Fünf Wochen nach der Wahl ...  

erstellt am
06. 11. 06

... und es gibt nicht den geringsten Ansatz, nicht einmal eine Vermutung, wann Bundespräsident Heinz Fischer eine neue Regierung angeloben könnte. Wir haben an dieser Stelle die schon über die durch den Wahlkampf nahezu zerstörte Gesprächsbasis zwischen den beiden großen Parteien SPÖ und ÖVP berichtet. Anfang vergangener Woche, am 30. 10., sah sich die ÖVP durch die Einsetzung von zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen von der SPÖ vollends überrumpelt: mit der Untersuchung der Vorgänge rund um die Beschaffung der umstrittenen Abfangjäger "Eurofighter" hatte man sich in der VP-Zentrale mehr oder weniger abgefunden, auch wenn ÖVP-Obmann Wolfgang Schüssel immer wieder darauf hinwies, es sei keine gute Voraussetzung für Koalitionsverhandlungen, wenn die SPÖ währenddessen gegen den möglichen Regierungspartner untersuchen würde.

Seit Wochen ist aus der ÖVP zu hören, daß SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer gar kein Interesse an ernsthaften Verhandlungen habe und, sozusagen, im Hintergrund eine andere Regierungsform - ohne die ÖVP - vorbereite. Was vor allem Gusenbauer und sein Klubobmann Josef Cap laufend dementieren. Bestätigt sieht sich das VP-Präsidium in der Tatsache, daß der zweite Ausschuß im Parlament, der Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo-Alpe-Adria und weitere Dienstleister untersuchen wird, von SPÖ, Grünen und FPÖ mehrheitlich beschlossen wurde. VP-Klubobmann Wilhelm Molterer und BZÖ-Obmann Peter Westenthaler hätten, so versichern sie, das entsprechende Papier erst eine halbe Stunde vor dessen Behandlung im Parlament zu Gesicht bekommen, also vom "BAWAG-U-Ausschuß" nichts gewußt zu haben. Während der erste, der Eurofighter-Ausschuß, von den Grünen eingebracht und von SPÖ und FPÖ unterstützt wurde, ist der zweite von SPÖ, Grünen und FPÖ gemeinsam formuliert beantragt worden.

Daraufhin hat die ÖVP die Verhandlungen "ausgesetzt". Ein Sechs-Augen-Gespräch von Gusenbauer und Schüssel beim Bundespräsidenten, über dessen Ausgang Stillschweigen vereinbart worden war, sei, so heißt es aus der ÖVP, von Gusenbauer an die Öffentlichkeit gebracht worden, was einen neuerlichen Vertrauensbruch bedeute.

Der aktuelle Stand der Dinge stellt sich nun dermaßen dar, daß die ÖVP während der laufenden Untersuchungsausschüsse keine Verhandlungen mit der SPÖ führen wird, die sich ihrerseits mehrmals täglich bemüht, den rechnerisch einzig möglichen Koalitionspartner wieder an den Verhandlungstisch zurückzuholen.

Andere Koalitionsvarianten für die SPÖ, wie eine von Grünen und FPÖ unterstützte Minderheitsregierung oder eine Dreierkoalition schließen alle drei rechnerisch möglichen Beteiligten vehement aus, die drei kleineren Parteien, also auch das BZÖ, fordern SPÖ und ÖVP auf, "diese Spielchen zu unterlassen und umgehend eine tragfähige Regierung zu bilden". Sollte dies nicht möglich sein, müßte, ebenfalls umgehend, neu gewählt werden.

Und was will "der Österreicher"? Der möchte, so aktuelle Umfragen, mehrheitlich, daß die Verhandlungen weitergehen mögen. "Man" hat sich auf die Große Koalition praktisch seit Wochen eingestellt und zeigt sich zunehmend genervt von den ein wenig undurchsichtigen Schachzüge. Und es gibt, auch beim königlichen Spiel, wohl nichts Lähmenderes, als ein Patt. mm
 
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