"Kirche muss Unversöhnlichkeiten in den eigenen Reihen überwinden"  

erstellt am
08. 11. 06

Wiener Weihbischof Krätzl meint bei Messe der österreichischen Bischöfe, dass Christus nie spalte
Wien (kath.net) - Den "Dienst an der Versöhnung" hat Weihbischof Helmut Krätzl am Abend des 07.11. beim Gemeinschaftsgottesdienst der österreichischen Bischöfe im Wiener Stephansdom als eine zentrale Aufgabe der Kirche herausgearbeitet. Kardinal Christoph Schönborn hatte als Hauptzelebrant eingangs zum Gebet "für alle Anliegen und Sorgen Österreichs" aufgerufen.

Wie Christus gesinnt zu sein, bedeute, "alle trennenden Wände niederzureißen", betonte Bischof Krätzl in seiner Predigt. Die Überzeugung, dass unter Parteiungen, Volksgruppen, Völkern Versöhnung möglich ist, gehöre zum christlichen Glauben. Um glaubwürdig zu sein, müsse die Kirche aber auch alles daran setzen, um Unversöhnlichkeiten in den eigenen Reihen zu überwinden. Wörtlich sagte Bischof Krätzl: "Wir müssen Barrieren abreißen zwischen Denk- und Frömmigkeitsrichtungen, zwischen 'oben' und 'unten, zwischen aktiven Kerngemeinden und nur mehr lose verbundenen Randgruppen einer 'Volkskirche'".

Auch eine Ökumene im Geiste Jesu Christi verpflichte laut dem Wiener Weihbischof dazu, letzte Wände niederzureißen. Durch die von den Kirchen gegenseitig anerkannte Taufe seien alle Christen in den einen Leib Jesu Christi eingegliedert. Wörtlich meinte Krätzl: "Wir sind schon viel mehr eins, als es die Unterschiede in den Lehrmeinungen und in den Kirchenordnungen erahnen lassen".

Zugleich warnte Bischof Krätzl davor, im interreligiösen Gespräch den Christusnamen zu verschweigen, um mehr Konsens zu finden. Krätzl meinte weiters, dass Christus nie spalte, sondern verbinde, vereine und versöhne: "Wir müssen nur lernen, neu über Christus zu reden. Wir sollen das Kreuz, das vielen zum Ärgernis wird, als Zeichen und Werkzeug der Versöhnung darstellen". Eine Gesellschaft, "die die Kreuze aus ihrem Blickfeld verbannt", werde nicht humaner, sondern beraube sich des letzten Schlüssels zum Verständnis von Leid, von Solidarität mit den Ärmsten, des Todes, in dem noch Hoffnung auf Leben ist".

Die Kirche müsse ihr Tun und Lassen nach innen und außen an dem Wort aus dem Philipper-Brief messen: "Seid untereinander so gesinnt, wie es dem Leben in Jesus Christus entspricht". Wörtlich stellte Bischof Krätzl fest: "Eine solche Gesinnung schulden wir Christen der Welt, die so dringend einen Gesinnungswandel braucht". Autorität in der Kirche komme in den Augen der heutigen Menschen nicht mehr vom Amt allein, sondern ob sie "jene Dienstgesinnung erleben, die Christus einforderte". Die Kirche habe unfreiwillig viel an äußerer Macht und Einfluss verloren; damit werde aber ihr eigentliches Wesen deutlicher. Es gehe um den Dienst an den Menschen, um ihnen den Weg zu Gott zu öffnen, um den Dienst an den Armen, Kranken und Ausgestoßenen, den Dienst am Leben in allen Phasen.
 
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