Koalitionsverhandlungen / Wirtschaft  

erstellt am
25. 10. 06

Häupl: Vier Untergruppen nach konstruktivem Gespräch mit ÖVP geschaffen
Von "Zwangsehe" entfernt - "Vier Jahre Vernunftehe wären revolutionär modern"
Wien (sk) - Das erste Gespräch zwischen SPÖ und ÖVP zum "umfangreichen Feld" Wirtschaft sei von gegenseitigen Respekt und Konsens getragen gewesen, berichtete der SPÖ-Verhandlungsführer, Bürgermeister Michael Häupl am 24.10. in einer Pressekonferenz. Vier Papiere sollen in vier Untergruppen erarbeitet werden. Auf die Frage hin, ob man nun aufgrund der konstruktiven Gespräche zwischen SPÖ und ÖVP gar vor einer "Liebesheirat" stehe, sagte Häupl: "Das ist etwas übertrieben. Aber wir sind inzwischen von einer Zwangsehe entfernt. Vier Jahre Vernunftehe wären aus meiner Sicht revolutionär modern."

Diese erste Gesprächsrunde sei ein Vieraugengespräch zwischen ihm, Häupl, und Wirtschaftsminister Bartenstein gewesen. Dabei sei die Arbeitsweise in dieser Verhandlungsgruppe ausgelotet worden. Die erste der vier Untergruppen befasse sich mit Wachstums- und Konjunkturpolitik. Dazu gehören die Wirtschaftsförderung, die Struktur der ÖIAG, Arbeits- und Gewerberecht und der Bereich Tourismus.

Die nächste Gruppe befasse sich mit Wissenschaft, Forschung und Technologie. Hierbei werden vor allem die Förderkulissen der Wirtschaft und der Wissenschaft besprochen. Die dritte Gruppe behandelt Infrastruktur und Verkehr. Es sei noch auszuloten, wie weit hier auch der Bereich Energie dazugehört, so Häupl. Die Finanzierung des Ausbaus der Verkehrswege wie auch des Breitbands sei dabei zu besprechen. In diese Gruppe gehört auch der gesamte Kommunikationssektor wie auch die Verkehrssicherheit.

In der vierten Gruppe geht es um Beschäftigung und um den Arbeitsmarkt, sagte der Wiener Bürgermeister. Der Schwerpunkt werde dabei auf die Lehrlingsausbildung und auf die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit gelegt. Ziel sei die Vollbeschäftigung, dafür spreche sich auch die ÖVP aus, sagte Häupl. Die Lehrlingsausbildung sei gemeinsam mit der Wirtschaft zu organisieren. Falls die Wirtschaft nicht genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt, müsse man auch andere Maßnahmen ergreifen, wie überbetriebliche Lehrwerkstätten. Auch die Struktur des AMS werde thematisiert, da es in den Bundesländern erhebliche Unterschiede gebe.

Diese vier Papiere werden in den nächsten zwei Wochen ausgearbeitet und soweit wie möglich zwischen den Verhandlern akkordiert. Was nicht akkordiert werde, komme dann in die Hauptgruppe, sagte der Bürgermeister. Die Vorschläge des Wifo werden "selbstverständlich" diskutiert, sagte Häupl auf Rückfrage. Über die Zukunft der ÖIAG sei noch nicht gesprochen worden. Beide Parteien würden eine ÖIAG wollen, die Frage sei nur, wie hoch die Beteiligungen des Staates sein sollen. "Das wird wahrscheinlich einer der Punkte sein, bei dem wir etwas ringen müssen", schloss Häupl.

 

 Bartenstein: Guter Start der Arbeitsgruppe
Konsensfindung durchaus möglich
Wien (övp-pd) - Einen Überblick über die Kernthemen der Arbeitsgruppe "Wirtschaftsstandort" lieferte Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein am 24.10. nach einem ersten offiziellen Treffen mit SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl. Dabei sei festgelegt worden, dass zu einzelnen Teilbereichen - Forschung & Entwicklung, Infrastruktur, Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarkt und Arbeitswelt - Arbeitspapiere erarbeitet werden. Bartenstein bezeichnete das Treffen als "guten Start". Stimmungsmäßig würden Leute am Tisch sitzen, die wissen, wo die Druckpunkte der jeweils anderen sind. Die Materien würden nicht zu den sensibelsten Bereichen der Koalitionsverhandlungen gehören. Konsensfindung sei deshalb durchaus möglich.

Im Bereich Infrastruktur würden die Themen Asfinag, die Zukunft des Straßenverkehrsnetzes, die ÖBB, die Frage der Privatisierungen, die Aufwertung der ÖIAG, der Brenner, öffentlicher Personen- und Nahverkehr, Wasser und Luft, Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit, Breitbandinfrastruktur, Telekom uvm. im Vordergrund stehen. "Bei Forschung & Entwicklung geht es uns vor allem darum, das außer Streit stehende Ziel von drei Prozent F&E- Anteil am BIP festzumachen und auch finanziell zu fixieren." Im Bereich Arbeitsmarkt, Arbeitswelt, aber auch Arbeitszeitflexibilisierung sei man auf Input der Sozialpartner angewiesen. Das Ziel Vollbeschäftigung bis 2010 stehe außer Streit. Weiters wolle man bestehende Anstrengungen zur Optimierung des Jugendarbeitsmarktes sowie die Vermeidung von "no-future-kids" weiter voranbringen.

Auch auf die Themen Mitarbeiterbeteiligung, Mitarbeitervorsorge sowie einer Arbeitslosenversicherung für Selbstständige wolle man sich verständigen. Weiterdenken müsse man auch in Sachen Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten. Auch die Frage der Ausländerbeschäftigung, des Zuzugs von qualifizierten Arbeitskräften werde im Vordergrund stehen. Von SPÖ-Seite sei angekündigt worden, Input zum Thema Arbeitsrecht vorlegen zu wollen. "Ich hoffe nicht, dass es sich hier um eine Gefährdung der neuen Arbeitsverhältnisse im Bereich neue Selbstständige bzw. der freien Dienstnehmer handelt", so Bartenstein. Im Bereich der engeren Wirtschaftspolitik wolle man sich mit dem Lissabon-Prozess, steigender Wettbewerbsfähigkeit, Tourismus, Außenwirtschaft, Fortsetzung der Internationalisierungsoffensive, Mittelstandsförderung, Unternehmensgründungen und Ladenöffnungszeiten beschäftigen.
 

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