Vorläufiges Aus der Koalitionsverhandlungen  

erstellt am
31. 10. 06

Schüssel: Regierungsverhandlungen werden ausgesetzt
Auf Basis der Dreierkoalition Gusenbauer-Strache-Van der Bellen lässt sich kein Vertrauen bilden
Wien (övp-pd) - "Der ÖVP-Bundesparteivorstand hat einstimmig beschlossen, die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ auszusetzen", so ÖVP-Bundesparteiobmann Bundeskanzler Wolfgang Schüssel nach dem ÖVP-Bundesparteivorstand in der Nacht des 30.10. Die für eine vertrauensvolle und fruchtbare Zusammenarbeit notwendige Basis sei durch die Dreierkoalition Gusenbauer-Strache-Van der Bellen und die zwei Untersuchungsausschüsse schwer in Frage gestellt geworden. Es sollte darum gehen, "Brücken zu bauen und nicht Gräben zu vertiefen", so der Kanzler.

"In den letzten Wochen ist in den Regierungsverhandlungen mit der SPÖ relativ wenig substantiell weitergegangen. Von den SPÖ- Ideen, die konkret auf den Tisch gelegt worden sind, haben wir wenig gehört." Die zwei Kapitel im Finanzbereich und der Europa- und Außenpolitik seien von den ÖVP-Verhandlern - Karl-Heinz Grasser und Ursula Plassnik - "verhandlungs- und entscheidungsreif" gemacht worden. Von der SPÖ habe man hingegen "herzlich wenig" gesehen. Die ÖVP sei zu Verhandlungen bereit und habe dies auch ausdrücklich bewiesen.

Zu den beiden Untersuchungsausschüssen hielt Schüssel fest: Es sei "bedenklich", den gesamten Wirtschafts- und Bankenstandort Österreich zu schädigen. "Während wir versuchen, Wirtschaftkompetenz zu leben und in den letzten Jahren jedemArbeitsplatz mit dem Lasso nachgelaufen sind, findet man offensichtlich nichts dabei, diese verantwortungslos aufs Spiel zu setzen." Die Regierung habe 240 Prozent an Gegengeschäften für die Eurofighter ausverhandelt - "ein großartiger Erfolg" von insgesamt 4,5 Milliarden Euro. Die gesamte Energie solle besser darauf verwendet werden, zu klären, wie man Probleme lösen könne und nicht wie man eine Entscheidung, die vor viereinhalb Jahren getroffen wurde, mehrfach "zu kriminalisieren", so Schüssel weiter.

"Wir haben den Verteidigungsminister gebeten, umgehend mit der Firma Eurofighter GesmbH und EADS Kontakt aufzunehmen und präzise die Kosten zum heutigen Zeitpunkt für den Ausstieg zu erfahren. Jeder soll das wissen. Hier wird nichts verschleiert, hier wird nicht gedroht. Bisher waren wir der Meinung, dass wir nicht aussteigen sollen, und eigentlich einsteigen sollen in die Luftraumüberwachung, denn alle anderen Lösungen sind letztlich Zwischenlösungen. Günther Platter hat es übernommen, dies zu klären", sagte der Kanzler.

Schüssel betonte auch, dass er den Bundespräsidenten und SPÖ- Chef Gusenbauer von der Diskussion im Bundesparteivorstand informieren werde. "Es hängt dann vom Bundespräsidenten ab, wie er die Dinge weiter sieht. Ich habe sehr genau registriert, wie der Regierungsbildungsauftrag des Bundespräsidenten gelautet hat: Er erwartet sich Vorschläge von Dr. Gusenbauer für die Bildung einer stabilen Bundesregierung, die gewillt und in der Lage ist, wichtige Projekte in Angriff zu nehmen und die sich auf eine Mehrheit stützen kann. Diese Mehrheit gibt es, scheint es im Nationalrat - gestützt auf SPÖ, Grüne und Freiheitliche. Und wir sind sehr neugierig darauf, wie der Bundespräsident auf diese Information reagiert. Parallelverhandlungen kann es und wird es in dieser Form jedenfalls nicht geben", bekräftigte Schüssel.

"Wir haben bewiesen, dass wir bereit sind, zu verhandeln, aber sicher nicht unter der Doppeldrohung von Neuwahlen und einer Dreierkoalition aus Gusenbauer, Strache und Van der Bellen. Denn auf dieser Basis lässt sich kein Vertrauen gewinnen", so der Kanzler abschließend.

