und Abnutzung hinzu, kommt das eigene Fahrzeug teurer. Kalkuliert man Staus, Parkplatzsuche oder den Weg zwischen Parkplatz und Arbeitsstätte mit ein, ist auch die Zeitersparnis kein Argument mehr.“ Vor allem „eingefleischte“ AutofahrerInnen geben sich überzeugt, alles über Bus und Bim zu wissen, bei genauerem Nachfragen stelle sich jedoch heraus, dass sie weder über Fahrpläne noch Preise informiert sind.

Als Grundlage für seine Arbeit dienen Seebauer, der seit fünf Jahren gemeinsam mit einem Kollegen das Markt- und Sozialforschungsinstitut „x-sample“ leitet, die Aussagen von 1200 Personen in Graz, Wien und Klagenfurt, die er zu ihrem Mobilitätsverhalten im innerstädtischen Bereich befragt hat. Im Falle von Graz wurden auch PendlerInnen aus den angrenzenden Gemeinden mit einbezogen.

Hierzulande setzt man im Mobilitätsmanagement noch auf restriktive Maßnahmen. Steigender Kostendruck und Verbote sollen zum Umsteigen auf die Öffis zwingen. „Die EU hingegen favorisiert weiche Maßnahmen, die über den Weg der Bewusstseinsbildung freiwillige Änderungen im Verkehrsverhalten bewirken möchten“, so Seebauer. Sein Modell soll diesen Weg auch für Österreich eröffnen.

Für sein richtungsweisendes Projekt erhält Seebauer ein Stipendium aus dem JungforscherInnenfonds der Uni Graz. 100.000 Euro hat die Steiermärkische Sparkasse und weitere 36.000 Euro der Universitätsrat in diesen Topf eingezahlt, aus dem insgesamt zwölf ausgewählte NachwuchswissenschafterInnen gefördert werden.
 
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