"Regulierungsmonster auf Samtpfoten"  

erstellt am
25. 10. 06

Brüsseler Alkohol-Strategie: Maric: „Kein Anlass zur Entwarnung für Werbewirtschaft “ – Totalverbot der Alkoholwerbung offenbar weiter langfristiges Ziel
Wien (pwk) - Mit einem „getarnten Regulierungsmonster, das auf Samtpfoten daher kommt“, vergleicht der für internationale Fragen zuständige Experte und stv. Obmann im Fachverband Werbung der WKÖ, Konrad Maric, die am 23.10. von der Europäischen Kommission angenommenen Vorschläge über eine „EU-weite Strategie zur Unterstützung der Mitgliedsstaaten bei der Verringerung alkoholbedingter Schäden.“ „Bei näherer Analyse stellt sich heraus, dass es trotz der eher sanften Wortwahl keinen Anlass zur Entwarnung für Anbieter, Medien und Agenturen gibt,“ so Maric.

Die Brüsseler Behörden vermeiden zwar Aussagen, in denen die Alkohol-Werbung eindeutig abgelehnt wird, zugleich weisen viele Formulierungen aus Sicht der Werbewirtschaft in eine falsche Richtung. Dazu gehört etwa die Aufforderung an die Regierungen der EU-Staaten, „unverantwortliches Marketing“ zu unterbinden. Offen bleibt im Entwurf, wer entscheidet, was als „unverantwortlich“ gilt und was nicht. Unklar bleibt auch, wie sich die Kommission die Umsetzung ihrer Forderung nach einer ständigen Überwachung der Werbung für diese Getränkegruppen vorstellt. Dies könnte in der Etablierung einer Zensurbehörde münden, befürchtet Maric.

Auf europäischer Ebene geregelt werden solle nach den Vorstellungen Brüssels auch „grenzüberschreitende TV-Werbung, wenn sie im Konflikt mit den nationalen Vorschriften steht.“ Die EU habe, so Maric, mit dieser Aussage eine Hintertür auf dem Weg zu einer gesamteuropäischen Regulierung aufgestoßen. Die nebulosen Formulierungen ließen die Befürchtung zu, dass sie nur der Tarnung für die langfristige Umsetzung der ursprünglichen radikalen Werbeverbotsmaßnahmen dienten. „Wir fordern die EU auf, endlich auf die Selbstregulierungsmechanismen der Werbewirtschaft und ihre Dialogfähigkeit mit den Konsumenten zu setzen. Wie schon oft bewiesen, bringen Zensur und Verbote keine Verhaltensänderungen. Das Ziel einer europäischen „healthy population“ lässt sich auf diese Weise nicht erreichen.“

„Im Kampf gegen Alkoholismus steht für Brüssel offenbar immer noch die Werbung im Mittelpunkt, statt sich verstärkt um die sozialen Bedingungen als wissenschaftlich belegte Verursacher eines unmäßigen Alkoholkonsums zu kümmern“. Der Kommission fehle es offenbar an Vertrauen in die durchaus mündigen Konsumenten, die europaweit schon bisher als selbstbewusste Dialogpartner der werbetreibenden Wirtschaft auftreten. Auch der jüngste Entwurf lasse befürchten, dass die Werbeselbstregulierung zu einem Instrument der Werbezensur umfunktioniert werden solle, befürchtet Fachverbandsobmann Peter Drössler. Letztlich würde man damit nur der Wirtschaft schaden, ohne dass eine solche Strategie das Problem des Alkoholismus lösen könne.
 
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