 

 Darabos: ÖVP soll an Verhandlungstisch zurückkehren
Vorgehen der ÖVP "staatspolitisch unverantwortlich"
Wien (sk) - Angesichts der Verweigerung der ÖVP, weiter über die Bildung einer Regierung zu verhandeln, hat SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am 31.10. an die ÖVP appelliert im Sinne der staatspolitischen Verantwortung an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Wenige Minuten vor Beginn der Verhandlungen der Untergruppe innere Sicherheit hätten die SPÖ-Verhandler ein "dürres Mail aus dem Büro der Innenministerin" erhalten, wonach es seitens der ÖVP heute keine Gespräche geben werde, berichtete Darabos am Dienstag Vormittag im Budgetsaal des Parlaments, dem vorgesehenen Ort der Koalitionsverhandlungen in dieser Untergruppe.

Darabos betonte, dass der Abbruch der Verhandlungen durch die ÖVP "staatspolitisch unverantwortlich" sei. Er hoffe darauf, dass die Volkspartei baldigst an den Verhandlungstisch zurückkehre. Wer von diesem aufstehe, müsse sich auch die entsprechenden Schritte zurück überlegen: "Wir lassen uns nicht erpressen, wir lassen uns nicht drohen", so Darabos.

Mit dem Beschluss zur Einsetzung des Eurofighter-Untersuchungsausschusses habe die SPÖ ein Versprechen eingelöst, "dass die Wähler, und zwar alle, von uns erwartet haben". Gleichzeitig habe die SPÖ in den Untergruppen in den Koalitionsverhandlungen zahlreiche Konzepte und Vorschläge vorgelegt, für die heutige Untergruppen-Sitzung zur inneren Sicherheit etwa ein Konzept für flächendeckende Deutschkurse für Integrationswillige.

Für die SPÖ gehe es nach wie vor darum, möglichst rasch eine tragfähige Regierung zu bilden, unterstrich der SPÖ-Bundesgeschäftsführer. Die jetzige Vorgangsweise der Volkspartei sei allerdings "nicht angetan, das Vertrauen zu stärken". Die SPÖ habe seit dem Wahltag klar signalisiert, arbeiten zu wollen. In diesem Sinne seien Neuwahlen "kein Szenario, das wir anstreben. Wir wollen eine große Koalition", so Darabos abschließend auf eine Journalistenfrage.

 

Van der Bellen: SPÖ und ÖVP sollen weiter verhandeln
Wien (grüne) - Bundessprecher Alexander Van der Bellen fordert trotz der aktuellen Irritationen SPÖ und ÖVP auf, ihre Verantwortung wahr zu nehmen, weiter zu verhandeln und die nach dem Wahlergebnis nahe liegende Große Koalition zu bilden. Derzeit sei die ÖVP offenbar "fassungslos", weil sie gestern erstmals seit 20 Jahren - seit ihrem Eintritt in die Große Koalition 1986 - eine Abstimmung im Parlament verloren habe, meinte Van der Bellen am 31.10. gegenüber der APA.

Aber die ÖVP müsse zur Kenntnis nehmen, dass es derzeit keine Koalitionsmehrheit sondern das "Fenster der freien Mehrheitsbildung" im Parlament gebe. Andererseits appellierte Van der Bellen an die SPÖ, "ohne Provokationen" zu verhandeln. Darüber, was im Fall des Scheiterns der SP-VP-Verhandlungen geschieht - ob die Grünen z.B. eine SP-Minderheitsregierung unterstützen würden - will sich Van der Bellen derzeit nicht äußern. "Ich verweigere mich diesen Spekulationen." Die SPÖ habe den Regierungsbildungsauftrag, die ÖVP sei der nahe liegendste Partner, "also sollen sie es machen".

Er sieht "beide Parteien gefordert, die ÖVP genauso wie die SPÖ". So müsse die ÖVP, speziell Kanzler Wolfgang Schüssel, "aufpassen, dass er nicht den Eindruck erweckt, nach dem Motto zu agieren 'wenn ich das Spielzeug der Kanzlerschaft nicht haben kann, mache ich es kaputt, damit es auch niemand anderer bekommt". Das sei der ÖVP als Partei mit großer Tradition nicht würdig.

Die SPÖ wiederum nehme offenbar "unnötige Manöver" vor - wenn nicht "alles frei erfunden" sei, was die ÖVP behauptet: Also, dass nicht ausreichend telefoniert, zu wenig persönlicher Kontakt gesucht oder zu wenige Papiere vorgelegt würden.

Freilich kein "unnötiges Manöver" sieht Van der Bellen in den gestern von Grünen, SPÖ und FPÖ geschlossenen Untersuchungsausschüssen zu den Eurofightern und zu den Banken. Die ÖVP sollte "aufpassen, dass ihre Frustration über diese Beschlüsse nicht als Wunsch nach Lahmlegung des Parlaments verstanden werden". (apa)

 

 Vilimsky: FPÖ nun im Parlament Zünglein an der Waage bei U-Ausschüssen
Eurofighter: Für die FPÖ ist ein Ferrari zur Luftraumüberwachung nicht nötig
Wien (fpd) - Die 21 Abgeordneten der Freiheitlichen Partei seien nun das Zünglein an der Waage im Parlament, um die Malversationen der vergangenen vier Jahre zu beheben, so der FPÖ-Abgeordnete und Generalsekretär Harald Vilimsky bei der Debatte zum Antrag eines Eurofighter-Untersuchungsausschusses. Mit der FPÖ seien nun U-Ausschüsse für den Eurofighter-Kauf und die Vorgänge rund um die BAWAG erst möglich. Er sei außerdem positiv überrascht, dass die SPÖ den Eurofighter-Ausschuss nicht nur als Wahlversprechen gesehen hätte, sondern nun auch tatsächlich mitstimme. Lob hatte Vilimsky auch für die Grünen parat, diese seien bei diesem Antrag ein verbindlicher Partner bei der parlamentarischen Arbeit gewesen.

Zur Kritik der ÖVP am Eurofighter-Untersuchungsausschuss meinte Vilimsky, die Volkspartei solle endlich mit den Gegengeschäften aufhören. Wenn es 200-prozentige Gegengeschäfte gegeben hätte, so hätte man doch lieber 500 oder 1000 Eurofighter bestellen und mit dem Geld aus den Gegengeschäften etwa das österreichische Gesundheitswesen sanieren sollen, so Vilimsky weiter.

Zum Schluß hatte Vilimsky noch einen Rat für die ÖVP bezüglich Untersuchungsausschuss parat: "Stimmen Sie zu, es wäre ein guter Start in eine neue Periode."

 

 Westenthaler: Roter BAWAG-Skandal muss in U-Ausschuss aufgeklärt werden
Wien (bzö) - "Der BAWAG-Skandal ist der größte Skandal der 2. Republik und nicht annähernd mit einem anderen Skandal vergleichbar. Es wurden 3 Milliarden Euro vernichtet und der Gewerkschaftsbund steht vor dem Ruin. Es gibt in diesem roten BAWAG-Skandal viele Argumente, die für eine Aufklärung sprechen", sagte der Klubobmann des Parlamentsklubs des BZÖ, Peter Westenthaler.

Der BZÖ-Chef verwies auf die Tradition roter Skandale in den vergangenen Jahrzehnten. "Länderbank, Bank Burgenland, BA-CA, ÖIAG, Konsum, AMAG, DDSG sind nur einige Beispiele. Insgesamt wurden durch sozialistische Misswirtschaft 12 Milliarden Euro und 80.000 Arbeitsplätze vernichtet".

Westenthaler betonte, dass nach der rechtlichen Verantwortung jetzt die politische im BAWAG-Skandal geklärt werden müsse. "Der Steuerzahler haftet mit 900 Millionen Euro und hat ein Recht, dass Licht ins Dunkel gebracht wird. "Wir wollen eine exakte Prüfung, wer was wann gewusst hat, wer wann informiert und was verschleiert wurde". Hinterfragen wolle man weiters die Arbeit der Justizbehörden. "Wie war es möglich, dass ganze Akten wie Anklageschriften den direkten Weg in die Medien gefunden haben und Mitarbeiter Einfluss auf die Anklagebehörde ausüben konnten."

"Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen SPÖ-nahe Personen erhoben. Jetzt ist es an der Zeit, die politische Verantwortung zu klären. Es liegt genug Material auf dem Tisch, das zu untersuchen ist. Wenn die SPÖ nichts zu verbergen hat, dann spricht nichts dagegen, den BZÖ-Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu unterstützen", so Westenthaler abschließend.
 
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